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Bitte Einzelzimmer mit Bad

Bitte Einzelzimmer mit Bad

Titel: Bitte Einzelzimmer mit Bad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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im Koffer haben. Du wirst also ganz schön aus dem Rahmen fallen.«
    Diese Aussicht beeindruckte Lilo nicht im geringsten. Enrico würde selbstverständlich einen Smoking tragen, und es war nur zu begreiflich, daß auch sie entsprechend angezogen sein mußte. Leider besaß sie keinen passenden Schmuck, aber vielleicht konnte sie Enrico noch davon überzeugen, daß die Perlenkette, die sie in einem Geschäft auf der Promenade entdeckt hatte, das richtige Accessoire zu dem rosafarbenen Chiffonkleid wäre. Mattschimmernde Perlen auf gebräunter Haut – das klang direkt nach Klatschspalte und High-Society, denn dazu durfte sich Enrico durchaus zählen. Zumindest hier in Verenzi und der unmittelbaren Umgebung, wo die Auswahl an Prominenz nicht sehr groß war und im wesentlichen aus dem örtlichen Kommunistenführer, zwei Bischöfen und der geschiedenen Gattin eines Perückenfabrikanten bestand. Zu deren fünfzigstem Geburtstag war sogar ein offizieller Glückwunsch der italienischen Regierung gekommen, vermutlich der Fürsprache des kommunistischen Abgeordneten zu verdanken, aber solche Beziehungen mußte man ja auch erst einmal haben! Jedenfalls würde sie, Lilo, schon dafür sorgen, daß die Feste in der Villa Verucci in Zukunft auch zu den gesellschaftlichen Höhepunkten der Saison zählten.
    »Hast du eine Ahnung, wo wir möglichst billig drei dekorative Geschenke herkriegen?« Auf Karstens Einfälle wollte Tinchen sich nicht unbedingt verlassen. »Florian besteht darauf, daß wir eine Miß Schmetterling küren, und da ist es obligatorisch, der betreffenden Dame etwas zur bleibenden Erinnerung zu überreichen, wobei ich einen aufgespießten Zitronenfalter für angebracht hielte. Ich glaube nur nicht, daß ich mit diesem Vorschlag durchkomme.«
    »Vielleicht gibt es Schmetterlinge als Modeschmuck. Das wäre doch dekorativ genug.«
    »Manchmal hast du direkt einen Geistesblitz! Wenn er bloß nicht so teuer wäre.«
    »Laß doch auch mal deine Beziehungen spielen«, riet Lilo. »Warum fragst du nicht Klaus Brandt? Bei dem bekommst du das Zeug doch zum Einkaufspreis. Oder ist es aus zwischen euch?«
    Tinchen wurde rot. »Da ist nie etwas gewesen. Wir sind nur gute Bekannte.«
    »Platonische Freundschaft also?« nickte Lilo verstehend. »Halb Loano behauptet allerdings, es sei keine.«
    »Woher willst ausgerechnet du das wissen? Du weißt ja nicht mal, was Freundschaft auf italienisch heißt!« entgegnete Tinchen patzig.
    »Relazione.«
    »Irrtum, das heißt Verhältnis!« korrigierte Tinchen, »aber bei dir ist das vermutlich ein und dasselbe!«
    Lilo zog es vor, keine Antwort zu geben. Es wurde ohnedies höchste Zeit für die Anprobe, und sie war froh, die ›Röhre‹ verlassen zu können. Tinchens angeblicher Humor wurde beißend wie ein Laserstrahl.
    Einen Augenblick zögerte Tinchen, bevor sie zum Telefon griff, aber dann fiel ihr ein, daß sie Brandt offiziell zu dem Sommerfest einladen und so ganz nebenbei fragen konnte, ob er ihr bei der Auswahl der Geschenke helfen würde.
    Er war selbst am Apparat. Selbstverständlich habe er am Nachmittag Zeit, für sie immer, und ob es nicht etwas früher gehe, dann könnten sie doch zusammen essen, das hätten sie schon so lange nicht mehr getan. Ach so, sie habe noch in der Druckerei zu tun wegen der Plakate, das verstehe er natürlich, dann werde man eben abends essen gehen. Aha, den Abend habe sie ihrem Bruder versprochen. Minigolf? Danke für die Einladung, aber dafür habe er nun gar nichts übrig. So so, Karsten reise am Montag wieder ab. Herr Bender auch? Fahren zusammen? Nun ja, das sei zweifellos auch bequemer. Dann bleibe es also bei vierzehn Uhr? Vor dem Lido? Sehr schön, er werde pünktlich sein. Bis dann also. Ciao.
    Nachdenklich legte sie den Hörer wieder auf. Eigenartig, daß es überhaupt nicht mehr kribbelte, wenn sie mit Brandt telefonierte. Dabei mochte sie ihn nach wie vor, bewunderte seine Selbstsicherheit, seine Intelligenz, seinen Humor – aber irgend etwas fehlte, das schon einmal dagewesen war. Damals, auf der Klippe, und erst recht in Corsenna. Verliebt? Nein, Tinchen war nicht verliebt, oder wenn doch, dann nur ein ganz kleines bißchen, und zwar in Florian. Für mehr reichte es nicht, und für Klaus reichte es
noch
nicht. Es wurde wirklich Zeit, daß Florian endlich zurückfuhr. Wenn man fortwährend Gelegenheit hat, zwei Männer miteinander zu vergleichen, bleibt von keinem genug übrig, um den anderen auszustechen. Das Leben war entsetzlich

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