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BitterSueß

BitterSueß

Titel: BitterSueß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Ippensen
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schon lange anvertrauen.«
    »Aber die Dseid war noch nit reif«, nickte Marie-Louise, und ihre Stimme klang weich.
    »Richtig. Und obwohl ich mich drauf vorbereitet habe, auf dieses Gespräch, ist mein Kopf jetzt leer. Oder vielmehr voll: mit all dem Steffi-Geschrei über pervers und krank und abartig und so.«
    Ich bemühte mich, Augenkontakt mit Marie-Louise zu halten, war darauf gefasst, in ihrem Gesicht nun doch leisen Abscheu oder so etwas zu sehen; zwar hatte sie mich vorhin verteidigt, aber vielleicht ja nur so prinzipiell. Hatte keine Ahnung, wie weit ihre Toleranz ging.
    Marie-Louise schaute mich weiterhin aufmerksam an. »Dann lass mich dir ’elfen«, meinte sie freundlich.
    »Du mir?«
    »Was ich dsu Steffi sagte, dadsu stehe isch. Je t’accepte, ma chère. So wie du bist. Tu es masochiste et submissive, stimmts?«
    Ich weiß nicht, aber auf Französisch klingen diese Begriffe viel, viel schöner. Romantisch und geheimnisvoll.
    »Und isch ’ab es schon lange geahnt. Fand es aber rischtig, dir Freiraum dsu geben und dsu warten, bis du kommst dsu mir und nit vice versa.«
    Boah, was war ich erleichtert!
    Voller Dankbarkeit umarmte ich Marie-Louise, und sie drückte mich auch ganz fest.
30. Juni 2003
    Ein wirklich sehr warm beginnender Sommer.
    Es ist schon wieder einiges passiert in den letzten zweieinhalb Wochen. Ich musste mich zuerst nur sortieren, ehe ich mich jetzt mal wieder ans Tagebuchschreiben machen kann.
    Also der Reihe nach (das kommt doch immer gut!):
    Ich war in einer seltsamen Stimmung vor zwei Wochen; einiges hatte sich angehäuft.
    Wie ich schon mal erwähnte, konnte ich die Sache mit dem idiotischen »Rudi« ziemlich locker wegstecken; und schon kurz darauf lernte ich Gernot kennen. Ein Bodybuilder Typ, der entschieden zu oft »Belle de Jour« gesehen hatte. Genügt eigentlich schon fast, oder? In seiner Gegenwart fühlte ich mich bis ins Mark hinein entblößt, aber nicht auf eine Weise, die mich erregt oder auch nur im Mindesten angetörnt hätte.
    Angeberisch und im Ganzen auch reichlich plump trug er seinen perfekten Körper und sein röntgenstrahlendes Hyperlächeln zur Schau, und wann immer es mir gelang, mal ein bisschen Abstand zu seiner einschüchternden, ja mich fast plattwalzenden Art und Weise zu gewinnen, dachte ich verärgert: Meine Güte, welche Frau hat keinen kleinen Makel, einen Schönheitsfleck, Pickel, die eine oder andere Narbe, also eine Spur des Lebens …? (Meinen Körper zierten zum Beispiel ein paar Aknenarben, am Rücken)
    Schon immer hatte mich genau die Szene in »Belle de Jour« total aufgeregt und wütend gemacht: Wo der Kerl, mit seinem silbrigen grässlichen Haifischgebiss, der auch ansonsten eher daneben aussieht, den winzigen Leberfleck auf Catherine Deneuves wunderschönem Rücken ansieht und sie deshalb abweist!
    Bei diesem unerträglichen Gernot, der auf der Suche nach seiner gigamakellosen megaperfekten Traumsub war, schaffte ich es immerhin mal, ihm ein Stück von der Wahrheit zu sagen: »Klar, dein Körper ist toll in Form, aber du bist total geistlos und hast nicht eine Spur von Humor oder Empathie!«
    Und damit stand ich auf und ließ ihn im Café sitzen
    Eine Weile war ich richtig stolz auf mich, wie ich den Kerl abserviert hatte.
    Als wollte das Universum mir einen Ausgleich dafür schaffen (»gib nicht auf«, raunte die samtdunkle SM-Stimme mir freundlich zu), traf ich nur zehn Tage später einen Burschen namens Adam. Ende 30, angenehme Umgangsformen, ein Anwalt, der gute Anwaltswitze kannte, hatte seine Dominanz schon zehn Jahre zuvor entdeckt, und ich fing schon an mich zu entspannen und meine anfängliche Scheu und Distanz zu verlieren, da geschah folgendes:
    »Und was ist denn dein Lieblingsfilm?«, fragte ich Adam, darauf gefasst, dass er »Philadelphia« sagen würde (hätte ich aber okay gefunden, ist ja auch ein prima Streifen).
    Er erwiderte mein Lächeln ganz herzlich, bevor sein Blick aber plötzlich abirrte und er sagte: »Du, entschuldige, ich muss mal eben für kleine Doms.«
    »Klar doch«, grinste ich.
    Und weg war er.
    Hm.
    Ich saß da und blätterte müßig in Zeitschriften; ich betrachtete die anderen Gäste in dem hübschen gläsernen Pavillon, aus dem dieses Café bestand … Ich trank meinen Cappuccino aus. Ich zog mein Handy heraus und checkte meine SMS.
    Fing schon an mich zu fragen, ob mein neuer Bekannter vielleicht einen Anfall von Diarrhoe erlitten hatte (wodurch? War der Kaffee hier etwa mit irgendwelchen

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