Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bitteres Geheimnis

Bitteres Geheimnis

Titel: Bitteres Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
Vom Netzwerk:
jetzt ließ sich der nebelhafte Gedanke nicht greifen. Voller Angst vor sich selbst und abgestoßen von dem, was sie argwöhnte, sagte Germaine unglücklich: »In Wirklichkeit, Mary, hab ich - hab ich überhaupt noch nie irgendwas mit einem Jungen getan ...«
    Mary fühlte sich erhitzt und ein wenig schwindlig. Wäre sie nüchtern gewesen, so hätte sie vielleicht den Sinn hinter den Worten der Freundin erfaßt und hätte es Germaine ersparen können, etwas erklären zu müssen, was sie selbst nicht verstand. Aber Mary trank Wein und fühlte sich leicht und durchsichtig und hörte nur das, was ausgesprochen wurde. Sie betrachtete Germaines langes schwarzes Haar, auf dem das Kerzenlicht glänzte. Sie hätte es gern berührt, die seidige Weichheit gefühlt ...
    »Na ja«, sagte Germaine mit einem tiefen Seufzer, »jetzt weißt du's. Jetzt weißt du mein tiefstes finsterstes Geheimnis.«
    Mary lachte ein wenig. »Ich bin froh, daß du's mir gesagt hast.«
    Germaine lächelte, aber ihre Augen waren traurig. »Es ist wirklich albern, wenn wir beide Geheimnisse voreinander haben, findest du nicht? Wo wir uns doch so nah sind.«
    Sie sah Mary an. »Mary -«
    »Hm?«
    »Warum erzählst du's mir nicht? Du weißt schon.«
    Mit geschlossenen Augen fragte Mary: »Wovon redest du?«
    »Ach, du weißt doch. Wie war's? Ich mein, wie du's getan hast?« Mary riß die Augen auf und hob mit einem Ruck den Kopf.
    »Ich versteh nicht, was du meinst?«
    »Ich möchte wissen, ob's dir Spaß gemacht hat, Mary - mit einem Jungen zu schlafen.«
    Eine Verzweiflung überkam Mary wie an jenem Abend, als sie die Rasierklingen ihres Vaters aus dem Badeschränkchen genommen hatte. Alle Weinseligkeit verflog.
    »Germaine, ich hab dir gesagt, wie ich zu der Schwangerschaft gekommen bin.«
    Die Stimme der Freundin war hart. »Ja, ja, ich weiß schon. Aber mir kannst du doch die Wahrheit sagen. Lieber Gott, Jungfernzeugung! Du hast's mit Mike getan, stimmt's? Du hast es mit ihm getan. Wie war's?«
    Mary krallte die Finger in das Polster und sagte mühsam beherrscht: »Germaine, ich habe dir die Wahrheit gesagt. Das Kind hat sich ganz von selbst entwickelt. Darum wird es ja auch ein Mädchen. Ich hab dir doch alles erklärt. Und du hast gesagt, daß du mir glaubst. Ich hab nie was mit einem Jungen getan. Schon gar nicht mit Mike.«
    Die Stimme der Freundin erreichte sie wie aus weiter Ferne. »Mary, sei mir nicht böse, aber ich hab dir doch auch die Wahrheit über Rudy gesagt, und die weiß sonst kein Mensch. Sogar meine Mutter glaubt, daß es ihn gibt. Du bist die einzige, die die Wahrheit weiß.« Germaine sprach hastig und atemlos. »Ich weiß, was du Dr. Wade erzählt hast, und ich bin sicher, er glaubt dir. Und dein Priester und deine Eltern - die glauben dir auch. Aber Mary, mir kannst du doch die Wahrheit sagen. Du weißt doch, daß ich's nie weitererzählen würde. Du kannst dich drauf verlassen, daß es unter uns bleiben würde. Genau wie das mit Rudy. Hey, Mary!« Germaine faßte Mary beim Arm. »Komm, sei ehrlich. Du hast's mit Mike getan.«
    Schreckliche Enttäuschung stieg in Mary auf. »O Gott«, stieß sie hervor.
    »Mary!«
    Sie schüttelte Germaines Hand ab und setzte sich auf, schwang die Beine vom Sofa und stand auf.
    »Mary, warte doch! Es tut mir leid. Ich wollte nicht -«
    Aber sie ließ sich nicht aufhalten. Sie rannte durch den dunklen Flur zur Haustür und hinaus ins Freie.
    Sie hatte nur einen Wunsch - mit ihrem Vater zu sprechen, ihm alles zu erzählen, sich von ihm trösten zu lassen. Aber sie konnte nicht warten, bis er nach Hause kam; sie mußte sofort zu ihm. Und es war Mittwoch.
    Sie wußte, wo sie ihn finden konnte.
    Mary stellte den Wagen auf dem Parkplatz des Fitnessklubs ab und ging ohne Zögern in das Gebäude, um ihren Vater herausholen zu lassen. Sie war überzeugt, er würde auf der Stelle alles stehen und liegen lassen, sich anziehen und zu ihr kommen.
    Mit dem, was sie von dem Mann am Empfang zu hören bekam, hatte sie überhaupt nicht gerechnet.
    »Mr. McFarland war nicht mehr hier, seit seine Mitgliedschaft abgelaufen ist. Das muß jetzt so zwei, drei Jahre her sein.«
    Sie war wie vor den Kopf geschlagen. »Sind Sie sicher?«
    »Vollkommen, Miss.«
    »Wissen Sie vielleicht, ob er in ein anderes Fitnessstudio geht?«
    »Keine Ahnung, leider.«
    Fünf Minuten später saß sie wieder im Wagen. Ziellos fuhr sie durch die Straßen. Die Neonlichter auf dem Ventura Boulevard und den nächtlichen Verkehr um sich

Weitere Kostenlose Bücher