Bittersueße Liebe
Die Klamotten hatte ein anderer Obdachloser an, in der Perücke hatte dessen Hund geschlafen und von der Sonnenbrille fehlte jede Spur. Brauchbare Fingerabdrücke waren auch keine sichergestellt worden, dafür hatten zu viele Leute das Paket in der Hand. An der Ratte selbst war auch nichts Brauchbares. Jemand hatte ihr mit einem Teppichmesser die Bauchdecke geöffnet, Todesursache war Verbluten. Die Polizei konnte ihr also leider nicht weiterhelfen, aber die Kommissarin betonte, dass Kassandra sie sofort informieren sollte, wenn etwas Ungewöhnliches passierte. Enttäuscht steckte Kassandra das Handy wieder weg. Sie hatte mehr erwartet. Außerdem war sie sich jetzt nicht mehr so sicher, ob es wirklich nur ein schlechter Scherz gewesen war. Dafür hatte sich Mister X einfach zu viel Mühe gegeben. Die Sache mit Marks Auto war ihr auch nicht geheuer. Ein komischer Zufall, dass erst jemand ihr eine tote Ratte schickte und nur ein paar Stunden später ruinierte jemand Marks Wagen. Kassandra schaute sich nervös um. Eigentlich lief sie gerne draußen herum, aber heute fühlte sie sich unwohl. Ständig sah sie sich um, ob ihr jemand folgte. Sie versuchte sich zwar einzureden, dass alles ok sei, aber sie spürte ein unangenehmes Kribbeln im Nacken, das einfach nicht wieder verschwinden wollte. Also gab sie nach einer halben Stunde das Spazierengehen auf und kehrte ins Hotel zurück.
Nach einer weiteren erfolglosen halben Stunde klappte Kassandra ihr Notebook entnervt zu, ließ sich aufs Bett fallen und schaltete den Fernseher ein. Nichts Interessantes. Also ließ sie sich von Dokumentationen berieseln. Tierwanderungen zur Paarungszeit, was für ein superspannendes Thema. Kassandra war gerade am Einschlafen, da klingelte ihr Handy. Mark.
„Na du, wie kommst du voran? Geht’s dir gut?“, fragte er fröhlich.
„Ach, ich hab soweit alle Szenen überarbeitet. Aber jetzt hab ich die totale Schreibblockade! Ich würde so gerne die Abschiedsszene zwischen Illona und Chronos schreiben, aber nicht ein einziger Satz für den Dialog kommt in meinen Kopf! Ich hab’s auch schon mit Spazierengehen versucht, aber mich lässt die blöde Drohung nicht los. Draußen Rumlaufen macht mir Angst“, machte sie ihrem Unmut Luft. Erst herrschte am anderen Ende der Leitung Schweigen.
„Magst du Rosen?“, fragte Mark nach einer Weile. Kassandra war verwirrt. Wie kam er denn jetzt da drauf?
„Ähm, wer mag Rosen denn nicht? Rosen sind toll!“, antwortete sie.
„Gut, dann hab ich eine Idee, wie ich dir helfen kann! Zieh dich an Kessi, ich hol dich in einer Stunde ab. Du bist doch im Hotel, oder?“
„Ja, bin ich. Ich hab zwar keine Ahnung, was du vorhast, aber ok. Dann bin ich in einer Stunde unten in der Halle. Mit Notebook natürlich!“
Als Mark sie abholte, rechnete Kassandra mit einem Taxi, dass draußen auf sie warten würde. Stattdessen ging Mark zu einem schwarzen Porsche 911, der mitten auf dem Gehweg geparkt hatte.
„Das ist aber kein BMW Z3“, sagte sie erstaunt. Mark ging zur Beifahrerseite und hielt ihr die Tür auf.
„Den hab ich gemietet. Hab mich gestern noch auf Facebook drüber beschwert, dass jemand meinen Wagen ruiniert hat. Einer meinte, ich kann mir doch einfach ne coole Karre mieten. Da dachte ich mir, warum eigentlich nicht?“ Kassandra grinste und stieg ein.
„Siehst, ich hab dir doch gesagt, mit den Leuten zu kommunizieren macht Spaß“, sagte sie, als er auch eingestiegen war.
„Hast mich überzeugt. Der größte Vorteil ist übrigens, dass man bei der Art von Kommunikation keine Kopfschmerzen von kreischenden Fans bekommt!“, stellte er fest, ließ den Motor aufheulen und ordnete sich verdammt knapp zwischen zwei anderen Wagen ein. Der hintere kommentierte das Ganze mit einem kräftigen Schlag auf die Hupe.
„Wohin fahren wir eigentlich?“, fragte Kassandra, während Mark am Radio herumdrehte.
„Du hast mir mal erzählt, dass du gerne in Parks schreibst. Es ist zwar kein Park, wo ich mit dir hin will, aber es kommt nah ran. Ich find’s sogar noch viel schöner. Ich glaub, es wird dir gefallen. Ist auch nicht weit, da vorn an der Kreuzung rechts, dann sind wir schon fast da!“
„Na gut, dann lass ich mich mal überraschen.“
„Hast du deinen MP3 Player auch dabei? Den brauch ich auch“, fragte er nach. Kassandra wühlte in ihrer Handtasche herum.
„Ja, hier. Inklusive Datenkabel sogar. Also langsam bin ich echt sehr neugierig“, gab sie zu. Da parkte Mark den Wagen auch
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