Bissgeschick um Mitternacht
betrügerische, heimtückische Pokerspielerin samt ihren Lieben zerstören würde. Blodtørst hätte gerne noch stundenlang solch beglückenden Rachegedanken nachgehangen. Doch bevor der Herrscher des Orkans wusste, wie ihm geschah, war es zu spät.
Zezcilia Morta Dentiba Tepes schoss links an ihm vorbei wie ein Silvesterknaller, Mihai Tepes rechts. Der richtige Knaller kam jedoch erst noch. Das war das Netz zwischen den beiden in der Mitte. Es gab einen kräftigen Ruck, als sich Blodtørst darin verfing. Oma Zezci wäre das Netz beinahe aus den Händen gerutscht und Mihai fürchtete, es würde reißen.
Doch das Zahnseidennetz war feinste Handarbeit. Es hielt alles, was sich einmal darin verfing. Dirk van Kombast wäre stolz gewesen. Da sich die ganze Szene aber in ungefähr 4 000 Meter Höhe abspielte, konnte er leider nicht anwesend und Zeuge des ultimativen Qualitätstests seiner Vampirfalle sein.
Blodtørst stieß aus der Tiefe seines bis an den Rand mit Wut gefüllten Bauchs einen dröhnenden Schrei aus, von dem Mihai Tepes' Schnauzer wackelte. Der gigantische nordische Vampyr versuchte, sich mit aller Kraft aus dem Netz zu befreien. Er trat um sich, stieß mit den Fäusten nach den Angreifern und schüttelte wild den Kopf, sodass ihm der Helm über die Augen rutschte und sich seine langen roten Zöpfe in der Zahnseide verfingen.
Blodtørst war kräftiger als Oma Zezci und Mihai Tepes zusammen. Er war größer als Oma Zezci und Mihai. Und wahrscheinlich war er auch ein besserer Flieger als Zezcilia und Mihai. Trotzdem war er ihnen unterlegen. Denn Oma Zezci und Mihai Tepes hatten etwas, was der nordische Vampyr nicht hatte. Sie hatten den unbändigen Willen, Silvania und Daka zu retten. Dieser Wille war so stark, er machte sie so zäh und kräftig, dass es ihnen gelang, das Zahnseidennetz immer enger um Blodtørst zu ziehen. Bald konnte er nicht mehr treten, dann nicht mehr mit den Armen fuchteln und schließlich konnte er noch nicht einmal mehr den Kopf bewegen. Sie hatten das Netz blitzschnell und mit ganzer Kraft festgezurrt und Blodtørst verschnürt wie eine Teppichrolle.
Natürlich – wenn er ihnen als Teppichwurst entkommen wollte, konnte er immer noch flopsen. Aber fliegen oder einen Orkan heraufbeschwören konnte er nicht mehr. Und das war im Moment die Hauptsache.
Harmonie auf
dem Hochhaus
D as Gebäude, in dem der Wetterdienst untergebracht war, hatte 25 Stockwerke. In der obersten Etage befanden sich ein kleines Café und ein Besprechungsraum. Im Café war alles dunkel. Wer nach 19 Uhr noch ein Getränk oder etwas zu essen wollte, musste sich an einem der Automaten oder aus seiner mitgebrachten Brotbüchse bedienen. Der Besprechungsraum jedoch war hell erleuchtet. Um einen großen runden Holztisch hatten sich 15 Meteorologen versammelt. Es waren die führendsten Meteorologen des Landes. Sie hatten sich zu so später Stunde eingefunden, um sich über den Stand, die Ursache und die neusten Erkenntnisse über den herannahenden Orkan auszutauschen.
Sie ahnten nicht, dass die Ursache des Orkans nur ungefähr fünf Meter über ihnen lag. Gut verschnürt noch dazu. Oma Zezci und Mihai hatten beschlossen, sich mit der nordischen Teppichwurst niederzulassen und alles in Ruhe zu besprechen. Die grauschwarze Wolke hatte sich schon aufgelöst, kurz nachdem sie das Netz um Blodtørst festgezurrt hatten. Der Orkan, der wie aus dem Nichts entstanden war, war von einem Moment auf den anderen in den unendlichen Weiten des Alls verschwunden.
Blodtørsts Wut jedoch nicht.
»Das wirst du mir büßen, Zezcilia Morta Dentiba Tepes!«, brüllte er so laut er konnte, obwohl die Ansprechpartnerin für derartige Beschwerden direkt neben ihm stand und nicht schwerhörig war. »Erst betrügst du beim Pokern und dann überfällst du mich zusammen mit deinem schnauzbärtigen Sohn mit einem widerwärtigen Netz aus dem Hinterhalt.« Hätte Blodtørst sich nicht so aufgeregt und all seine Kraft zusammengenommen, hätte er sich wahrscheinlich ganz alleine aus dem Zahnseidennetz befreien können. Allerdings hatten sich seine Zöpfe im Netz verfangen und wenn Blodtørst eins hasste, dann, wenn etwas in seinen Haaren ziepte. Er war verdammt stolz auf seine langen, feurig roten Haare und der Verlust jedes einzelnen schmerzte ihn unendlich. Aus dem Grund band er die Zöpfe auch mit Möwenfedern und nicht mit ziependen Haargummis zusammen und benutzte als Spülung den äußerst schwer zu erhaltenden Löwenspeichelextrakt, der
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