Bissige Spiele (German Edition)
der Spalten am Fuße des Stammes war viel größer als die anderen, einem Eingangstor gleich, und augenblicklich setzte sich der Hirsch weiter in Bewegung, ging hindurch. Wir auch. Sara harkte sich nach Sicherheit suchend unter, ihre Finger versuchten sich in meinen Oberarm zu krallen. Es gelang ihr. Nicht nur, dass meine Haut insgesamt menschlicher wurde, mein Körper hatte seit dem Moment, in dem wir in den Luftraum eingetreten waren, angefangen, seine Transparenz zu zeigen. Meine Adern schienen zu erblühen, je näher wir dem Stamm kamen und beim Eintritt in seine Pforte leuchtete mein ganzer Körper mit seinen violett farbigen Schlangen.
Jeder Schritt war für mich unter diesen Bedingungen schwerer, denn ich hatte mich doch in den letzten Monaten mit meiner Natur als Vampir und seinen Besonderheiten nicht nur abgefunden. Ich hatte mich lieben gelernt und dies war wohl nun der letzte Schliff, den mir dieser Weg verpassen wollte.
Ich war zutiefst dankbar, auch im körperlichen Bereich herausgefordert zu werden, meine Selbstliebe überströmen zu lassen und meine Blutschlangen, die lediglich das menschliche Blut transportierten, in diesem Akt anzuerkennen. Vielleicht konnte ich während der Transparenz sogar genauer erkennen, wie viel Blut tatsächlich in meine Venen schoss. Mit dieser Erkenntnis konnte ich Frieden mit meiner Transparenz finden, ja sogar Dankbarkeit.
Alles ist möglich, durchfuhr es mich plötzlich. Es ist möglich, dass dies alles einen Sinn hatte, von Anfang bis zum Ende. Von der Themse bis zu diesem Baum. Einfach alles! In Millisekunden fuhren mir die Bilder der letzten Monate wie ein Zucken durch meinen Geist und erhellten und begeisterten mein Innerstes auf eine schier ergreifende Art und Weise. Bislang hatte ich wenig Dankbarkeit in meiner Zeit auf diesem Planeten erfahren. Weder als Mensch, noch als Vampir. Mehr dulden, als nehmen, was ist. Keine Reflexion meiner Selbst, keine Resonanz auf bestimmte Ereignisse. Pure Nüchternheit. Eben so, wie es die Natur der Vampire verdient hatte. Wir alle hatten diese gefühllose Welt verdient, durch unsere Undankbarkeit, Ignoranz und Ablehnung der Welt und der Liebe gegenüber. Als Opfer des Universums empfunden. Nicht in der Lage, eigene Entscheidungen treffen zu können, Selbstverantwortung zu übernehmen oder den Weg selbst bestimmen zu können. Sich selbst verloren oder nie gefunden, sich abgelehnt, nichts akzeptiert.
Wohin hatte es mich geführt?
In diese Welt! In den Weg der Erkenntnis! In die Einsicht, sich selbst zu respektieren, für sich zu sorgen und alles um sich herum, wach und in Stille wahrzunehmen. Nicht zu bewerten! Nicht zu zerstören! Nicht verändern zu wollen! Nur zu korrigieren und weiterzugehen.
Mut zu haben, war damals schwer für mich. Als Mensch. Heute brauchte ich keinen. Heute war alles klar. Weil ICH klar war. Und wusste, dass es keinen anderen Weg gab, als der Liebe zu folgen, auch wenn sie mir den Tod oder ein Zwischenstadium bringen würde.
Dankbar und voller Erwartung nahm ich imaginär einen tiefen Atemzug, um mich dem Menschsein wieder anzunähern und schritt voller Entschlossenheit durch die Pforte.
Das gleißende Licht durchflutete meinen Körper, ließ ihn wie eine Transformation in orange und violett leuchten, belebte meine Zellen, als würden sie vom Licht aktiviert werden. Und genau so war es auch. Die Wärme und das Licht brannten wie die Sonne selbst auf meinen Körper und durchdrangen meine Körperzellen, brachten sie zum Pulsieren, Wandern, Bewegen, kettenreaktionsartig sprang der Funken der Energie von einem Punkt zum anderen, steckte ihn an, belebte und fuhr fort mit seiner Ansteckung.
Sara sah mich vollkommen überrascht und zugleich begeistert an. Ihre Augen strotzten vor Stolz und überschwänglicher Liebe, bis sie selbst erkannte, auch ihr eigener Körper hatte angefangen zu glühen, nur dass ihrer alles andere als zweifarbig war.
Auch Saras Zellen wurden von der Lichtenergie aufgeladen, verwandelten ihren Körper in ein einzigartiges Kunstwerk. Das Herz blutrot, die Nieren burgundrot, die Lungen safrangelb, die Leber nussbraun, die winzigen Fetteilchen, die Saras Körper überhaupt aufwiesen, schwammen wie orange Fische durch ihre Bahnen, der Magen zitronengelb bis apfelgrün sprühte seine Magenflüssigkeit sternenförmig in alle Richtungen, ihr Darm wirkte beinahe bläulich, warum auch immer und ihre Adern pulsierten purpur wie meine, durch jedes Körperteil.
Eine Perfektion! Ein
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