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Bissgeschick um Mitternacht

Titel: Bissgeschick um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
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nicht einmal geboren.«
    »Und ob. Da war ich schon seit mehreren hundert Jahren zweifache Mutter«, erwiderte Oma Zezci.
    Oma Rose lachte wie eine Aufziehpuppe. »Köstlich, dein Humor, liebe Zezcilia. Jetzt wissen wir auch, von wem Silvania und Daka ihre blühende Fantasie haben.«
    »Und die dritte und letzte Frage für diese Runde«, verkündete Hildegard Schaumburg. »Sie kommt aus dem Bereich der Medizin. Wie versorgt man eine tiefe Schnittwunde und stoppt die Blutung?«
    »Die Blutung stoppen? Wieso das denn?« Oma Zezci sah ihre Mitspieler fragend an.
    Opa Gustav, der seinen Erste-Hilfe-Kurs regelmäßig auffrischte, schrieb bereits. Er hatte Wichtigeres zu tun, als sich um die albernen Bemerkungen seiner rotäugigen Sitznachbarin zu kümmern. Er wollte, dass sein Team das beste war. Er wollte die zwei Lamadecken gewinnen. Daher war es ihm ganz recht, als Zezcilia auf einmal immer ruhiger wurde.
    Die Fragen der zweiten Runde bekam Oma Zezci nur noch im Halbschlaf mit. Als die dritte Runde anfing, schlief und schnarchte Zezcilia Morta Dentiba Tepes tief und fest und laut mit dem Kopf auf Oma Roses Schoß. Der Flug von Stumpbjergen war doch etwas kräftezehrend gewesen.
    Und daher wurde Oma Zezci leider auch nicht Zeugin des berauschenden Sieges, den ihr Rätselteam ungefähr eine Stunde später errang. Stolz trat das Ehepaar Wagenzink mit Oma Zezci und zwei Lamadecken der Firma Dala unter dem Arm aus der ›Moccastube‹.

Kranke Gedanken
    D irk van Kombast saß im Wartezimmer von Frau Dr. Ilona Kubitz. Das Wartezimmer war verlassen, die Patienten waren alle behandelt, verarztet und mit Krankschreibungen und Rezepten versorgt. Die Praxis von Frau Dr. Kubitz hatte seit zehn Minuten geschlossen. Der freundliche Arzthelfer Tobias hatte den Pharmavertreter gebeten, kurz im Wartezimmer Platz zu nehmen, da Frau Doktor noch ein wichtiges Telefonat zu erledigen hatte.
    Dirk van Kombast hatte den Laptop auf seinem Schoß aufgeklappt und überflog gerade ein Bestellformular. Frau Dr. Kubitz war die letzte Kundin auf seiner Liste für heute. Er versuchte die herzliche Ärztin, die nicht nur die rosigen Wangen, sondern auch den Körperumfang einer Matrioschka hatte, immer als letzte Station einzuplanen. Frau Dr. Ilona Kubitz erzählte leidenschaftlich gerne von ihrem Garten, ihren acht Enkeln und ihrem Hobby, dem Gleitschirmfliegen. Und je länger und leidenschaftlicher sie erzählte und je interessierter Dirk van Kombast zuhörte, desto mehr bestellte sie bei ihm.
    Normalerweise freute sich Dirk van Kombast auf den Besuch bei Frau Dr. Kubitz, der so angenehm, schmerzlos und plauderhaft vorbeiging wie ein Friseurbesuch. Doch heute konnte er sich nicht so recht auf seine Kunden konzentrieren, noch nicht einmal auf die herzliche und unterhaltsame Frau Dr. Kubitz. Immer wieder schweiften seine Gedanken ab. Sie schweiften in die Luftschichten, in denen eine ältere, leichenblasse, rotäugige Vampirdame flatterte. Seit Dirk van Kombast an diesem Morgen gesehen hatte, wie Oma Zezci vor seinen Augen mitten auf der Straße am helllichten Tag beinahe einen Postboten ausgesaugt hätte, ging ihm die Vampirdame nicht mehr aus dem Kopf.
    Dirk van Kombast lehnte sich mit einem Seufzer zurück und starrte an die Decke des Wartezimmers. Von seinen transsilvanischen Nachbarn war er mittlerweile einiges gewohnt. Er hatte schon eine tote Ratte mit Bisswunden auf der Terrasse gefunden. Er hatte sich von einem teuflischen Pflanzentrunk, den sie gemischt hatten, den schlimmsten Durchfall seines Lebens eingefangen. Er war ihnen in den Urlaub nach Transsilvanien gefolgt und hatte das Ende der Ferien in einem rumänischen Gefängnis verbracht. Bei der Jagd nach seinen bissigen Nachbarn hatte er sich außerdem schon ein Bein gebrochen, einen Backstein auf den Kopf bekommen und war mit dem Kopf in einen Staubsaugerschlauch geraten, als er einen mongolischen Vampir vertreiben wollte, der im Garten der Tepes' gezeltet hatte.
    Doch das alles war nichts im Vergleich zur bissigen fliegenden Oma, die heute Morgen im Lindenweg gelandet war. Jetzt, fand Dirk van Kombast, gingen seine transsilvanischen Nachbarn eindeutig zu weit. Wenn sie schon ihre blutrünstige Oma auf wehrlose Briefträger losließen, wo sollte das noch enden? Nahmen sie sich die ahnungslosen Bewohner der Reihenhaussiedlung nacheinander vor – die Schenkels von gegenüber zum Frühstück, Frau Zicklein von nebenan zum Mittag und ihn, Dirk van Kombast, zum Abendessen?
    So weit, beschloss

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