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Bissgeschick um Mitternacht

Titel: Bissgeschick um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
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Häppchen, das hilft sicher«, sagte Elvira Tepes und hielt ihrer Schwiegermutter ein Tablett mit blutroten Köstlichkeiten hin.
    »Datiboi, Elvira«, sagte Oma Zezci mit matter Stimme, stapelte drei Häppchen übereinander und schluckte sie mit einem Mal hinunter.
    »Jetzt noch ein Schlückchen Karpovka zum Nachspülen.« Mihai Tepes reichte seiner Mutter ein kleines Glas.
    »Schnappobyx«, sagte Zezcilia, bevor sie das belebende transsilvanische Nationalgetränk herunterschluckte.
    »Geht es dir schon besser?« Mihai musterte seine Mutter besorgt. Er war untröstlich, dass gerade seine geliebte, Tausende Jahre alte Mutter hier bei ihm direkt hinter dem Haus so ein furchtbares Flugunglück erleben musste. Mihai selbst war in seiner wilden Jugend einmal unvorsichtigerweise in ein Volleyballnetz geflogen und Jahrhunderte später in ein Fußballtor. Er hatte es einige Meter mit sich geschleift, bevor er es im Flug wieder abstreifen konnte.
    Oma Zezci fasste Mihai an der Hand und zog ihn näher an sich heran. »Weißt du, was jetzt wie Blutdoping auf meinen müden Körper wirken würde, mein lieber Mihailitschi?« Oma Zezci lächelte ihren Sohn bittend an. »Wenn du mir alle 14 Strophen von ›Transsilvania, rodna inima moi‹ vorsingen könntest.«
    »Mit dem größten Vergnügen«, erwiderte Mihai Tepes sofort, richtete sich auf, streckte die Brust heraus und begann mit der ersten Strophe, in der die Schönheit und der Wildschweinreichtum der transsilvanischen Wälder besungen wurden.
    Elvira Tepes machte ein Gesicht, als würde sie selbst spätestens bei der dritten Strophe zur transsilvanischen Wildsau werden. »Ich ... ähm ... mach mal leise den Fernseher an«, sagte sie. Dann nahm sie sich die Fernbedienung, schaltete einen Nachrichtensender ein und setzte sich direkt vor den Fernseher in den Schneidersitz. Es kam ein Bericht über einen Betrug in einer Wettsendung. Nicht wahnsinnig spannend, aber besser als 14 Strophen transsilvanisches Heimatlied.
    Mihai Tepes besang gerade die Ungezügeltheit der transsilvanischen Natur, als der Bericht für eine dringende aktuelle Meldung unterbrochen wurde. Ein Nachrichtensprecher, der beunruhigend nervös wirkte, las mit zitternden Händen von einem Blatt ab: »Wir unterbrechen die laufende Sendung für eine wichtige Meldung vom Wetterdienst. Es handelt sich um eine Katastrophenwarnung für den Großraum Bindburg. Auf die Region und die Stadt selbst kommt ein gewaltiger Orkan zu. Laut Meteorologen nähert sich der Sturm rasant aus Richtung Südost und wird Bindburg schon in den nächsten Stunden erreichen. Alle Bewohner von Bindburg und den umliegenden Ortschaften werden aufgefordert, sich in Sicherheit zu bringen und entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Wir haben dazu eine Hotline geschaltet. Die Nummer lautet ...«
    »MIHAI!!!« Elvira wirbelte herum, als wäre sie der Orkan höchstpersönlich.
    Mihai, der gerade mit geschlossenen Augen über die geheimnisvollen transsilvanischen Nächte sang, riss die Augen auf und verstummte.
    Oma Zezci richtete sich mit einem Ruck auf, woraufhin das rohe Steak von ihrer Stirn rutschte und in Mihais Katzenklo fiel.
    »Ein Sturm! Ein Orkan! Eine Katastrophe!«, stotterte Elvira und zeigte auf den Bildschirm.
    Mihai und Oma Zezci warfen einen Blick auf den Fernseher und hörten dem Nachrichtensprecher zu, der die Katastrophenwarnung gerade wiederholte. Dann sahen sie wieder in Elviras Gesicht und was sie dort sahen, war pure Angst. Sie erfassten die Situation sofort. »DIE KINDER!«, riefen sie gleichzeitig. Ein Orkan näherte sich der Stadt und Silvania und Daka hingen hilflos in Lamadecken eingewickelt herum.
    »Wir müssen sie abhängen!«, rief Elvira.
    »Rapedadi!«, stimmte ihr Mihai zu.
    »Worauf warten wir noch? Fliegen wir los!«, rief Oma Zezci, sprang von der Couch und stürmte mit geballter Faust und ausgestrecktem Arm zur Terrassentür, an der sie erst vor Kurzem von außen geklebt hatte. Doch als sie die Tür erreicht hatte, blieb sie auf einmal stehen. »Fumpfs!«, sagte sie leise.
    »Was ist?«, fragte Mihai, der ihr sofort mit wehendem Umhang gefolgt war.
    Oma Zezci biss sich auf die Unterlippe. Sie schielte ihren Sohn ängstlich an. Dann ihre Schwiegertochter. »Es gibt da ein kleines Problem.«
    »Ja?« Elvira Tepes blinzelte nervös.
    »Ich ... ähm ...« Oma Zezci lockerte die Fliege um ihren Hals, als bekäme sie nicht genügend Luft zum Atmen. »Ich weiß leider nicht mehr, wo ich sie hingehängt

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