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Bissgeschick um Mitternacht

Titel: Bissgeschick um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
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zurückreichen, hat sich noch nie ein Orkan mit solcher Geschwindigkeit aus dem Nichts entwickelt. Sicher ist laut Experten aus dem Wetterstudio bisher nur, dass der Orkan schon eine kleine Reise mit mehreren Richtungswechseln hinter sich hat und seinen Ursprung nicht im Südosten, sondern weit im Norden hat, vermutlich über einer kleinen Insel namens Stumpbjergen, die im arktischen Ozean nördlich des Polarkreises liegt. Die Meteorologen vermuten, dass ...«
    Doch was die Meteorologen vermuteten, hörte Zezcilia Morta Dentiba Tepes bereits nicht mehr. Es war ihr auch vollkommen egal, was die Meteorologen vermuteten. Denn Oma Zezci hatte ihre eigene Vermutung, seit der Name der Insel im arktischen Ozean gefallen war. »Hoiczeka!«, rief sie, was so viel hieß wie »ich hab's!«.
    Mihai und Elvira fuhren herum und sahen Oma Zezci erwartungsvoll an. »Dir ist wieder eingefallen, wo du Silvania und Daka aufgehängt hast?«, fragte Elvira.
    »Nein. Keine Ahnung, wo die beiden baumeln. Aber ich weiß, wie wir den Orkan aufhalten können«, sagte Zezcilia Morta Dentiba Tepes.
    Mihai sah seine Mutter besorgt an. »Den Orkan aufhalten?«
    »Jawohl. Ich werde mich ins Auge des Orkans stürzen und meine Enkelinnen retten!« Oma Zezci wandte sich zur Terrassentür.
    »Ich lasse dich nicht alleine fliegen. Ich komme mit«, sagte Mihai.
    Elvira wurde so blass wie der Teppich im Wohnzimmer.

Im Auge des Orkans
    Z ezcilia Morta Dentiba Tepes und Mihai Sanguro Furio Tepes hoben vom Dach des Reihenhauses im Lindenweg Nummer 23 ab und schossen wie zwei Raketen in den dunkelblauen Nachthimmel.
    Elvira Tepes sah ihnen aus der Dachluke heraus besorgt nach. Kaum hatte ihre Schwiegermutter vor wenigen Minuten angekündigt, sich ins Auge des Orkans zu stürzen, um ihn aufzuhalten, und ihr Mann sich sofort bereit erklärt, sich anzuschließen, hatte sie beide angefleht, vernünftig zu sein. Sie waren Vampire – das schon. Aber sie waren doch keine Supervampire. Es war milde gesagt größenwahnsinnig und weniger milde gesagt einfach völlig plemplem, einen Orkan aufhalten zu wollen.
    Dann aber hatte Oma Zezci behauptet, sie würde die Ursache des Orkans kennen. Das Auge des Orkans wären genau genommen zwei Augen beziehungsweise ein ganzer, ausgewachsener, extrem bissiger Vampir. Ein nordischer Vampyr namens Blodtørst, mit dem Oma Zezci alle 250 Jahre Poker spielte. Offenbar war er nicht nur extrem bissig, sondern auch extrem sauer, weil Oma Zezci ihn beim Pokerspiel betrogen hatte.
    Elvira verstand zwar immer noch nicht so recht, was ein Orkan mit einem pokerspielenden Vampir aus dem Norden zu tun haben sollte, und sie war alles andere als überzeugt – aber was blieb ihnen anderes übrig? Um die ganze Stadt nach Silvania und Daka abzusuchen, war es schon zu spät, wenn der Orkan wie vom Wetterdienst angekündigt in einer Stunde hier war. Elvira konnte nicht mehr tun, als ihrem Mann und ihrer Schwiegermutter viel Glück und guten Flug zu wünschen.
    Während Elvira die Dachluke schloss und langsam die Treppe nach unten zurück ins Haus stieg, schraubten sich Oma Zezci und Mihai immer höher in den Himmel. Superman wäre vor Neid die Schmalzlocke ausgefallen. Binnen Sekunden hatten sie eine Fluggeschwindigkeit von 480 Kilometern pro Stunde und eine Flughöhe von 2 300 Metern erreicht.
    »Dort!«, sagte Mihai und zeigte auf eine riesengroße, rotierende Wolke, die sich schwarzgrau vom dunkelblauen Nachthimmel abhob. Sie bewegte sich rasant auf die Stadt Bindburg zu, die unter ihnen lag.
    Oma Zezci visierte die dunkle Wolke mit ihren blutroten Augen an. »Wir müssen ihn aufhalten. Und koste es uns unser ewig währendes Leben.« Sie holte eine alte, große Flugbrille aus der Rocktasche und setzte sie auf.
    Der Orkan hatte auf seiner langen Reise aus Stumpbjergen einiges aufgewirbelt und mit sich geschleift. Auch Mihai schützte seine Augen vor den Partikeln, die in der schwarzgrauen Wolke tosten. Er zog an seinem Schnauzer und klappte die Lakritzkringel nach oben über seine Augen. Der Bart war so dicht, dass ihm nichts in die Augen fliegen konnte, aber auch durchlässig genug, dass er ungefähr sehen konnte, wohin er flog. Er nickte seiner Mutter zu. Er war bereit.
    Oma Zezci nickte ebenfalls. »Krawallen!«, rief sie und stürzte mit ausgestreckter Faust kopfüber auf den Orkan zu, dicht gefolgt von Mihai.
    Die beiden Vampire schossen in die rotierende Wolke und wurden von ihr verschluckt wie von einem schwarzen Loch. Um sie herum tobte

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