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Bissgeschick um Mitternacht

Titel: Bissgeschick um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
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dass der Mann Dirk van Kombast hieß und der Nachbar ihres Sohnes war. Ein nicht ganz ungefährlicher Nachbar.
    Jetzt umklammerte er mit beiden Händen einen langen Zahnseidefaden, der vom Netz abging. Er zog mit ganzer Kraft daran. Oma Zezci kam sich vor wie ein Ballon auf einer Autohauseinweihungsfeier. Es war kein Gefühl, was einer jahrtausendealten stolzen Vampirdame gefiel.
    Zezcilia Morta Dentiba Tepes warf dem Vampirjäger einen feurigen Blick zu. »Krötz jobju suchoi murja!«, schrie sie und fauchte. Zwar war sie mittlerweile durch das Zahnseidenetz nahezu flugunfähig, aber flopsen konnte sie noch immer wie ein Jungvampir. Bevor sie auf der Terrasse von Goldlöckchen noch eine Bruchlandung machte, sammelte sie alle Kräfte und bereitete sich auf den größten Flops ihres Lebens vor. Ihre dunkelroten Augen visierten die Terrassentür der Tepes' an. Dann zählte Oma Zezci laut: »Onu. Zoi. TROSCH!«
    Und ... flops!

Tiefe Einblicke
    E ntspann dich, El Virus«, sagte Mihai Tepes zu seiner Frau. Sein zitternder Lakritzschnauzer verriet, dass er selbst so entspannt war wie ein Kaninchen in der Schlangengrube.
    Seit Oma Zezci mit Silvania und Daka vom Dach des Hauses abgehoben hatten, saßen Mihai und Elvira auf dem Sofa im Wohnzimmer. Hätten sie sich nicht sofort aufs Sofa gesetzt, wäre Elvira vor Nervosität jetzt schon 25 Kilometer durch das Zimmer hin und her marschiert und Mihai wäre ebenso viele Kilometer an der Wohnzimmerdecke hin und her geflogen.
    Mihai Tepes hatte die Hosenbeine hochgekrempelt. Seine Füße standen in einem Katzenklo, das mit bester transsilvanischer Heimaterde gefüllt war. Er wackelte unablässig mit den Zehen.
    Elvira Tepes saß mit angezogenen Beinen auf der Couch. Sie hatte die Arme um die Knie geklammert und knetete unablässig ihre Hände. Ab und zu fasste sie sich an eins ihrer Ohrläppchen und drehte an den dunkelblauen Ohrringen.
    »Müsste Zezcilia nicht längst zurück sein?«, fragte Frau Tepes. »Was, wenn sie keinen passenden Ort zum Aufhängen gefunden hat?«
    »Mach dir keine Sorgen«, erwiderte Mihai Tepes. »Bestimmt baumeln Silvania und Daka längst kopfüber an einem sicheren Örtchen und schlummern friedlich in ihren Lamadecken. Wahrscheinlich lässt sich meine Mutter beim Rückflug nur etwas Zeit, genießt die Nachtluft, nimmt unterwegs einen kleinen Imbiss ein, bevor sie jeden Moment sanft und kaum hörbar auf unserem Dach aufse–«
    KNALL!, machte es mit ganzer Wucht an der Terrassentür.
    Mihai und Elvira zuckten zusammen und sprangen gleichzeitig auf. Irgendetwas sehr Großes war gegen die Terrassentür geflogen. Es klebte pritschebreit an der Scheibe. Elvira legte den Kopf schräg. Mihai starrte ungläubig auf die Terrassentür.
    Die Gestalt, die außen an der Scheibe klebte, kam Mihai Tepes bekannt vor. Sie trug ein dunkelblaues Kleid und eine Bluse mit hochgeschlossenem Kragen wie seine Mutter. Sie hatte eine kleine rote Fliege um wie seine Mutter. Der Mund und die Wangen waren in die Breite verzerrt wie bei einer zerquetschten Knetfigur. Als die Gestalt jetzt langsam an der Scheibe herunterrutschte, wurde die Nase immer weiter nach oben gedrückt, sodass man tief in die Nasenlöcher hineingucken konnte wie in zwei finstere, modrige Höhlen. Mihai und Elvira Tepes sahen dort Dinge, die sie gar nicht sehen wollten.
    Einen Moment standen sie wie gelähmt im Wohnzimmer. Dann sagte Elvira Tepes: »Das ist deine Mutter«, und Mihai Tepes erwachte aus der Starre.
    Er riss die Terrassentür auf, zog seine Mutter mit einem kräftigen Ruck von der Scheibe, dass es flopp machte, klemmte sie sich unter den Arm und trug sie samt dem seltsamen Netz, in dem sie gefangen war, ins Wohnzimmer und legte sie auf die Couch. Als er die Terrassentür hinter sich schließen wollte, bemerkte er einen feinen, fast durchsichtigen Faden, der vom Netz nach draußen führte. Mihai Tepes dachte nicht lange darüber nach, sondern zog einmal entschlossen am Faden, woraufhin der nachgab. Er rollte den Faden auf, schloss die Tür und wandte sich seiner matschgesichtigen Mama zu.

Mit leeren Händen
    D irk van Kombast starrte fassungslos auf das klägliche Ende der Zahnseide, das er in den zittrigen Händen hielt. Sie hatten es tatsächlich gekappt. Einfach mit roher Gewalt abgerissen. Sein Netz. Seine geniale Falle. Sie hatten sie mutwillig zerstört. Nicht nur das – sie hatten das in liebevoller Handarbeit geknüpfte Zahnseidennetz sogar behalten. Ohne zu fragen. Ohne Bitte oder

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