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Bissgeschick um Mitternacht

Titel: Bissgeschick um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
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würden.
    Nachdem Dirk van Kombast seinen Besuch bei Frau Dr. Ilona Kubitz nach mehreren Geschichten von den Enkeln (Leo, Lea, Lara, Laura, Lukas, Leonie, Luis, Lutz), vom Garten (Zucchini, Gurken, Tomaten) und vom Gleitschirmfliegen (in Italien, Österreich und in der Schweiz) und mit mehreren Bestellungen erfolgreich beendet hatte, war er in seinen silbernen Sportwagen gestiegen und so schnell es die Verkehrsregeln erlaubten in den Lindenweg zurückgefahren. Auf dem Rückweg hatte er nur kurz an einer Drogerie gehalten. Dort hatte er sich eine Haarspülung mit seinem Lieblingsduft ausgesucht (Ginseng-Patschuli) und alle Vorräte an Zahnseide aufgekauft, die er finden konnte.
    Kaum war er zu Hause angekommen und in seine hellblauen, weichen Puschelhausschuhe geschlüpft, hatte er sich an die Ausarbeitung und Umsetzung seines Plans gemacht. Im Lotussitz und zu sphärischen Regentropfenmelodien hatte er aus 128 Zahnseidenrollen geduldig, mit Eifer und geschickten Händen ein feines, aber widerstandsfähiges Netz geflochten. Es sollte kein Ballnetz, kein Haarnetz und auch kein Straßennetz werden. Nein, das Netz, das Dirk van Kombast beflissen und fieberhaft knüpfte, würde eine tödliche Falle für alle Nachbarn werden, die sich unvorsichtigerweise in höhere Luftschichten begaben.
    In den frühen Abendstunden, als die meisten Bewohner der Reihenhaussiedlung beim Abendessen gesessen hatten, war der Vampirjäger mit dem verfänglichen Netz nach draußen geschlichen. Nach kurzer Überlegung hatte er beschlossen, dass zwischen dem Apfelbaum in seinem Garten und dem Birnbaum im Garten der Tepes' der perfekte Platz war. Er hatte eine Leiter aus dem Keller geholt und das Zahnseidennetz aufgehängt. Eine Seite hatte er am Apfelbaum und die andere an den herüberreichenden Ästen des Birnbaums befestigt. Da er als Kind einen Handarbeitskurs belegt hatte, war das Netz binnen weniger Minuten festgeknüpft.
    Frau Zicklein, die andere unmittelbare Nachbarin des Pharmavertreters, hatte interessiert vom Schlafzimmerfenster aus zugesehen. Sie war beeindruckt gewesen, wie geschickt ihr gut aussehender Nachbar das Netz befestigte. Aber sie hatte sich auch gefragt, welchen Zweck die ganze abendliche Aktion haben sollte. Wollte der Nachbar eine stimmungsvolle Leuchtgirlande aufhängen? Oder sollte das Netz die Bäume vor Parasiten schützen? Oder war es eine ganz und gar avantgardistische Wäscheleine?
    Frau Zicklein wusste es nicht. Sie wusste nur, dass man bei ihrem charmanten Nachbarn mit allem rechnen musste. Immerhin hatte sie ihn beim letzten Einsatz im Garten aus einem Staubsaugerschlauch befreien müssen.
    Nachdem Dirk van Kombast wieder von der Leiter geklettert war, hatte er noch einen Moment zufrieden sein vollendetes Werk betrachtet. Die Zahnseide war kaum sichtbar und schimmerte wie feiner Tau. Das Netz hatte genau die richtige Größe und war dicht geknüpft. Der Vampirjäger hatte sich vorgestellt, wie seine fette Beute bald im Netz zappeln würde. Ein irres Lächeln hatte sich auf seinem Gesicht ausgebreitet.
    Dann war er schnell und lautlos wieder im Haus verschwunden. Jedoch nur, um drei Sekunden später wieder aus der Vordertür zu treten. Das Sahnehäubchen seines Plans fehlte noch. Dirk van Kombast hatte im Vampirjägerkatalog eine Wanze bestellt. Sie war kaum größer als ein Kieselsteinchen und sah auch ungefähr so aus, nur dass sie aus Metall war. Im Katalog war sie als äußerst leistungsfähiger und unauffälliger ›Escortfloh‹ mit extremer Reichweite bis in allerhöchste Luftschichten angepriesen worden.
    Dirk van Kombast war mit dem Escortfloh in der Hand aus dem Haus und zur Eingangstür seiner transsilvanischen Nachbarn geschlichen. Wie er gehofft hatte, hatte eine der Schwestern ihre Schuhe vor der Tür stehen gelassen. Es waren hohe schwarze Knöchelschuhe, deren Schnürsenkel wie Schlangen aussahen. Der Vampirjäger hatte unauffällig seine Hand geöffnet und die kleine grauschwarze Kuller in einen der Schnürschuhe fallen lassen. Dann hatte er sich galant auf den Fersen umgedreht, war zu seinem Haus zurückgeschlendert und hatte die Tür leise hinter sich zugezogen.
    Jetzt setzte er sich auf die brombeerfarbene Ledercouch im Wohnzimmer, stellte seinen Gemüsesaft auf dem kleinen Glastisch ab, lehnte sich zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Er streifte die hellblauen Puschelhausschuhe ab und legte die Beine hoch. Ab und zu schielte er auf ein kleines Gerät, so groß wie ein Handy,

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