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Bissgeschick um Mitternacht

Titel: Bissgeschick um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
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habe.«
    »WAAAASSS?!?« Mihai und Elvira Tepes sahen aus, als würden sie die Fliege am Hals von Oma Zezci gerade lieber etwas enger ziehen.
    »Zezcilia Morta Dentiba Tepes!«, polterte Mihai. »Jetzt reiß dich zusammen. Wo hast du unsere Töchter aufgehängt?«
    »Überleg doch noch mal gut«, versuchte es Elvira etwas sanfter. »Hast du sie an einer Wäscheleine aufgehängt?«
    »Oder an einer Stromleitung?«, fügte Herr Tepes hinzu.
    »Oder an einer Fahnenstange?«, fragte Frau Tepes.
    »Oder an einer Absperrkette?«, versuchte es Herr Tepes.
    Doch jedes Mal schüttelte Oma Zezci den Kopf.
    Herr Tepes schnaufte. »Aber Mutter! Silvania und Daka sind doch keine Regenschirme oder Mützen. Sie sind deine Enkelinnen! So etwas vergisst man doch nicht einfach.«
    »Meinst du denn nicht, dass ich es selbst gerne wüsste?«, erwiderte Oma Zezci und klang unendlich verzweifelt. »Nie im Leben hätte ich gedacht, dass ich vergesse, wo ich meine Enkelinnen aufgehängt habe. Es muss an dem Scheibenklatscher liegen«, fuhr Oma Zezci fort. »Ich kann mich an nichts von den letzten Stunden erinnern.« Sie zuckte traurig und entschuldigend mit den Schultern.
    Elvira Tepes sackte zusammen, bis sie wie ein Häufchen Elend am Boden vor dem Fernseher saß. »Aber irgendetwas müssen wir doch machen. Ein Orkan kommt und unsere Töchter hängen irgendwo da draußen vollkommen hilflos herum.«
    Mihai Tepes kniete sich neben seine Frau und nahm ihre Hand. »Natürlich werden wir etwas unternehmen. Ich werde die gesamte Stadt abfliegen und erst wieder nach Hause zurückkehren, wenn ich Silvania und Daka gefunden habe. Das schwöre ich, so wahr ich, Mihai Sanguro Furio Tepes, ein Vampir bin.«
    Elvira drückte die Hand ihres Mannes. »Ich weiß, dass du alles tun würdest, um unsere Kinder zu finden. Aber wenn du so lange über Bindburg kreist und nach ihnen suchst, gerätst du womöglich noch selbst in diesen furchtbaren Orkan. Meinst du nicht, es wäre besser, die Polizei zu alarmieren?«
    Oma Zezci tat, als würde sie sich einen Telefonhörer ans Ohr halten. »Guten Tag, Herr Polizist. Ich habe meine zwölfjährigen Enkelinnen in Lamadecken eingewickelt und irgendwo in Bindburg aufgehängt, weiß aber nicht mehr genau, wo. Könnten Sie mir freundlicherweise helfen, sie zu finden?«
    Mihai und Elvira starrten Oma Zezci einen Moment nachdenklich an. Dann schüttelten sie beide entschlossen den Kopf.
    »Es hilft nichts, Zezcilia«, sagte Mihai Tepes. »Wir müssen uns selbst im Tiefflug auf die Suche nach ihnen begeben. Auch auf die Gefahr hin, dass wir vom Orkan zerfetzt oder bis nach Hohenwutzen geschleudert werden.«
    »Nein. Es muss eine andere Lösung geben«, beharrte Elvira.
    Einen Moment sagte keiner etwas. Mihai sah aus dem Fenster auf den Nachthimmel, an dem noch kein Sturm zu erkennen war. Dabei zog er mit beiden Händen an seinem Schnauzer. Das tat er immer, wenn er nervös war.
    Elvira sah stumm auf einen Krümel Heimaterde auf dem cremeweißen Teppich. Sie dachte an alle Actionfilme, die sie jemals gesehen hatte, und alle Thriller, die sie jemals gelesen hatte, und überlegte, ob sich eine Figur schon mal in einer ähnlich verzweifelten Situation befunden hatte.
    Oma Zezci sah auf den Fernsehbildschirm. Dem Nachrichtensprecher wurde gerade von einer Person außerhalb des Kameraausschnitts ein Blatt gereicht. Er überflog das Blatt kurz, dann sprach er in die Kamera: »Meine Damen und Herren, wie bereits angekündigt, halten wir Sie über die aktuelle Katastrophenlage in der Region Bindburg auf dem Laufenden. Gerade hat uns eine neue Meldung aus dem Wetterstudio erreicht. Laut neusten Berechnungen der Meteorologen wird der Orkan die ersten Gemeinden am südöstlichen Rand von Bindburg in ungefähr einer Stunde erreichen. Die Polizei, Feuerwehr und alle Einsatzkräfte vor Ort helfen den Bewohnern dort bereits, sich in Sicherheit zu bringen. Es wird nochmals ausdrücklich davor gewarnt, sich im Freien aufzuhalten. Schließen Sie alle Türen, Dachfenster und Luken und bringen Sie im Freien stehende oder hängende Gegenstände ins Haus.« Der Nachrichtensprecher legte eine Pause ein und sah eindringlich und ernst in die Kamera.
    Oma Zezci hatte das Gefühl, er würde sie direkt ansehen und sie alleine ansprechen.
    Der Nachrichtensprecher las jetzt wieder von einem Blatt ab: »Die Frage, wie der Orkan sich so plötzlich bilden konnte, stellt für die Meteorologen bislang ein Rätsel dar. Soweit die Wetteraufzeichnungen

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