Bis(s) 1 - Bis(s) zum Morgengrauen
betraten und zu unserem Tisch gingen, waren sämtliche Blicke auf uns gerichtet. Edward stellte jetzt nicht mehr seinen Stuhl schräg, um so weit wie möglich von mir entfernt zu sitzen. Stattdessen rückte er so nahe heran, dass unsere Arme sich fast berührten.
Dann betrat Mr Banner rückwärts den Raum – der Mann hatte ein exzellentes Timing – und zog ein großes Metallgestell auf Rädern herein, auf dem ein wuchtiger alter Fernseher nebst Videorecorder stand. Ein Film! Der Stimmungsumschwung im Raum war beinahe mit Händen zu greifen.
Mr Banner schob die Kassette in das widerspenstige Gerät und ging zur Wand, um das Licht auszuschalten.
Der Raum verdunkelte sich, und plötzlich wurde mir in gesteigertem Maße bewusst, dass Edward nur wenige Millimeter von mir entfernt saß. Benommen registrierte ich die unerwartete elektrische Spannung, die sich in meinem Körper ausbreitete – es war also möglich, seine Gegenwart noch intensiver zu spüren, als ich es ohnehin schon tat. Der wahnsinnige Impuls, meine Hand zu heben und ihn zu berühren, nur ein einziges Mal in der Dunkelheit über sein perfektes Gesicht zu streichen, war nahezu überwältigend. Ich verschränkte die Arme fest vor der Brust, ballte die Hände zu Fäusten – und verlor fast den Verstand.
Der Vorspann begann und hellte den Raum kaum wahrnehmbar auf. Meine Augen wandten sich ihm wie von selbst zu. Ich lächelte verschämt, als ich sah, dass seine Haltung meiner identisch war: Fäuste unter die Arme geklemmt, Blick zu mir. Er erwiderte mein Grinsen und schaffte es dabei trotz der Dunkelheit, seine Augen zum Glühen zu bringen. Ich schaute weg, um nicht zu hyperventilieren. Es war absolut lächerlich, aber mir wurde tatsächlich schwindlig.
Die Stunde schien eine halbe Ewigkeit zu dauern. Ich konnte mich nicht auf den Film konzentrieren, wusste nicht einmal, wovon er handelte. Ich unternahm ein paar Versuche, mich zu entspannen, doch ohne Erfolg – der elektrische Impuls, der von seinem Körper auszugehen schien, setzte nicht einen Moment lang aus. Von Zeit zu Zeit gestattete ich mir einen kurzen Blick auf ihn – er schien sich ebenfalls nicht zu entspannen. Auch die übermächtige Sehnsucht, ihn zu berühren, nahm nicht ab, und so quetschte ich meine Fäuste an die Rippen, bis mir die Finger schmerzten.
Ich seufzte erleichtert, als Mr Banner am Ende der Stunde das Licht anschaltete, streckte meine Arme aus und bewegte meine steifen Finger. Neben mir lachte Edward leise in sich hinein.
»Ich würde sagen, das war interessant«, murmelte er. Seine Stimme war düster, seine Augen wachsam.
»Mmmh« war alles, was ich herausbekam.
»Sollen wir?«, fragte er und erhob sich mit einer fließenden Bewegung vom Stuhl.
Als mir einfiel, was ich als Nächstes hatte, stöhnte ich fast auf – Sport. Ich war äußerst vorsichtig beim Aufstehen, für den Fall, dass die merkwürdige neue Intensität zwischen uns meinen Gleichgewichtssinn beeinträchtigt hatte.
Schweigend begleitete er mich zur Turnhalle und blieb am Eingang stehen. Ich wandte mich ihm zu, um mich zu verabschieden, und erschrak – sein Gesicht war so bekümmert, fast schon gequält, und zugleich so atemberaubend schön, dass dieses unbändige Verlangen, ihn zu berühren, erneut aufflammte. Mir blieb mein »bis später« im Hals stecken.
Er hob seine Hand, zögerte – in seinen Augen tobte der Konflikt – und strich mir dann flüchtig mit den Fingerspitzen über die Wange. Seine Haut war so eisig wie immer, doch die Spur seiner Finger brannte auf meinem Gesicht.
Ohne ein weiteres Wort machte er kehrt und ging mit schnellen Schritten davon.
Benommen und auf wackligen Beinen betrat ich die Turnhalle und lenkte meine Schritte mechanisch zur Umkleidekabine, wo ich wie in Trance meine Kleidung ablegte und meine Sportsachen anzog. Ich nahm kaum wahr, dass sich außer mir noch andere Leute im Raum befanden. Die Wirklichkeit holte mich erst wieder ein, als mir jemand einen Badmintonschläger reichte. Er war zwar nicht schwer, fühlte sich aber in meinen Händen alles andere als sicher an. Ich sah, wie ein paar aus der Klasse mir verstohlene Blicke zuwarfen. Coach Clapp forderte uns auf, Zweierteams zu bilden.
Glücklicherweise war Mikes Ritterlichkeit noch in Ansätzen vorhanden; er gesellte sich zu mir.
»Wie wär’s – wir beide?«
»Danke, Mike, das ist nett. Du musst das aber nicht machen.« Entschuldigend verzog ich das Gesicht.
»Keine Sorge, ich achte auf
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