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Bis zur letzten Luge

Bis zur letzten Luge

Titel: Bis zur letzten Luge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richards Emilie
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Mammy in Vom Winde verweht .“
    „Überhaupt nicht so. Sie macht ihren Job gut, und ich bezahle sie gut. Wir empfinden großen Respekt füreinander.“
    „Und am Ende des Tages geht sie vermutlich nach Hause in eine Straße, in der kein einziger Weißer lebt.“
    „Falls das stimmen sollte, ist es wahrscheinlich eine Riesenerleichterung für sie, nachdem sie sich den ganzen Tag über mit mir herumschlagen musste.“
    Er nahm ihr gegenüber am Tisch Platz. Sie schenkte ihm Kaffee ein. Der Strahl, der aus der Kaffeekanne kam, zitterte im Rhythmus ihrer Hände. „Wie nehmen Sie ihn?“
    „Schwarz.“
    Sie lächelte. „Rassentrennung am Frühstückstisch – wie auch sonst überall. Ich bevorzuge meinen nämlich weiß.“
    Sein zurückhaltendes Lächeln glich einem schwachen Sonnenstrahl. „Also, was weiß ich bisher über Sie?“
    „Nehmen Sie eins von den Küchlein.“ Sie reichte ihm einen Teller und eine Serviette und schob die Platte in seine Richtung.
    Er bediente sich. „Ich vermute, Sie wollen etwas beweisen. Ich vermute, dass Sie am Ende Ihres Lebens ein Statement abgeben wollen, eine Erklärung, wer Sie waren. Und diese Erklärung ist mindestens genauso wichtig wie die Geschichte Ihres Lebens.“
    „Und was soll das für ein Statement sein?“
    „Dass Sie sich von den anderen Menschen Ihrer Klasse unterschieden haben. Dass Sie für diese Zeit und diesen Ort liberal waren. Habe ich recht?“
    „Überhaupt nicht.“
    Er widmete sich dem Reisküchlein und beobachtete währenddessen Aurore. „Also gut. Was weiß ich wirklich? Fakten, keine Vermutungen.“
    Diese Antwort interessierte sie brennend. Sie gab Milch in ihre Tasse und rührte um. „Was wissen Sie, Phillip?“
    „Noch nicht viel, ich hatte noch keine Zeit, Nachforschungen anzustellen. Gulf Coast Shipping ist eine der ältesten und etabliertesten Firmen der Stadt. Ich glaube, es waren Ihre Vorfahren, die das Unternehmen gegründet haben, nicht die Familie Ihres Mannes. Es war vor allem Ihr Verdienst, dass es ein Multimillionen-Dollar-Konzern geworden ist.“
    „Das ist, wie alles andere, nur ein Teil der Wahrheit. In den ersten Jahren unserer Ehe hat Henry uns über Wasser gehalten.“ Sie lachte. „Auf jeden Fall nicht verkehrt für eine Reederei.“
    „Henry war Ihr Ehemann?“
    „Ja.“
    „Sie hatten zwei Kinder. Ihr jüngerer Sohn Ferris Gerritsen ist Senator. Ihr älterer Sohn Hugh, der Priester, wurde letztes Jahr in Bonne Chance ermordet.“
    Ihr Lächeln erstarb. „Ja.“ Sie wartete darauf, dass er noch mehr dazu sagte, doch er äußerte sich nicht weiter zu dem Thema.
    „Haben Sie Enkelkinder?“
    „Eine Enkelin. Ihr Name ist Dawn.“
    „Lebt sie in der Nähe?“
    „Sie arbeitet gerade in England. Sie ist auch Journalistin, Fotojournalistin.“
    „Ach? Worüber berichtet sie?“
    „Britische Musikgruppen, glaube ich. Sie ist in Liverpool.“ Er machte sich Notizen. Das Tonbandgerät hatte er noch nicht eingeschaltet, als wüsste er, dass sie sich gerade erst einmal beschnupperten.
    „Haben Sie sonst noch lebende Verwandte?“, erkundigte er sich.
    „Nur ein paar sehr entfernte Verwandte, die ich schon seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen habe.“
    „Und das ist schon alles, was ich weiß.“ Er sah auf und blickte ihr direkt in die Augen. „Außer dass Ihr Sohn sich entschieden gegen die Integration gestellt hat und er deshalb bei seinen Wählern sehr beliebt ist. Es gibt Gerüchte, dass er für das Amt des Gouverneurs kandidieren will. Und wenn er das tut, wird er wahrscheinlich gewinnen.“
    „Das könnte passieren. Oder es geschieht etwas, das es verhindert.“
    „Würden Sie eine der Möglichkeiten bevorzugen?“
    „Ja.“
    „Und welche?“
    „Diejenige, die am besten für Louisiana ist.“
    „Und die Ausflüchte beginnen …“
    Sie nickte. „Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht über Ferris reden möchte. Es könnte möglicherweise so wirken, als wäre er der Grund, warum ich Sie hergebeten habe. Sie könnten eventuell sogar glauben, dass ich der Welt beweisen möchte, dass ich nicht so bin wie mein Sohn. Aber darum geht es hier ganz und gar nicht.“
    Er tippte mit seinem Stift auf den Notizblock, den er vor sich liegen hatte. „Okay“, nickte er schließlich. „Worum geht es dann?“
    „Sie haben mich nichts über meine Eltern gefragt.“ „Möchten Sie damit beginnen?“
    Sie wollte ihm sagen, dass sie überhaupt nicht beginnen wollte, doch das würde genauso viele Erklärungen nach sich

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