Bitte nicht füttern: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
ihr nachgetan.
»Ich verstecke mich, du fängst ihn ab«, bestimmte Linda, als sie die Ställe erreicht hatten.
»Und was soll ich ihm sagen?«, fragte Inez verunsichert.
»Dass ich nicht da bin!« Linda drückte ihrer Schwester die Zügel in die Hand und preschte davon.
»Und dann?«
»Frag ihn, ob er mit dir ausreiten will!«
Mittagszeit in Quinn.
Diana Noble, Fernsehschauspielerin und darum Mitglied der Lokalprominenz, platzte ins Cockleshell Inn, marschierte schnurstracks an der Rezeption vorbei in die Bar, pflanzte ihre stolzen Einsfünfundsechzig auf einen der Hocker und verteilte ihre Einkaufstüten um sich herum auf dem Boden.
»Ich brauche Kuchen. Und zwar sofort!«, herrschte sie Monty hinter dem Tresen an.
»Ich freu mich auch, dich zu sehen, Diana.« Monty zwinkerte.
Diana lächelte verlegen und sah Monty verzweifelt an. Der machte auf dem Absatz kehrt, schnappte Blech und Löffel und verschwand in die Küche, um Dianas Wunsch zu erfüllen.
Er wusste selbst, wie das war, wenn man ganz dringend hier und jetzt Zucker brauchte. Und er hätte ihr ganz bestimmt etwas von dem Schokoladendessert angeboten. Wenn er es nicht schon komplett aufgegessen hätte.
Monty war mit einem Stoffwechsel gesegnet, der es ihm erlaubte, dreimal täglich sein Körpergewicht in Form von Kuchen zu verdrücken, ohne auch nur ein Gramm zuzunehmen.
Diana dagegen musste nur mal an einem Stück Schokolade riechen und hatte sofort ein Kilo mehr auf den Hüften. Heute brauchte sie den Kuchen aber genauso wie die Luft zum Atmen.
Und Monty handelte dankenswerterweise schnell.
Sekunden später tauchte er mit einem großen Stück von Rorys Tod-durch-Schokolade-Kuchen auf und Diana stürzte sich darauf wie eine Ertrinkende auf einen Rettungsring.
Die Leute sahen sich schon nach ihr um, doch ihr war das egal, sie schaufelte und schaufelte Kuchen in sich hinein. Sie war es gewöhnt, dass die Leute sie anstarrten. Manche guckten neugierig, andere freundlich, wieder andere regelrecht aufdringlich. Manchmal wurde sie auch angesprochen, wenn jemand ein Foto mit ihr machen oder ein Autogramm haben wollte. In der Regel spielte sie mit. Schließlich hatte sie es sich selbst ausgesucht.
So lange sie denken konnte, war Diana schon Schauspielerin.
Ihre erste Fernsehrolle hatte sie mit zehn, als sie nach ihrem Auftritt bei einem Schultheaterstück für eine ziemlich bekannte Endlos-Soap engagiert wurde. Da mimte sie die verlorene Tochter der liebenswerten Schlampe vom Dienst. Dann war sie eine Zeit lang die pubertierende bebrillte Nervensäge in einer Prime-Time-Comedy, dann die große Krankenschwester mit dem großen Herzen in einem Prime-Time-Drama. Und je umfangreicher die Rollen wurden, desto umfangreicher wurde leider auch Diana. Essen war ihr einziger Trost in dieser wankelmütigen Welt voll Heuchelei und falscher Freunde.
Und jetzt, da sie älter und beleibter wurde, flatterten die Angebote seltener ins Haus und die interessanten Rollen gingen an jüngere, spannendere Frauen.
Wie so vieles andere auch, dachte sie bitter und fasste in die Manteltasche, um sicherzugehen, dass der Umschlag noch da war.
Kaum hatte sie sich den letzten Bissen Schokoladenkuchen in den Mund geschoben, ließ sie auch schon die Gabel auf den Teller klirren und winkte Monty zu.
»Noch ein Stück!«, schmatzte sie und schubste den leeren Teller kräftig an, sodass er den Tresen entlang bis zu Monty rutschte.
Das zweite Stück Kuchen servierte ihr dann allerdings Rory. Monty hatte ihm nämlich gesteckt, dass Diana wild entschlossen war, sich an der rumhaltigen Glasur zu berauschen.
Rory und Diana waren schon seit ein paar Jahren befreundet. Bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung waren sie sich begegnet, obwohl sie eigentlich beide einen großen Bogen um solcherart Glamour-Events machten. Aber wenn es denn für einen guten Zweck war ...
Beim Galadinner saßen sie nebeneinander.
Und schwelgten beide in sieben himmlischen Gängen.
Rory war leidenschaftlicher Koch, Diana leidenschaftliche Esserin.
Dass sie Freunde werden würden, war vorprogrammiert.
Zwar trennten sie fast zwanzig Jahre, aber sie hatten ganz ähnliche Ansichten über das Leben und die Liebe, und vor allem den gleichen schrägen Humor.
Vor einem Jahr war Diana nach Quinn gezogen, und die fußläufige Nähe zu Rory hatte sie gerettet. Inzwischen gingen sie zusammen durch dick und dünn.
»Du siehst so aus, wie ich mich fühle«, merkte er vorsichtig an.
»Ach? Du hättest also gute
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