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Bis einer stirbt

Bis einer stirbt

Titel: Bis einer stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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lassen. »Dein Sohn ist einer flüchtigen Person auf den Fersen. Schick vorsichtshalber einen Wagen.«
    »Wo ist Lohmeier?«, hakte er noch mal bei der Blondine nach und beruhigte dann Marlena: »Nein, keine unmittelbare Gefahr. Ich bin der Meinung, er kann die Situation einschätzen.«
    »Ich hab keine Ahnung, wo er ist«, sagte die Frau. »Er meldet sich bei mir nicht ab. Aber seine Telefonnummer, die kann ich Ihnen geben, wenn Sie wollen.«
    Während dieses Doppelgesprächs waren wir langsam in die Kneipe zurückgegangen.
    »Nicht mehr nötig«, gab Remmers jetzt Marlena Entwarnung. »Er ist gerade wieder aufgetaucht. Zusammen mit der flüchtigen Person. – Ja, er ist okay. Ich melde mich wieder.«
    Tatsächlich waren sie wieder da und benutzten diesmal ganz konventionell den Haupteingang. Nina schien resigniert zu haben, Nils brauchte sie nicht zwingen. Sie keuchte vor Erschöpfung, während man ihm die Anstrengung erneut nicht anmerkte. Beruhigend lächelte er mir zu. Ninas Blick war leer, ihre Miene apathisch.
    »Sie sorgen jetzt dafür«, befahl Remmers der Kellnerin, »dass Lohmeier hier auftaucht. Und zwar plötzlich. Sie sagen ihm nicht, dass die Polizei hier auf ihn wartet. – Und wir, mein Fräulein«, wandte er sich an Nina, »setzen uns jetzt gleich da hinten in die Ecke, wo du mir alles schön von Anfang an erzählen wirst.«
    Sein Tonfall erstickte jeden Widerspruch im Keim. Nils gab er ein Zeichen, schon mal mit Nina an einen der hinteren Tische zu gehen. Ich folgte den beiden.
    »Sie redet nicht«, raunte Nils mir zu. »Aber ganz sicher weiß sie etwas über Pit. Sie hat Angst.«
    »Was soll ich ihm denn erzählen?«, sagte die Frau zu Remmers, das Telefon schon in der Hand. »Wegen einer Kleinigkeit wird er nicht kommen.«
    »Das ist mir völlig schnurz«, meinte Remmers. »Von mir aus sagen Sie ihm, der ganze Laden ist abgebrannt. Hauptsache, er kommt . Und jetzt ein bisschen flott, wenn ich bitten darf!«
    Wir setzten uns an den Tisch, der übersät war mit klebrigen Ringen von Getränkegläsern. Wir konnten nun nicht mehr hören, was zwischen Remmers und der Kellnerin gesprochen wurde. Ich konzentrierte mich ganz auf Nina. Misstrauisch und ängstlich flogen ihre Blicke zwischen uns und Remmers, der sich am anderen Ende des Lokals befand, hin und her. Sie machte nicht den Eindruck, als würde sie in nächster Zeit freiwillig den Mund aufmachen. Remmers’ Ton hatte nicht nur ihren Widerspruchsgeist im Keim erstickt, sondern auch ihre Mitteilsamkeit.
    »Ich hol mal einen Lappen«, meinte Nils. »Sonst klebt noch jemand am Tisch fest.«
    Den Grund für seinen Reinlichkeitsanfall verstand ich erst, als ich sah, dass er Remmers hinten in ein Gespräch verwickelte. Und tatsächlich entspannte sich Nina ein wenig, als sie mit mir allein am Tisch saß. Sie fischte ein Päckchen Zigaretten aus ihrer Hosentasche und steckte sich eine an.
    »Frierst du nicht?«, fragte ich. Natürlich hatte sie vor ihrer Flucht keine Zeit mehr gehabt, sich eine Jacke anzuziehen.
    »Geht schon.« Wenn ich herausfand, wo sie mit ihren Gedanken war, dann war ich ein gutes Stück weiter, das war klar. Sie nuckelte an ihrer Zigarette wie an einem Schnuller. Sie war blass und hatte dunkle Augenringe. Die viel gepriesene Ähnlichkeit mit mir konnte ich nicht mal entdecken, wenn ich mich anstrengte. Obwohl ich sie hübsch fand. Sie hatte einen schönen Mund und große, grün schimmernde Augen.
    »Pit ist dein Bruder?«, fragte sie schließlich.
    Natürlich wusste sie das schon, aber ich nickte geduldig. Ich hatte Angst, dass sie sofort wieder dicht machte, wenn ich sie unterbrach. Das durfte auf keinen Fall passieren. Im Augenblick war sie meine einzige Hoffnung.
    »Ich weiß, wo er ist.« Ihre Worte waren wie ein Messer, das jemand ganz plötzlich in eine Holzwand wirft. »Es geht ihm nicht gut.«
    Ihre Augen schätzten die Wirkung ihrer Worte ab. Schlagartig wurde mein Atem flach.
    »Er wird sterben«, sagte sie ruhig. »Vielleicht ist er schon tot.« Sie nahm einen langen Zug von ihrer Zigarette. »Wenn wir uns nicht beeilen, kannst du sogar drauf wetten, dass er tot ist.« Ganz langsam drückte sie die Zigarette aus. »Er wird gefangen gehalten.«
    Die Sekunden dehnten sich wie in Zeitlupe. Meine Zunge verkümmerte im Mund zu einem schweren, unbeweglichen Fleischklumpen. Noch kapierte ich nicht wirklich, was sie da gerade gesagt hatte. Ihre Worte waren noch nicht bei mir gelandet. Ich atmete tief durch. Dann schrie ich:

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