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BitterSueß

BitterSueß

Titel: BitterSueß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Ippensen
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weinte, als sie die Ohrfeige bekam, sondern dass sie etwas anderes zu empfinden schien, faszinierte mich.
    So war das: Alpha abgestoßen, ich erregt.
    Verdammt, ich musste krank sein. Die Kassenfrau des Frauencafés Weibernest saß hier und fühlte sich wie elektrisiert von einer einzigen Sequenz in einem Trivialfilm …
    Ich seufzte, schwieg und schaltete um.
    Aus purem Trotz jedoch begann ich nun doch vom Projekt zu reden. Und auch ACW kam in meinen Schilderungen vor. Ich beschrieb – auf möglichst witzige Weise – die Sache mit der Ablage.
    Da unterbrach mich Alpha, die schon zuvor mit den Augen gerollt hatte: »Nee, hör auf! Boah, dass du dir das gefallen lässt …! Hör mal: Wenn du wieder mit dem Kerl zu tun hast, dann stell ihn dir einfach nackt und wichsend vor dem Hotelspiegel vor!«
    Genau das wollte ich NICHT tun. Sie meinte es gut, aber ihrem Rat zu folgen, hieße den eigenartigen dunklen Zauber zu zerstören, der sich zwischen mir und ACW entsponnen hatte. Und ich war gerade dabei gewesen, mich heranzutasten und zu versuchen, zu erklären, was da so Sonderbares in mir vorging …
    Abermals seufzte ich tief fand die »Space Night« auf Bayern 3, hypnotisch schöne Bilder der Erde, aus dem Weltraum gesehen, mit meditativer Musik unterlegt, und das gefiel uns beiden.
    Alphas rechte Hand umschloss meine linke – sie spürte wohl etwas von meiner inneren Ratlosigkeit. Ich erwiderte den Druck ihrer Finger. Doch seltsam, die alte vertraute Nähe wollte sich dennoch nicht wieder einstellen.
7. November 2002
    Schon wieder ein neuer Chef beim Projekt. So eine Art menschliche Abrissbirne, den Eindruck macht er jedenfalls – wenn er lächelt, verzieht sich bloß sein Mund, die Augen bleiben anthrazitfarbene Eisknöpfe. Als er sich vorstellte, musterte er uns alle – mich nur flüchtig, klar, ich bin ja nur die Sekretärin – so, als würde in seinem Kopf eine Rechenmaschine rattern.
    Beim Stichwort »Rechenmaschine« fällt mir ein, dass Alpha mich neulich herausgefordert hat, Gehaltserhöhung zu verlangen. Wir waren im »Weibernest« wieder mehrmals aneinandergerasselt wegen meines Jobs, und nachdem sie mir zur Abwechslung endlich auch mal zugehört hatte, war sie schweigsam geworden und hatte dann ganz offensichtlich recherchiert und sich Kenntnisse verschafft über die Möglichkeiten eines Freelancers.
    Von mir aus hätte ich wohl kaum an so etwas gedacht. 30 Euro Stundenlohn fand ich für eine Sekretärin sehr ordentlich, auch wenn ich dafür mein studentisches Gewerbe aufrechterhalten und mühsame Buchhaltung machen musste, mit Umsatzsteuer abführen und dergleichen.
    Aber Alpha hatte eine Art, mich regelrecht aufzustacheln, meinen Ehrgeiz und meine Lust an mutigen Unternehmungen anzuregen, so dass ich schließlich, nach längerem Wortwechsel, schon fast dazu bereit war es zu versuchen.
    Den Ausschlag gab letztlich ein sehr kluges Argument meiner anarchischen Freundin: »Hör mal, du hast mir doch erzählt, dass Euerm Kunden viel mehr Geld in Rechnung gestellt wird für die Stunden, die ihr da leistet … also viel mehr als ihr bekommt! So als wäre QUASI eine Art Zeitarbeitsfirma …«
    Ich nickte. »Ja. Fakturieren nennt man das. Einer meiner Chefs kriegt zum Beispiel 75 Euro oder so, wird aber mit 150 Euro fakturiert.«
    Alpha: »Und was ist mit dir?«
    Ich: »Als ich mal danach fragte, haben die hohen Herren gelacht und gemeint, ich würde überhaupt nicht fakturiert.«
    »Und das glaubst du?«
    Ich zuckte die Achseln.
    »Könntest du es herauskriegen?«
    »Klar. Die Sekretärin kriegt alles raus, wenn sie sich nur ein bisschen Mühe gibt.«
    Da hatte ich den Mund reichlich voll genommen – Alpha grinste mich natürlich an, und nun gab’s kein Zurück mehr. Um ehrlich zu sein, reizte es mich ja auch. Ich mag ja im Brotberuf Sekretärin sein, aber ich sehe mich auch als emanzipiert und als toughe Feministin. Manchmal jedenfalls. He, immerhin bin ich die verdammte Kassenfrau vom Weibernest!
    Werde ich bei QUASI fakturiert oder nicht? Die hohen Herren hatten gelacht. Ja, so richtig gönnerhaft, von oben herab – sie gaben mir zu verstehen, ich sei so eine Art Haustier oder knapp über der Putzfrau stehend … Wenn ich mich daran zurückerinnerte, quoll allmähliche Wut in mir hoch wie ein träger Lavastrom. Ich neige nicht zu cholerischem Verhalten. Zorn braucht bei mir Zeit, bis er alle hemmenden Gefühlsschleusen durchlaufen hat.
    Solcherart motiviert, war es tatsächlich ein Kinderspiel, an die

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