Bittersweet Moon
Fingern und Lippen ab. Wir lachten und genossen
unbeschwert die Nähe zwischen uns, jetzt wo wir wussten, dass wir wie vom
Himmel noch mehr Zeit zur Verfügung geschenkt bekommen hatten. Er macht mich
von Augenblick zu Augenblick glücklicher!, stellte ich in meiner
berauschenden Verliebtheit fest. Ich küsste ihn überschwänglich, immer wieder,
ich konnte mich an Robins Lippen und seinem köstlichen Geschmack einfach nicht
satt küssen. Süchtig, ich bin süchtig nach seinen Küssen!, gestand ich
mir und küsste ihn noch mal. Wir leerten die komplette Eisschachtel. Robin
schaute zum Flügel, als wir die Löffel abgelegt hatten und ich satt von seinem
Schoß auf die Couch rutschte. "Können wir um die Zeit noch spielen?"
"Ja,
wenn es nicht ganz laut ist, die Nachbarn sind zum Glück sehr tolerant. Sie
ertragen auch nachts meine Musik, dafür muss ich ihre wilden Partys tolerieren.
Wir ergänzen uns ganz gut", erwiderte ich.
„Gut,
dann wollen wir mal“, verabschiedete sich Robin von mir mit einem Küsschen und
setzte sich an den Flügel. Leise Akkorde spielend schaute er sich um und zeigte
schließlich mit dem Kopf auf das große Portrait, das an der Wand hing: „Wer ist
das?“
"Das
ist Franz Liszt," antwortete ich.
"Aha,
der große Pianist."
"Ja,
er war der Größte. Der erste Superstar in der Geschichte der Musik. Er war ein
richtiger Magier auf dem Flügel und ein sehr attraktiver Mann dazu. Mit seinen
Auftritten löste er eine Massenhysterie aus, genannt Lisztomanie, ein Phänomen,
das bis dahin unbekannt war“, erklärte ich ihm mit Freude. „Die Frauen wurden
ohnmächtig bei seinen Konzerten, sie kreischten, rauften sich um seine
Handschuhe, die er immer absichtlich auf dem Flügel liegen ließ, sie sammelten
seine Zigarrenstummel wie kostbare Reliquien und hüteten sie in ihren Ausschnitten
und das Publikum trug ihn öfter auf den Händen bis zum Hotel. Er war ein großer
Womanizer und hatte unzählige Affären, wie ein waschechter Rockstar eben. Ich
würde sagen, er hat die Groupies erfunden“, lachte ich, als Robin einen
überraschten Gesichtsausdruck machte. „Abgesehen davon war er ein begnadeter
Komponist und hat viele unvergessliche Stücke geschrieben." Während ich
Robin so inbrünstig über Liszt erzählte, kam ich richtig ins Schwärmen und er
lächelte, als er das merkte.
"Wow,
wie cool, ich dachte die Klassiker waren alle langweilig und anständig. Das ist
ja hochinteressant", kommentierte er vergnügt.
"Liszt
ist mein Lieblingskomponist und mein Idol seit meiner Kindheit", erklärte
ich ihm ausführlicher meine große Leidenschaft für diesen Ausnahmekünstler.
"Hauptsächlich wegen ihm habe ich mich entschieden, Musikerin zu werden.
Seine Musik und seine Persönlichkeit haben mich unglaublich inspiriert und
beeinflusst. Er ist für mich in der klassischen Musik so was ähnliches, was du
in der Popmusik bist“, schmeichelte ich ihm und lächelte. Natürlich übertrieb
ich, aber in Robin war ich verliebt auf ähnliche Art wie in Liszt, der meine
erste Liebe war.
"Danke!
Das ist ein sehr schönes, aber unangemessenes Kompliment, das ich mit
Sicherheit nicht verdiene", erwiderte Robin mit einem aufrichtig
bescheidenen Lächeln. "Hat er auch Opern geschrieben?"
"Nein,
leider nicht, dafür aber viele wunderbare Lieder. Die sind teilweise unbekannt,
sie sind schwer zu singen und sind sehr emotional und auch dramatisch",
klärte ich ihn auf. “Nur wenige Sänger singen sie heutzutage, was ich sehr
schade finde, sie verdienen mehr Anerkennung“, fügte ich noch mit Bedauern zu.
"Wenn
das so ist, dann weißt du, was deine Aufgabe ist", blickte mich Robin
bedeutungsvoll an. "Bitte, sing mir was von ihm vor", äußerte er
unerwartet seinen Wunsch, sichtbar fasziniert von meiner nicht alltäglichen
Begeisterung für Liszt. Das tat ich gerne, ich schlug das Notenalbum auf und
reichte es ihm."Hier, das Lied heißt Oh! Quand je dors , du kannst
die englische Übersetzung lesen. Oh, when I sleep ist mein Lieblingslied
von Liszt." Robin machte mir Platz am Flügel und begab sich wieder zur
Couch, wo er lässig halbliegend Platz nahm und mich erwartungsvoll anschaute.
Leise begann ich zu spielen und zu singen, beflügelt und beseelt von den beiden
Männern, die ich in meinem Leben am meisten bewunderte und liebte. Es erschien
mir völlig abgefahren, dass ich gerade Robin meine große Leidenschaft für Liszt
offenbarte und dass er mich selber dazu gebracht hatte . Er entblätterte
mich immer
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