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Bitteres Geheimnis

Bitteres Geheimnis

Titel: Bitteres Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Bilder vorgegaukelt. Sie war überhaupt nicht vorbereitet auf diese kleine, rundliche Frau Mitte Vierzig, deren Haarfarbe undefinierbar war und die kein Make-up trug. Die Geliebte ihres Vaters war so unscheinbar und reizlos wie das Haus, in dem sie wohnte.
    »Komm mit rein, Kind. Ich mache uns Kaffee.«
    Sie führte Mary aus dem kleinen Flur in ihr Wohnzimmer. Auf den ersten Blick war Mary fast entsetzt. Alte, und etwas schäbige Möbel, von denen kein Stück zum anderen paßte. Ein schwarz lackiertes Bücherregal voller Taschenbücher und alter Zeitschriften; ein moderner heller Holztisch skandinavischen Stils vor einer durchgesessenen Couch. Der Fernsehapparat war in einem Walnußschränkchen mit spindeldünnen Füßen untergebracht. Über dem Sofa hing ein Druck mit einer Waldlandschaft in einem Rahmen von Woolworth, und auf dem Tisch stand eine Obstschale mit Plastikfrüchten.
    Mary fühlte sich unbehaglich. Das alles entsprach überhaupt nicht ihren Erwartungen. Das aufgedonnerte Flittchen im schwülen Liebesnest, an dem sie ihren Zorn und ihre Wut hatte auslassen wollen, gab es nicht.
    »Der Kaffee wird gleich fertig sein«, sagte Gloria, aus der Küche zurückkommend. »Komm, gib mir deine Jacke.«
    »Nein danke, ich behalte sie lieber an.« Mary zog die Jacke enger um sich.
    »Okay. Willst du dich nicht setzen?«
    Nachdem Gloria in dem Sessel neben dem Bücherregal Platz genommen hatte, setzte sich Mary in den Fernsehsessel daneben und fand ihn, beinahe zu ihrem Ärger, sehr bequem.
    »Schieb die Armlehnen zurück, Kind.«
    Der Sessel kippte ein wenig nach rückwärts, und die gepolsterte Fußstütze hob sich.
    »Besser so? Ich weiß, als ich mit meinem ersten Kind schwanger war, waren meine Füße immer so geschwollen, daß sie mir wie Blei am Körper hingen.«
    Mary blickte auf ihre Füße, die unförmig über die Ränder ihrer Ballerinas quollen.
    »Weißt du, was da guttut? Ein heißes Fußbad mit >Epsomer Bittersalz<. Das weiß ich aus Erfahrung. Und viel Spargel essen, der treibt.«
    Mary starrte auf ihre Füße und vermied es beharrlich, Gloria Renfrow anzusehen. Es war sehr still im Zimmer. Einmal machte Gloria eine Bemerkung über das Wetter, meinte, dieser kalte Wind sei ein sicheres Zeichen für einen harten Winter, dann schwieg sie wieder.
    Ein schrilles Pfeifen ließ Mary zusammenfahren. Gloria sprang auf. »Das Wasser kocht.« Sie eilte zur Küche. An der Tür blieb sie stehen und drehte sich um. »Oder möchtest du lieber eine Tasse Tee?«
    Mary nickte und starrte weiter auf ihre Füße, während sie den Geräuschen lauschte, die aus der Küche zu ihr ins Zimmer drangen.
    Nach einigen Minuten kam Gloria mit einem Tablett zurück, auf dem zwei dampfende Tassen, ein Milchkännchen, eine Zuckerdose und ein Teller mit aufgeschnittenem Sandkuchen standen. Sie stellte das Tablett auf einen kleinen Klapptisch, den sie zwischen die beiden Sessel trug, darin hockte sie sich auf die Armlehne ihres Sessels und goß Milch in ihren Tee. »Nimmst du Zucker, Mary? Oder trinkst du ihn auch lieber mit Milch wie die Engländer?«
    Mary wandte den Blick von ihren Füßen und richtete ihn auf die Tasse. »Zwei Stück Zucker bitte«, sagte sie, während sie Gloria Renfrows Hände betrachtete, die rot und rauh waren.
    Gloria schob die Tasse zu Mary hinüber und legte ein Stück Kuchen auf eine Papierserviette daneben. Dann ließ sie sich in ihren Sessel sinken und trank von ihrem Tee.
    Mary wartete einen Moment, dann nahm auch sie ihre Tasse und trank.
    »Und wie weit bist du jetzt?« fragte Gloria.
    Mary mußte sich räuspern. »Im sechsten Monat.«
    Gloria lächelte. »Gratuliere. Da hast du ja gar nicht mehr lang.« Mary beobachtete die Frau mißtrauisch.
    »Ich habe selbst vier Kinder zur Welt gebracht«, fuhr Gloria fort. »Der Älteste ist jetzt Rechtsanwalt in Seattle. Der zweite ist in Mississippi bei der Air Force. Der dritte studiert an der Universität von Kalifornien in Santa Barbara. Der vierte ist tot. Er starb mit drei Jahren an Leukämie.«
    »Das tut mir leid«, sagte Mary.
    »Ja. Es war schlimm damals.« Glorias Lächeln wurde wehmütig. »Hast du schon einen Namen für deine Tochter?«
    Mary erstarrte. »Hat - hat mein Vater Ihnen gesagt, daß es ein Mädchen wird?«
    »Er hat mir alles erzählt, Kind. Ich verfolge die Geschichte der Mary Ann McFarland seit Juni wie einen Fortsetzungsroman.«
    Mary warf ihr einen empörten Blick zu, sah aber nur ein Lächeln freundlicher Erheiterung auf dem

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