Bis hierher und nicht weiter
Plötzlich erkannte Lily, dass sie ihm nicht nur beweisen würde, dass Liebe existierte, sondern ihm auch zeigen musste, dass Familie und Freunde der Schlüssel zu dieser Liebe waren.
„Wieso hast du mich heute Abend hierher eingeladen?” fragte sie und trank einen Schluck Wein.
„Damit ich dich verführen kann”, antwortete er in seiner tiefen Stimme.
Lily verschluckte sich an ihrem Wein. Seine Worte sandten kleine erregende Schauer durch ihren Körper. Wenn es allein mit Verführung getan wäre, dachte sie. Aber da waren die Spuren, die sie noch lange hinterlassen würde …
„Entspann dich, Rotkäppchen, ich bin nicht der große böse Wolf, der dich fressen will.” Er nahm ihr das Glas aus der Hand und stellte es auf den Couchtisch aus facettiertem Glas.
„Die Wohnung macht mich nervös”, sagte sie und fragte sich, ob er die gleiche prickelnde Vorfreude empfand wie sie.
Er legte einen Arm auf die Sofalehne, so dass seine Hand auf ihrer Schulter ruhte. „Wirklich? Ich dachte, ich würde dich nervös machen.”
Lilys Puls beschleunigte sich. Sie verstand kaum, was Preston sagte. Heiße Schauer durchströmten sie, als er mit dem Finger über ihren Oberarm strich.
„Stimmt das, Engel?”
„Ja, aber ich gewöhne mich daran, dich in meiner Welt zu haben. Dich in deiner Welt zu erleben, ist etwas anderes.” Sie hatte Mühe, der Unterhaltung zu folgen. Am liebsten wäre sie näher an ihn herangerückt. Sie sehnte sich nach etwas, was sie noch nie zuvor von einem Mann gewollt hatte, und das erschreckte sie.
„Fang nicht an, mich mit dem Respekt zu behandeln, den meine Position normalerweise fordert. Ich wüsste nämlich nicht, wie ich darauf reagieren sollte.”
Sie lächelte schief. Diese Ehrlichkeit entsprach dem Preston, wie sie ihn kannte, und sie hatte den Eindruck, dass er diese Seite von sich gerade erst entdeckt hatte. Einen Großteil von sich verbarg er vor der Welt. Dieser Preston weckte in ihr den Wunsch, ihm die Welt zu zeigen, so wie sie sie sah.
„Keine Sorge. Ich bin sicher, du schaffst das.”
„Zweifellos.”
Er streichelte noch immer ihre Schulter, und wenn sie nicht bald aufstanden, würde sie tatsächlich näher an ihn heranrücken. Rasch wich sie ein wenig zurück.
„Was ist los, Engel?” Sein Blick war hart wie Diamanten. Diese weitere Seite an ihm ließ sie erschauern.
Lily entschied sich, ehrlich zu sein. „Ich bin nicht bereit, heute Nacht mit dir zu schlafen, Preston. Aber ich fürchte, du könntest mich glauben lassen, dass ich es bin.”
Er leerte sein Weinglas in einem Zug. „Das weiß ich.”
„Warum hast du mich also wirklich hierher eingeladen?”
Er sah sie an, und Lily dachte, er wolle herausfinden, ob sie die Wahrheit seiner Worte verkraften konnte. Sie versuchte, tapfer dreinzuschauen, und lächelte schwach.
„Weil ich dich begehre und du mich. Es wird Zeit, dass wir uns richtig kennen lernen.”
„Warum?” Sie hatte beim besten Willen keine Ahnung, weshalb er sie besser kennen zu lernen wünschte, denn der Mann, der in diesem Apartment lebte, war erfolgreiche Verführungen gewöhnt.
„Weil ich dich früher oder später bekomme und nicht will, dass du es bereust.”
Sie dachte einen Moment darüber nach. „Ich würde nichts bereuen, was ich mit dir tue.”
Er streichelte zärtlich ihre Wange. „Das hoffe ich, Engel. Das hoffe ich.”
5. KAPITEL
Vorhin im Wohnzimmer hätte er Lily beinah verloren, das wusste Preston. Aber hier auf dem Balkon, nach einem Essen aus einem Fünf-Sterne- Restaurant, sah die Sache anders aus.
Vielleicht lag es daran, dass die Stadt, die sie liebte, unter ihnen ausgebreitet lag. Ein blühendes Meer aus Menschen mit all seinem Glanz und seinen Fehlern.
Sie unterhielten sich über Bücher, die sie mochten, und er war nicht erstaunt zu erfahren, dass Lily Romane mit einem Happy End bevorzugte. Sie kannte sich sehr gut aus in der antiken Mythologie und erfreute ihn mit Liebesgeschichten aus dem alten Griechenland. Zwar glaubte er nicht daran, dass die Mühen, die manche Liebende auf sich genommen hatten, um zusammenzubleiben, seine Ansichten über die Liebe ändern würden. Aber es gefiel ihm, wie viel Zeit Lily in ihr Vorhaben investierte.
„Glaubst du wirklich, dass die Liebe das alles wert ist?” fragte er, nachdem sie ihm die Geschichte des Odysseus erzählt hatte, die er allerdings schon kannte.
„Ich glaube, du willst nicht verstehen, worum es geht. Liebe ist die Belohnung, die man für das
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