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Bitteres Geheimnis

Bitteres Geheimnis

Titel: Bitteres Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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dort gewesen.«
    Ted holte einmal tief Atem. »Das stimmt.«
    »Ich war so durcheinander«, fuhr sie fort, »und da bin ich einfach rumgefahren. Ich war in der Etiwanda Avenue «
    »Ach Gott«, flüsterte er.
    »Es war nur Zufall. Ich hab dich nicht gesucht. Ich war so deprimiert und hatte niemanden, mit dem ich reden konnte, und da bin ich einfach rumgefahren. Daddy, wer ist Gloria Renfrow?«
    Er ließ sich in die Sofapolster fallen und neigte den Kopf nach rückwärts. »Was soll ich dir sagen, Kätzchen?« fragte er, den Blick zur Decke gerichtet.
    »Sag mir, daß sie eine Klientin ist, Daddy, und daß du nur heute abend ausnahmsweise dort warst. Daß du sonst jeden Mittwoch zum Sport gehst, nur eben in einen anderen Klub, und daß du vergessen hast, uns das zu sagen. Sag's mir, Daddy, dann glaube ich es.«
    Er hob langsam den Kopf in die Höhe und sah Mary tieftraurig an. »Ich werde dich nicht belügen, Kätzchen. Dazu achte ich dich zu sehr.«
    »Daddy, bitte!« Die Tränen schossen ihr in die Augen. »Bitte sag, daß sie nur eine Klientin ist.«
    »Aber du weißt doch schon, daß das nicht stimmt«, entgegnete er.
    »Wie konntest du, Daddy?« Die Tränen rannen ihr über das Gesicht.
    »Mary, können wir ruhig miteinander sprechen?« fragte er leise.
    »Was gibt's denn da noch zu sprechen?«
    »Du willst nicht mit mir reden?«
    »Daddy, wie konntest du Mutter das antun?«
    »Was genau«, sagte er müde, »tue ich deiner Mutter denn an?«
    Er fühlte sich plötzlich sehr alt.
    »Es ist gemein, Daddy. Und so schmutzig. Von dir hätte ich so was nie erwartet.«
    »Von mir?« Er lachte kurz auf. »Wofür hältst du mich denn, Mary? Für den heiligen Franz von Assisi? Ich bin ein ganz gewöhnlicher Mensch, Mary.«
    »Aber warum, Daddy? Warum tust du so was?«
    »Warum?« Er breitete hilflos die Hände aus und schüttelte den Kopf. »Ich glaube, das kann ich dir nicht erklären. Ich glaube, ich weiß es selbst nicht.«
    »Was ist das für eine Frau?«
    »Eine Freundin.«
    »Kennst du sie schon lange?«
    »Seit fast sieben Jahren.«
    Mary starrte ihren Vater mit aufgerissenen Augen an. »Du gehst seit sieben Jahren zu ihr?«
    Er nickte.
    »Daddy!« Sie drückte beide Hände auf den Mund.
    Er streckte die Arme nach ihr aus, aber sie war schon aufgesprungen.
    »Mir ist schlecht«, keuchte sie. »Ich muß mich übergeben!«
    »Mary « Ted sprang ebenfalls auf. »Mary, bitte, verachte mich nicht.«
    Aber sie war schon hinausgelaufen.
    Sie behauptete, sie müsse unbedingt in die Bibliothek, darum lieh ihr Lucille ihren Wagen.
    Mary wußte nicht, warum, aber es war ihr ungeheuer wichtig, gut auszusehen. Sie zog ihr hübschestes Umstandskleid an und bürstete ihr Haar, bis es glänzte. Sie hätte nicht sagen können, warum sie diese Frau aufsuchen mußte; sie wußte nur, daß sie irgend etwas unternehmen mußte. Sie und ihr Vater hatten seit zwei Tagen kein Wort mehr miteinander gewechselt. Sie konnte nichts essen, sie fühlte sich einsam und im Stich gelassen. Es war Zeit, daß sie etwas unternahm.
    Eine ganze Weile blieb sie im Wagen sitzen und betrachtete das häßliche kleine Haus, während sie sich vorzustellen versuchte, wie er sieben Jahre lang jeden Mittwoch hierher gekommen war. Sie wünschte, es wäre ein Palast gewesen, damit sie ihren Vater hätte besser verstehen können.
    Dann stieg sie doch aus dem Wagen, ging am Briefkasten vorbei, stieg die kurze Treppe zur Haustür hinauf und läutete.

18

    Der beißende Wind riß an ihren Kleidern, als wollte er sie forttragen. Mary zog die dicke Wolljacke fester um sich und schob, nachdem sie geläutet hatte, die Hände in die Ärmel. Sie fühlte sich häßlich, dick und plump, mit angeschwollenen Füßen und zerzaustem Haar, und hoffte, entgegen ihrer Neugier, dieser Frau von Angesicht zu Angesicht gegenüberzutreten, die Tür würde sich nicht öffnen.
    Aber sie öffnete sich. Warmes Licht strömte in die Dunkelheit und umriß die Gestalt der Frau an der Tür. Mary blinzelte.
    »Mrs. Renfrow?« sagte sie zaghaft.
    Die Frau hatte eine tiefe, rauchige Stimme. »Du bist sicher Mary. Komm herein. Mein Gott, ist das ein Sturm!«
    Mary trat ein, die Tür schloß sich hinter ihr, das Heulen des Windes wurde leise und gedämpft.
    »Woher wissen Sie, wer ich bin?« fragte sie.
    »Ted hat mir von neulich abend erzählt. Ich dachte mir, daß du vorbeikommen würdest.«
    Mary war enttäuscht von Gloria Renfrow, ja, sie fühlte sich betrogen. Ihre Phantasie hatte ihr ganz andere

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