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Bittersweet Moon

Bittersweet Moon

Titel: Bittersweet Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Belin
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    " O
wenn ich träume,
    komm
und bleib' stehen an meinem Bett,
    berühre
meinen Mund mit deinem Atem...
    Dein
Blick erhebt sich über mein Gesicht wie ein Stern
    und
der dunkle Traum nimmt sein Ende...
    Küsse
meine Lippen, da wo ein flammender Blitz der Liebe flackert,
    von
Gott gesegnet, und werde vom Engel zur Frau...
    plötzlich
wird meine Seele erwachen...
    O
komm, o komm!
     
    Ich sang
nicht mit voller Lautstärke, und so wirkte die Musik noch zärtlicher und
sehnsuchtsvoller. Robin folgte dem Text und lauschte dem wunderschönen Lied.
Während ich sang, öffnete ich mein Herz noch weiter. Ich gab mich meinem Traum
völlig hin, ich scherte mich nicht um morgen und übermorgen, mein Glück befand
sich in diesem Augenblick und nur das zählte. Ich wollte noch nicht aufwachen,
ich wollte weiter träumen, bis ich ausgeträumt hatte. Mit leichtem Schaudern
wurde mir die Synchronizität dieses Liedes bewusst, das ich so liebte. Robin
war auch nur ein Traum, der sich verkörpert hatte, um sich anfassen zu lassen,
mich ganz zu berühren, mich zu erfüllen, mich durchzudringen und mich in meiner
neuerweckten Weiblichkeit bis zur Schmerzgrenze zu entflammen. Das, was Robin
in dieser Nacht in mir auslöste, war realer und echter als alles, was ich je
mit einem Mann erlebte, aber es war trotzdem immer noch ein Traum, nicht fähig
in der Wirklichkeit weiter zu bestehen... In dem Lied wurde allegorisch ein
Engel zur Frau und genauso transformierte sich meine unechte, unerreichbare
Traumgestalt Robin durch unsere wundersame Begegnung in einen realen Liebhaber,
in einen Mann aus Fleisch und Blut, für einige himmlische Liebesnächte, aber
nicht für die Realität... Liszt schaute prüfend zu mir, während ich sein Lied
benutzte, um den Mann zu beeindrucken, den ich auf wundervolle Weise herbei
geträumt hatte. Er würde mich verstehen. Als er vor mehr als hundertfünfzig
Jahren das Lied schrieb und damit von seiner großen Liebe Abschied nahm, wusste
er genau so wie ich jetzt, dass diese Liebe nur ein Traum und nicht für das
wahre Leben bestimmt war. Er wachte auf und verließ sie, bevor sie in einem
leidvollen Albtraum enden konnte. Dieser Schmerz wird mir zum Glück erspart
bleiben. Robin und ich haben nur diese kurze Begegnung geschenkt bekommen,
wir werden keinen Alltag miteinander erleben können. Vielleicht ist das ein
Segen, dachte ich , auch wenn der Gedanke an den baldigen Abschied
einen dunklen, langen Schatten über Robin warf.
    "O
komm, o komm!", sang ich noch einmal ergriffen und mit solcher Intensität,
dass ich die gesungenen Töne wie eine Verlängerung meiner Hände spürte, die
Robin sehnsuchtsvoll anfassten und zu mir zogen. Ich schloss meine Augen und
meine Finger blieben ruhig auf den Tasten liegen, bis die Musik völlig
ausgeklungen war. Robin näherte sich mir langsam und umarmte mich von hinten.
"Das war wunderschön, wie ein Zauber", flüsterte er gerührt. "Du
hast mir mit diesem Lied ein großes Geschenk gemacht. Ich werde es nie
vergessen."
    Beim
Spielen verrutschte mein Sweatshirt und Robin küsste mich auf meine entblößte
Schulter, die irgendwie verletzlich wirkte, genau so wie ich mich fühlte,
nachdem ich Robin noch das zweite Mal mit einem Lied meine Liebe gestand und
ihm endgültig und bedingungslos mein Herz schenkte. Danke , sagte ich zu
Liszt in meinem Geist, du bist mir eine große Hilfe gewesen! Ich zog
Robins Kopf zu mir und küsste ihn zärtlich. Seine Lippen schmeckten berauschend
köstlich. Nicht etwa, weil ich noch den süssen Geschmack vom Eis in meinem Mund
vernahm, sondern weil sie wie eine verbotene, sündhafte und vergiftete Frucht
waren, die mich in ein verzaubertes Paradies verführten, in die
Selbstvergessenheit, in das Verderben...
    "Bitte,
sing auch du für mich," verlangte ich leise von ihm.
    "Gerne.
Was möchtest du hören?", fragte Robin und erwiderte meinen Kuss, bevor ich
mich erhob und ihm den Flügel überließ. Das Lied, das ich ihm nannte, war eine
langsame, gefühlvolle Ballade. Ich wusste, für wen er sie geschrieben hatte,
aber das war mir in dieser Nacht egal, er sang das Lied nur für mich. Verträumt
lehnte ich mich an den Flügel und hörte ihm zu, wie er mit leiser, tiefer
Stimme sang. Seine schlanken Finger spielten vorsichtig die Harmonien dazu, als
ob er zärtlich die Klaviertasten streicheln würde. Jeden Ton, jede Silbe prägte
ich mir ein, um sie für immer lebendig zu behalten. Jeden Ausdruck auf seinem
schönen Gesicht, jede Bewegung

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