Bis(s) 1 - Bis(s) zum Morgengrauen
war nicht unangenehm. Keinen von uns störte die Stille. Was das anging, waren wir fürs Zusammenleben wie geschaffen.
»Und, wie findest du’s in der Schule? Schon Freunde gefunden?«, fragte er, während er sich mehr auftat.
»Ich hab ein paar Fächer zusammen mit einer Jessica, mit ihr und ihren Freunden esse ich auch immer zusammen. Und dann gibt’s noch einen Jungen, Mike, der ist sehr sympathisch. Alle scheinen ziemlich nett zu sein.« Mit einer Ausnahme.
»Das muss Mike Newton sein. Netter Junge – nette Familie. Seinem Dad gehört das Sportgeschäft außerhalb der Stadt. Er verdient ganz gut an den Rucksacktouristen, die hier vorbeikommen.«
»Kennst du die Cullens?«, fragte ich zögerlich.
»Die Familie von Dr. Cullen? Klar. Dr. Cullen ist großartig.«
»Sie … also seine Kinder … sie wirken irgendwie anders. Sie scheinen nicht so richtig reinzupassen in die Schule.«
Charlie überraschte mich mit einem verärgerten Blick.
»Diese Leute hier«, murmelte er. »Dr. Cullen ist ein brillanter Chirurg, der wahrscheinlich in jedem Krankenhaus der Welt arbeiten und zehnmal so viel verdienen könnte wie hier«, fuhr er fort und wurde immer lauter. »Wir können froh sein, dass wir ihn haben – dass seine Frau in einer Stadt wie dieser wohnen wollte. Er ist ein Gewinn für die Gemeinde, und die Kinder sind wohlerzogen und höflich. Als sie herzogen, hatte ich so meine Bedenken. Lauter adoptierte Teenager – ich dachte, das könnte problematisch werden. Aber sie sind alle sehr reif. Keiner von ihnen hat mir je irgendwelche Probleme bereitet, was ich von den Kindern der alteingesessenen Familien nicht so ohne weiteres behaupten kann. Und sie halten zusammen, wie sich das gehört für eine Familie, unternehmen Sachen, alle paar Wochen einen Campingausflug … Nur weil sie neu hier sind, reden die Leute.«
Es war die längste Rede, die ich je aus Charlies Mund gehört hatte. Offensichtlich ärgerte er sich sehr über das Gerede der Leute.
Ich ruderte zurück. »Ich hatte ja auch das Gefühl, dass sie ganz nett sind. Mir ist nur aufgefallen, dass sie unter sich bleiben. Und dass sie alle ziemlich gut aussehen«, fügte ich hinzu, um noch was Positives zu sagen.
»Da solltest du mal den Doktor sehen«, sagte Charlie und lachte. »Nur gut, dass er glücklich verheiratet ist. Etliche der Schwestern im Krankenhaus haben Schwierigkeiten, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren, wenn er in der Nähe ist.«
Wir beendeten das Essen so schweigend, wie wir es begonnen hatten. Hinterher räumte er den Tisch ab und ich machte mich an den Abwasch – von Hand, Charlie hatte keinen Geschirrspüler. Dann zog er sich wieder vor den Fernseher zurück, während ich lustlos nach oben ging, um meine Mathehausaufgaben zu erledigen. Der Ablauf hatte das Zeug zum abendlichen Ritual.
In dieser Nacht war es endlich still. Ich schlief schnell ein, vollkommen erschöpft.
Der Rest der Woche verlief ereignislos. Mein Stundenplan wurde zur Routine, und spätestens am Freitag kannte ich fast alle Schüler vom Sehen, wenn auch noch nicht beim Namen. Meine Mannschaftskameraden beim Volleyball gewöhnten sich daran, mir nicht den Ball zuzuspielen und sich vor mich zu stellen, sobald jemand vom gegnerischen Team meine Schwäche ausnutzen wollte. Und ich hatte nicht das Geringste dagegen, aus der Schusslinie zu treten.
Edward Cullen kam die ganze Woche nicht wieder zur Schule.
Jeden Tag wartete ich voller Anspannung, bis ich die vier Cullens ohne ihn die Cafeteria betreten sah. Dann erst konnte ich mich entspannen und mit den anderen unterhalten. Meistens drehte es sich um einen Ausflug zum La Push Ocean Park in zwei Wochen, den Mike organisierte. Ich war eingeladen und hatte zugesagt, wenn auch vor allem aus Höflichkeit. Die Strände, nach denen ich mich sehnte, waren heiß und trocken.
Am Ende der Woche fiel es mir leicht, den Biologieraum zu betreten – ich machte mir keine Sorgen mehr, dass Edward auftauchen könnte. Für mich sah es so aus, als hätte er die Schule verlassen. Ich versuchte nicht an ihn zu denken, konnte aber das quälende Gefühl, dass ich der Grund für seine anhaltende Abwesenheit war, nicht völlig unterdrücken, so lächerlich es mir auch erschien.
Mein erstes Wochenende in Forks verlief ohne Zwischenfall. Charlie, daran gewöhnt, wenig Zeit in einem Haus zu verbringen, das normalerweise leer war, arbeitete auch an den freien Tagen. Ich machte sauber, erledigte meine Hausaufgaben und schrieb noch
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