Biss sagt mehr als tausend Worte
Sonnenjacken, vor denen Elijah uns gewarnt hat.«
»Toll«, sagte Makeda. »Noch mehr, die wir töten müssen.«
»Mindestens«, sagte Rolf. »Wie lange noch bis Sonnenaufgang?«
»Zweieinhalb Stunden«, sagte Bella mit einem Blick auf ihre Uhr. »Haben wir nicht ein Gewehr mit Zielfernrohr auf dem Schiff?«
»Irgendwo«, sagte Rolf.
»Nun, sie können ihre Sonnenjacken nicht mehr einschalten, wenn sie schon tot sind, bevor wir auch nur in ihre Nähe kommen.«
»Umständlich«, sagte Makeda. »Kugeln hinterlassen Leichen.«
»Ich würde mich lieber einiger Leichen entledigen müssen, als von einer Sonnenjacke gegrillt zu werden«, sagte Bella und übernahm das Kommando. »Rolf, wir beide folgen den Katzen und töten so viele wie möglich. Makeda, du folgst den Jägern, aber halt Abstand, beobachte, wohin sie gehen. Wir treffen uns auf dem Schiff. Heute Nacht Katzen. Morgen Nacht Menschen.«
»Ich hasse Katzen«, sagte Makeda.
»Ich weiß«, sagte Bella.
»Da ist noch etwas«, sagte Rolf. »Da war noch was anderes auf dem Dach bei den Katzen. Irgendwas Größeres.«
»Was meinst du mit ›irgendwas‹?«, fragte Makeda.
»Ich weiß nicht«, sagte Rolf, »aber es hat keine Wärme abgegeben, also ist es wohl einer von uns.«
20
Jäger
Tommy und Abby
Irgendwie war es ihm sinnvoll erschienen, Abbys Auslegung der Prophezeiung von Madame Natasha zu folgen, doch nun, da er auf dem Anleger bei dem schwarzen Schiff stand und die Nacht schon bald zu Ende ging, war er nicht mehr ganz so sicher.
»Meinst du, Jody ist da drinnen?«
»Gut möglich. Im City Blog stand was von diesem Schiff —da war ein Foto, und es sah so cool aus –, ach, ich weiß nicht. Für mich ist das alles neu. Du kannst nicht von mir erwarten, dass ich mich mit allem auskenne. Wieso vernebelst du dich nicht und schleichst an Bord?«
Sie hörten nackte Füße auf dem Teakholz, und plötzlich tauchte hinter dem glatten schwarzen Kohlefasercockpit ein Gorgonenhaupt aus blonden Dreadlocks auf.
»Irie, Bruder. Irie, Schwester. Alles fit im Schritt?« Ein braun gebrannter junger Mann, der Wärme abstrahlte, in seiner Lebensaura jedoch einen schmalen schwarzen Ring hatte.
Abby stieß Tommy mit dem Ellbogen an, und er nickte, um ihr zu zeigen, dass er den Kerl gesehen hatte.
»Was hat er gesagt?«, fragte Tommy.
»Weiß nicht«, sagte Abby. »Klang Australisch. Wenn er gleich erzählt, dass er Down Under immer in sein Diddeldidoo hupt, trete ich ihm meine Love-Chucks in die Nieren.«
»Okeydokey«, sagte Tommy.
Der Blonde hob ein Nachtfernglas an die Augen, sah kurz hindurch, dann ließ er es wieder sinken. »Shit! Ihr seid Deadies! Jah liebt Euch, Deadies!«
Er schwang sich über den Rand des Cockpits, landete drei Meter darunter auf dem Deck, dann sprang er auf den Anleger. Er war auffallend fit, auffallend muskulös, und er roch nach Fischblut und Gras.
»Pelekekona, genannt Käpt’n Kona, Pirat von Weltmeer, Löwe von Zion und Dreadie für Deadies Erster Ordnung, aber hallo.«
Er hielt Tommy die Hand hin, der sie zögerlich schüttelte. »Tommy Flood«, sagte Tommy, und dann — weil es ihm schien, als sollte er einen Titel führen — fügte er hinzu: »Schriftsteller.«
Der blonde Rastamann nahm Abby in die Arme, drückte sie an sich und küsste sie auf beide Wangen. Dann glitt seine Hand an ihrem Rücken nach unten. Er ließ erst los, als sie ihm einen Finger umbog und ihn in die Knie zwang. »Lass das sein, du kiffender Hänfling! Ich bin Gräfin Abigail von Normal, Vize-Gebieterin über die Nacht der San Francisco Bay.«
»Gräfin?«, sagte Tommy aus dem Mundwinkel.
»Und knackig Schnittchen dazu, anmutig wie Schneeflocke«, sagte Kona. »Nicht böse sein, ihr Deadies. Ich und ich, wir machen groß Aloha, aber wir können euch nicht
aufs Schiff bringen. Die Raven killt euch ewiglich. Aber wir könnten Babylon hier auf der Stelle niedersingen, Mann.« Er holte Pfeife und Feuerzeug aus der einen Tasche seiner Baggies. Aus der anderen nahm er eine kleine Lanzette, wie Diabetiker sie benutzen, um sich beim Bluttest in die Finger zu stechen. »Vielleicht könnten meine neuen Deadie-Dreadies mit einer kleinen Spende zum Mysterium beitragen. Nur ein, zwei Tropfen.«
Abby sah Tommy an. »Renfield«, sagte sie und verdrehte die Augen.
Tommy nickte. Sie meinte Renfield, Draculas irren Blutsklaven in Bram Stokers Roman. Der originale »Käferfresser«.
»Möglicherweise können wir dir dabei behilflich sein«, sagte
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