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Bittersüßes 7. Jahr

Bittersüßes 7. Jahr

Titel: Bittersüßes 7. Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und man rutscht aus. Und das Geschenk wäscht einen seelisch rein. Je größer, um so gründlicher. Denken die Ehemänner.
    Peter Sacher ging über den Boulevard Haussmann und sah sich die Schaufensterauslagen an. Vor einem Juwelierladen blieb er stehen und starrte fasziniert auf ein Collier aus Gold und blutroten Rubinen. Es lag auf einer schwarzen Samtpuppe und funkelte. Wie untergehende Sonnen leuchteten die Rubine. Der Preis, in diskret kleinen Ziffern, war wahnsinnig.
    Schon immer hatte sich Sabine ein Collier gewünscht, dachte Peter Sacher. Zwar nicht solch ein wertvolles, aber wenn sie ihr Abendkleid trug, fehlte wirklich etwas um ihren weißen, schönen Hals.
    Lange stand er vor dem Schaufenster. Ihm gegenüber, hinter der seidenen Gardine, die die Fenster vom Laden trennte, stand der Juwelier und beobachtete ihn. Er schätzte ihn ab, kein Franzose, das war sicher. Auch kein Engländer oder Amerikaner. Vielleicht ein Schwede, ein Schweizer, ein Holländer, schlimmstenfalls ein Deutscher. Man würde auf Barzahlung bestehen müssen.
    Ein Mann, der seine Frau betrogen hat, obgleich er sie liebt, ist für weitere Torheiten prädestiniert. Das muß irgendwie mit einem seelischen Schock zusammenhängen. Hier hätten die Psychologen noch ein reiches Forschungsgebiet! Peter Sacher folgte jedenfalls dem uralten Drang der Wiedergutmachung und betrat den Laden. Vorher hatte er seine Reisekasse durchgerechnet. Ihm blieb noch so viel, daß er nach Nizza fahren konnte.
    Der Kauf war schnell getätigt. Die Barzahlung verscheuchte alle unangenehmen Gedanken des Juweliers. Er packte das Collier in einen roten Samtkasten, verschnürte und versiegelte das Paket im Beisein Peters, zählte dreimal die Geldscheine, sah, daß es keine Fälschungen waren, und geleitete Peter zufrieden bis vor die Tür.
    Etwas benommen stieg Peter Sacher wieder in eine Taxe und ließ sich zurück zum Gare d'Orléans fahren. Auf den Knien lag ein Vermögen. Für Sabine, die er mit Yvonne, für seine Frau, die er wegen eines dummen Experimentes, obgleich er sie liebte, sechs Wochen lang … Er wischte sich über das Gesicht. Wie idiotisch wir uns benehmen, dachte er zum ungezählten Male. Wenn ich wüßte, daß Sabine mich nicht für einen Schwächling hält, würde ich zu ihr nach Borkum fahren, statt nach Nizza. Ich würde sie in die Arme nehmen und – Aber ebensogut kann sie mich ansehen, als sei sie tief beleidigt, und fragen: »Was machst du denn hier? Nicht einmal in den Ferien hat man Ruhe vor dir! Übrigens, in der Halle des Hotels steht ein Fernsehgerät. Heute abend gibt's eine Revue. Viel Vergnügen.«
    Mit einem Rubincollier in der Tasche und wahnsinniger Sehnsucht nach Sabine fuhr Peter Sacher nach Nizza.
    Durch seinen Juwelenkauf hatte er den Frühzug verpaßt. Der Mittagszug war von der Sonne ausgeglüht. Peter zog seine Jacke aus, krempelte die Hemdsärmel hoch und las in einigen Buntprospekten der Riviera, bis der Zug anruckte und aus dem Backofen der Bahnhofshalle rauschte.
    Die herrliche Provence erlebte er im Abendrot. Die Weingärten sahen aus, als habe man sie mit Rotwein übergossen. In Avignon wurde der Zug auf ein totes Gleis geschoben und blieb die Nacht über stehen.
    Peter kaufte von einem Bahnhofshändler einige Kekse, Käse und eine kleine Flasche Wein, aß dies als Abendmahlzeit und zog dann die Sitze heraus, um zu schlafen.
    Mit dem rechten Arm als Kopfkissen schlief er ein. Unter seinem Kopf lag die Aktentasche mit dem Rubinschmuck. Vorher hatte er die Abteiltür verriegelt und das Fenster kontrolliert. Es konnte von außen nicht geöffnet werden.
    Er träumte schrecklich. Sabine, im Traum, nahm das Collier, wog es in der Hand und sagte: »Du Schuft! Um mir das zu schenken, mußt du mich tausendmal betrogen haben!« und warf es ihm an den Kopf.
    Schweißgebadet wachte er auf. Der Zug fuhr durch das morgenhelle Südfrankreich, der Küste des Mittelmeeres entgegen. Zerschlagen ruckte Peter das Fenster hinunter und steckte den brummenden Schädel in die kalte Morgenluft. Der Zugwind blies ihm ins Gesicht, riß an seinen Haaren. Die ersten Pinien und Zypressen tauchten auf. Ab und zu schon eine Palme, windzerzaust. Ein Dichter würde sagen: Er roch schon das Meer.
    Durch Tunnel und Felsen ratterte der Zug. Peter wusch sich auf dem Zug-WC, rasierte sich elektrisch, ließ sich ein Kännchen Kaffee bringen und starrte hinaus auf die schon subtropisch werdende Landschaft.
    Dunst hing über den Weingärten und Felsendörfern.

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