Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bis zum bitteren Ende

Bis zum bitteren Ende

Titel: Bis zum bitteren Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jak Koke
Vom Netzwerk:
Handschellen gefesselt auf einem metallenen Operationstisch. Techniker und Ärzte hatten ihn untersucht, da sie offenbar interessiert an der Technologie seines Körpers waren. Vor ein paar Stunden hatten sie den Raum verlassen, Billy aber zuvor an Maschinen angeschlossen, die sein Hirnmuster und die elektrische Aktivität seiner Cyberware überwachten.
    Der Raum war gut gesichert, das wußte er. Sein Verstand hatte mechanisch nach Fluchtmöglichkeiten Ausschau gehalten. Er hatte es getan, ohne darüber nachzudenken. Die möglichen Szenarios waren wie eine Subroutine in seinem Hinterkopf abgelaufen, und er hatte über sich selbst gestaunt.
    Ich bin gebaut worden, um zu töten und zu zerstören. Ich bin eine Kampfmaschine.
    »Jemand kommt«, sagte Lethe, dessen beruhigende Stimme über eine Vorrichtung in seiner Kybernetik namens IGS - invozierter Gedächtnisstimulator - in Billys Verstand geleitet wurde.
    Billy öffnete die Augen in dem abgedunkelten Raum. Es war Nacht, und durch die vergitterten Fenster fiel Mondlicht, so daß ein Netz von Schattenlinien auf dem Boden und dem Tisch neben ihm lag. Wie schraffiertes Silber.
    »Es sind andere als zuvor«, sagte Lethe. »Ich spüre Heimlichkeit und kaum verhohlene Aggression in ihnen.«
    Billy riß an den massiven Metallbügeln, die seine Beine, Arme, Brust und den Hals umklammerten, aber er konnte nicht einmal den Kopf wenden, denn die Ärzte hatten einen Großteil der Verbindungen zu seiner Kybernetik durchtrennt. »Kannst du auch erkennen, ob sie kommen, um uns zu töten?«
    Billy hörte Gelächter über den IGS. »Nein, mein Freund. Ich kann keine Gedanken lesen. Ich kann nur Auren sehen. Da sind sie schon.«
    Die Tür öffnete sich, und jemand trat ein, vielleicht auch mehrere. Billy konnte sie nur hören, wenn er seine Cyberohren auf maximale Empfindlichkeit einstellte. Außerdem spürte er die leichte Veränderung der Druckverhältnisse in dem Raum.
    »Señor, aqui!« Die Worte waren kaum hörbar, in ein Kehlkopfmikrofon oder eine Headware gehaucht, aber Billy verstand ihre Bedeutung. »Hier drüben, Sir.«
    Also haben mich die Azzies doch noch gefunden.
    Mehrere Leute umringten ihn. Billy konnte sie nicht sehen und nahm an, daß sie sich magisch getarnt hatten. Er spürte einen Druck auf der Brust, und eine Klappe öffnete sich. Dann wurde etwas in ihn eingestöpselt, offenbar eine Diagnoseeinheit.
    Billy wußte, daß dies in seinem früheren Leben als Cyberzombie regelmäßig vorgekommen war. Nur eine routinemäßige Systemüberprüfung. Das tragbare Deck kommunizierte mit seinem Verstand und verriet ihm ganz genau, welche Komponenten Fehlfunktionen aufwiesen, welche intakt waren und wieviel Schaden er bei seinem Unterfangen erlitten hatte, Ryan Mercury zu vernichten.
    Ein Unterfangen, das ihm jetzt entfernt, abwegig und bedeutungslos vorkam. Tatsächlich war es Ryan Mercury gewesen, der Burnout dem Tode so nahe gebracht hatte, daß dieser seine Identität verloren hatte. Oder auch wiederentdeckt. Seine vorherige Inkarnation war erst vor einigen Stunden in dem Feuersturm gestorben, der in Dunkelzahns Arboretum gewütet hatte. Billy war nicht traurig deswegen.
    Vielleicht hat Ryan Mercury mir einen Gefallen damit getan, mich beinahe umzubringen.
    Die Ironie, die darin lag, entging Billy nicht.
    Das Diagnoseprogramm stellte fest, daß sein Peilsignalgeber zerstört worden war, wahrscheinlich bei seinem Sturz in den Hells Canyon. Eine weitere Konfrontation mit Mercury, die vor Äonen stattgefunden zu haben schien, obwohl seitdem erst eine Woche vergangen war.
    »Bemerkenswert«, flüsterte eine der unsichtbaren Personen. »Er hat eine Menge Schaden erlitten, aber er lebt immer noch. Ich bin der Meinung, wir sollten die Terminierung abbrechen und ihn mitnehmen.«
    »Si«, lautete die Antwort.
    Die Lähmung begann in seinen Zehen und stieg rasch nach oben, System für System, durch Knie, Beine, Hüfte. Weiter durch Unterleib und Brust, die Abwesenheit jeglichen Gefühls. Keine kribbelnde Taubheit, nur eine digitale Löschung seiner Sinneswahmehmung.
    Sein Geschmack schaltete sich mit einem Klicken ab, dann der Sehsinn und der Gehörsinn, bis er schließlich allein in einem riesigen Ozean der Dunkelheit schwamm. Ein Gehirn in einem Tank zur sensorischen Deprivation.
    Lethe, dachte er.
    Ja, Billy?
    Könntest du mir Thayla noch einmal zeigen?
    Billy spürte das Lächeln des Geistes, und plötzlich wich die Dunkelheit gleißendem Licht. Das Schweigen wurde vom herrlichen

Weitere Kostenlose Bücher