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Bis(s) 1 - Bis(s) zum Morgengrauen

Bis(s) 1 - Bis(s) zum Morgengrauen

Titel: Bis(s) 1 - Bis(s) zum Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenie Meyer
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trinken. Dann starrte ich auf die leere Tischplatte vor ihm.
    »Hast du keinen Hunger?«, fragte er zerstreut.
    »Nein.« Ich wollte ihm nicht sagen, dass mein Bauch längst voll war – mit Schmetterlingen. »Und du?«
    »Ich? Nein, ich hab keinen Hunger.« Ich hatte keine Ahnung, was es war, aber irgendwas daran fand er irre komisch.
    »Kannst du mir einen Gefallen tun?«, fragte ich nach kurzem Zögern.
    Mit einem Mal war er argwöhnisch. »Das kommt ganz drauf an.«
    »Es ist nur ein kleiner«, versicherte ich ihm.
    Er wartete – reserviert, aber neugierig.
    »Ich dachte nur … vielleicht könntest du mich beim nächsten Mal vorher warnen, wenn du beschließt, mich zu meiner eigenen Sicherheit zu ignorieren? Dann kann ich mich drauf einstellen.« Ich betrachtete beim Sprechen die Limoflasche und ließ meinen kleinen Finger auf dem Rand der Öffnung kreisen.
    »Das kann ich wohl kaum abschlagen.« Als ich aufblickte, kniff er seine Lippen zusammen, um nicht lachen zu müssen.
    »Danke.«
    »Krieg ich im Gegenzug eine Antwort?«, wollte er wissen.
    »Eine.«
    »Eine deiner Theorien?«
    Oje. »Nicht das.«
    »Du hast mir eine Antwort versprochen, von Einschränkungen war keine Rede«, erinnerte er mich.
    »Und du hast selber Versprechen gebrochen«, erinnerte ich ihn meinerseits.
    »Nur eine Theorie – ich lache auch nicht.«
    »Klar lachst du.« Ich war mir sicher.
    Er senkte den Blick, dann schaute er durch seine langen Wimpern zu mir hoch. Seine ockerfarbenen Augen glühten.
    »Bitte«, flüsterte er und lehnte sich näher zu mir.
    Ich blinzelte hilflos und konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Herrgott noch mal, wie machte er das?
    »Äh, was?«, fragte ich benommen.
    »Verrätst du mir bitte eine kleine Theorie?« Sein Blick brannte sich weiter in meinen.
    »Äh, also, hat dich vielleicht eine radioaktive Spinne gebissen?« War er etwa auch noch Hypnotiseur? Oder war ich einfach nur ein hoffnungslos leichtes Opfer?
    »Das ist nicht gerade originell«, spottete er.
    »Tut mir leid, mehr fällt mir nicht ein«, sagte ich beleidigt.
    »Das war noch nicht einmal nah dran«, zog er mich auf.
    »Keine Spinnen?«
    »Keine Spinnen.«
    »Und keine Radioaktivität?«
    »Nein.«
    »Mist«, seufzte ich.
    »Kryptonit macht mir auch nichts aus«, sagte er schmunzelnd.
    »Du wolltest nicht lachen.«
    Er versuchte sich zu beherrschen.
    »Irgendwann krieg ich es raus«, warnte ich ihn.
    »Ich wünschte, du würdest es nicht probieren.« Er war auf einmal wieder vollkommen ernst.
    »Weil …?«
    »Was, wenn ich kein Superheld bin? Was, wenn ich der Böse bin?« Er lächelte, doch seine Augen waren unergründlich.
    Und mit einem Mal ergaben die Andeutungen, die er immerfort machte, einen Sinn. »Oh«, sagte ich. »Verstehe.«
    »Ach, ja?« Seine Miene verfinsterte sich plötzlich, als befürchtete er, versehentlich zu viel gesagt zu haben.
    »Du bist gefährlich?« Mein Puls wurde schneller; ich war mir plötzlich sicher, dass es stimmte – er war gefährlich. Die ganze Zeit schon hatte er versucht, es mir zu sagen.
    Er schaute mich nur an, mit einem Blick, den ich nicht deuten konnte.
    »Aber nicht böse«, flüsterte ich und schüttelte den Kopf. »Nein, ich glaube nicht, dass du böse bist.«
    »Du irrst dich.« Seine Stimme war kaum hörbar. Er senkte den Blick, nahm mir die Verschlusskappe weg und ließ sie seitlich zwischen seinen Fingern kreiseln. Ich starrte ihn an und fragte mich, warum ich keine Angst hatte. Er meinte ernst, was er sagte, das war offensichtlich. Aber ich war lediglich nervös und aufgeregt … und vor allem fasziniert. So, wie ich mich in seiner Nähe immer fühlte.
    Unser Schweigen hielt an, bis mir auffiel, dass die Cafeteria fast leer war.
    Ich sprang auf. »Wir kommen zu spät.«
    »Ich gehe heute nicht zu Bio«, sagte er und ließ die Kappe so schnell kreiseln, dass sie mir vor den Augen verschwamm.
    »Warum nicht?«
    »Es ist gut für die Gesundheit, gelegentlich zu schwänzen.« Er lächelte, doch seine Augen blickten noch immer sorgenvoll.
    »Ich gehe jedenfalls hin«, sagte ich ihm. Ich traute mich nicht zu schwänzen, aus Angst, dass Charlie es erfahren würde.
    Er wandte sich wieder der Kappe zu. »Dann bis später.«
    Ich zögerte, hin- und hergerissen, doch als es klingelte, lief ich zur Tür, von wo ich mich ein letztes Mal umsah: Er hatte sich keinen Zentimeter von der Stelle bewegt.
    Als ich halb im Laufschritt zu Bio eilte, kreiselten die Gedanken in meinem Kopf schneller

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