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Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte

Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte

Titel: Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Toten Hosen
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Alle haben gefeiert, nur ich mußte durch die Nachprüfung. Ich hab dann für den nächsten Jahrgang die Abi-Fete organisiert, denn wenn ich schon bei meinem Jahrgang nicht mitfeiern konnte, wollte ich wenigstens den nächsten noch abkassieren. Das war vielleicht schon bei mir drin. Durch diese Fete bin ich auf den Stadtsaal in Solingen Wald gestoßen, wo ich dann für einen Folkgitarristen namens Werner Lämmerhirt mein erstes professionelles Konzert organisiert habe. Das war 1978 und für mich ziemlich sensationell. Danach habe ich zusammen mit einem Freund ein Wallenstein-Konzert in der Klingen-Halle in Solingen gemacht und ein Jahr später ein Weihnachts-Festival mit Hölderlin als Mainstream-Headliner, aber schon abgerundet durch Mittagspause, von denen niemand in Solingen bisher was gehört hatte.
    Ich war immer faul und auf der Suche nach etwas, wo ich mit möglichst wenig Aufwand möglichst viel Gewinn erzielen konnte. Das war schon in meiner Trödelmarktzeit so. Zwei Jahre lang verkauften wir, was immer gerade ging, Kachelöfen aus Belgien, Weichholzmöbel aus Südfrankreich, und schließlich Haribo, mit dem alten Trick: Die Kinder durften selbst reinschaufeln, dann kam das Zeug auf die Waage und brachte immer zehn, zwölf Mark. Später assistierte ich dem Verpächter vom Trödelmarkt, der hatte eine Finca auf Ibiza. Die Ansage war immer: freitags und samstags Trödelmarkt machen und von montags bis freitags nach Ibiza. Und so wurde das dann auch gemacht.
    Ich war noch nicht in dem Punkrock-Ding drin, sondern als Solinger mehr in dem Reggae-Film, weil in Solingen sowieso nur gekifft wurde. Eine der ersten größeren Sachen war dann auch die 8oer Tour von Bob Marley, wo ich plötzlich Bandbetreuer in dieser Region wurde. Ich durfte das Gras und den Fußballplatz besorgen und Marley fünf Tage lang betreuen. Es war das erste Mal, daß ich Rassendiskriminierung umgekehrt, also am eigenen Leib erfahren hab. Marley hatte eine komplette Etage im Kölner Interconti angemietet, und dann hieß es irgendwann »Komm mal rein!« Ich war der einzige Weiße dort und wurde richtig vorgeführt, durfte dann aber auch einen mitrauchen. Es gab da einen im Marley-Clan, der nur dafür zuständig war, die Tüten zu drehen, das war sehr beeindruckend. Aber man ließ mich schon fühlen, daß ich nur akzeptiert war, weil ich von den alten Kiffern in Solingen Gras besorgt hatte, auch wenn es allmählich besser wurde.
    Dann haben mein Partner Gino und ich ’8i die Philipshalle in Düsseldorf angemietet für ein Festival mit DAF, Wirtschaftswunder, Fehlfarben und Palais Schaumburg, als noch niemand von der Halle diese Namen überhaupt gehört hatte. Vorverkauf vierzehn, Abendkasse neunzehn. Ich hab mir von überall Geld zusammengeliehen, weil die von der Halle die Miete in diesem Fall vorher haben wollten. Wir hatten einen Break von zwölfhundert Leuten und erst achthundert Karten im Vorverkauf abgesetzt. Wir waren schon völlig fertig. Aber als ich abends zur Kasse ging, saßen die Mädchen in einem großen Haufen aus Geldscheinen. Dreitausendzweihundert Leute hatten sich noch Karten gekauft. Von da an hatte ich natürlich einen legendären Ruf in dieser Szene, denn bis dahin spielte sich hier alles nur bis zu einer Größenordnung von fünfhundert Leuten pro Konzert ab.
    Es war einfach nur: im richtigen Augenblick am richtigen Ort sein und mit den richtigen Bands. Ich hatte jetzt ein Feld besetzt, das die Großen in der Branche nicht bearbeiteten. Und das ist der Spaß daran: Du machst die Party, du bist der, der den neuesten und besten Event in die Stadt bringt. Zum Beispiel King Kurt: Die ganze Ratinger Straße war gesperrt und alles bunt von Mehl, Eiern und Hühnerfedern, womit die Band und ihre Fans immer um sich schmissen. Das war schon witzig.
    Ich fing an, mich für die Bands wirklich zu interessieren -Abwärts, The Clash, das ganze englische Zeugs. Und ich führte für Alfred Hilsberg und sein Zick-Zack-Label die ersten Konzerte mit den Neubauten und Malaria vor Ort durch. 1982 rief mich dann ein Kerl namens »Fabsi« an und fragte mich, ob wir für das Konzert von Abwärts im »Haus Blumenthal« in Krefeld eine Vorband gebrauchen könnten, ZK aus Düsseldorf. Komischerweise habe ich an dieses Konzert gar keine Erinnerung. Entweder war ich gar nicht da oder ich saß wieder mitjäckie Eldorado in der Garderobe und hab abgerechnet. Und dann sind irgendwann Fabsi und Campi in mein Wohnbüro an der Graf-Recke-Straße gekommen

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