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BitterSueß

BitterSueß

Titel: BitterSueß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Ippensen
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Marie-Louise meine Einkäufe gesehen hätte, das wäre mir sogar recht gewesen. Vielleicht hatte ich sie unbewusst sogar deshalb dort gelassen, damit die sympathische Französin, die mittlerweile meine beste Freundin war, sie fand.
    Aber dass Steffi in meinen Sachen rumgeschnüffelt hatte …
    »Dieses … dieses eklige perverse Zeug gehört dir, stimmts?«, brüllte Steffi und ich machte keinen Versuch, das abzustreiten. Ich enthielt mich auch blöder Bemerkungen wie »Es ist nicht so wie es aussieht …«
    Und doch fühlte ich mich wie am Pranger, und zwar real. Wie nackt ausgezogen ohne es zu wollen, ohne Lust zu verspüren. Jetzt erfuhr ich zum ersten Mal, wie ein unfreiwilliges »Geoutet-werden« vor einem Menschen war, der unserer Subkultur offenbar eine eher ablehnende Haltung einnahm, vorsichtig formuliert.
    Nur mit Abstand kann ich so darüber schreiben … in jenem Moment schnürte mir Steffis Auftritt die Kehle zu.
    Auf dem Tisch lagen eine braune Reitgerte, zwei Analstöpsel in Rot und Schwarz, ein Paar Handschellen und zwei Ausgaben von HIEBFEST, zugegeben, mit ZIEMLICH provokanten Coverbildern. Das eine zeigte eine nackte, goldfarben schimmernde Frau mit gesenktem Kopf und einem Lächeln, die in Ketten gelegt war; das andere eine Domina in Lederdress und hohen Stiefeln, die eine andere Frau im knappen Harness auf allen Vieren laufen ließ und sie an Leine und Halsband hielt.
    »Das ist doch einfach nur krank und abscheulich!«, ereiferte sich die Theologiestudentin. »DU bist krank – psychisch total daneben! Du gehörst dringend in Therapie, Janet – ich merk ja schon lange, mit dir stimmt was nicht, und das hier ist der Beweis! Das ist einfach das Letzte, wie kann eine Frau in unserer aufgeklärten Zeit sich mit so’nem gewaltverherrlichenden Porno-Mist auch nur im entferntesten abgeben! Es gibt doch Behandlungen, es gibt Ärzte, du musst davon geheilt werden!«
    Jetzt rang sie sogar die Hände und starrte mich weiter an, als sei ich eine Mischung aus dem schleimigen Monster aus der Lagune und einem weiblichen Charles Manson. Und noch etwas war in ihrem wild flackernden Blick: schlammiges Mitleid, klebrig, vermischt mit Verachtung, und DARAUF vor allem hätte ich gut und gern verzichtet – das war wie Säure. Als ein bemitleidenswertes OPFER wollte ich auf keinen Fall in ihren Augen dastehen – dann schon lieber als das Lagunenmonster.
    Ich hatte aber in den Sekunden nicht die geringste Ahnung, wie ich dagegenhalten, mich wehren, was ich unternehmen sollte. Es war Marie-Louise, die mich rettete!
    In gewohnt temperamentvoller Manier betrat sie unsere Wohnküche und erfasste die Lage mit einem Blick. Natürlich hatte sie auch gehört, was Steffi mir an den Kopf schmiss.
    Sie konnte außerdem sehen, dass ich zitterte und blutrot geworden war.
    Steffi wandte sich ihr sofort zu und rief: »Gell, da stimmst du mir doch wohl zu, Marie, dass Janet sofort in die Geschlossene muss! So eine können wir hier doch nicht dulden, das ist voll abartig! Ich finde …«
    »Steffi –ÇA SUFFIT.«
    Marie-Louises schöne dunkelblaue Augen blitzten die hagere Studentin voller Zorn an. »Du bist voller Vorurteile, und DAS dulde ich auf gar keinen Fall. Jamais! Du fällst ’ier über Jeanette ’er wie der MOB – ohne ihr eine windsige Chance zu geben – sag mal, ’ast du völlig den Verstand verloren?!«
    »WER – ICH?«, kreischte Steffi, abermals ausflippend. Sie wurde totenbleich, denn damit hatte sie nicht gerechnet.
    »Ja – siehst du denn das alles hier nicht, Marie?! Das ist doch …«
    »… Jeanettes Spielart von Erotik, Steffi. Und du ’ast keine Ahnung, worüber du dich da so aufregst. Entschuldige disch bei Jeanette oder verlasse die WG immédiatement. Du ’ast die Wahl.«
    Zum ersten Mal erlebte ich Steffi da sprachlos, und das war ein verdammt gutes Erlebnis.
    Sie verschwand unter kindischem Türenknallen, und wir wussten, dass wir sie los waren. Wir konnten ab jetzt ihre Zeit stoppen, die sie brauchte, um ihren Kram zu packen und abzuhauen – einen Großteil ließ sie später durch Freunde abholen. Sie blieb sprachlos – kein Abschiedswort für eine von uns, gar nichts. Ein Verhalten wie Alpha, ging es mir durch den Kopf.
    Doch ich greife vor – als Marie-Louise und ich zu zweit am Küchentisch zurückgeblieben waren, räusperte ich mich und stammelte hastig: »Also das klingt jetzt total idiotisch, aber … aber ähm … genau jetzt wollte ich dir DAS über mich erzählen, ich wollts dir

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