Bizarre Beziehungen - V 1.0
ausgestreckten Armen da. »Mein Liebling. Meine Lady 'Nrrc'kth! Du bist zu mir zurückgekehrt!«
Der Chaffri flog durch das Fenster der Maschine. Clive sprang beiseite, während sich Horace Hamilton Smythe auf den Chaffri warf und ihn wieder in den Käfig sperrte.
Hilflos eingepfercht in dem improvisierten Gefängnis wurde der überlistete Chaffri wild. In rasender Folge nahm er ein Dutzend Gestalten an. Federn, Tentakel, Schuppen, Panzer, Fell jagten ihm nacheinander über die Haut. Er jammerte durchdringend. Schreckliche Fänge und Klauen kratzten an der Innenseite des Gefängnisses.
Schließlich brach er in einer Ecke des Käfigs zusammen. Er rutschte, schmolz, zerfloß. Mit ein wenig Schuldgefühl wegen seines galligen Humors bemerkte Clive laut, daß der Chaffri aussähe wie verschütteter Pudding. Nur eines war deutlich erkennbar: Zwei Reihen großer Zähne, mit denen er vor Enttäuschung knirschte.
Die Maschine beschleunigte.
Draußen hatte sich Neville Folliot endlich zu einem Fenster hochgezogen. Der Apparat hatte von der Ebene abgehoben, bewegte sich jedoch nur wenig über Mannshöhe.
Clive beugte sich herab und sah seinem Bruder ins Gesicht. Neville war es unter Schmerzen gelungen, einen Arm zu heben und das metallene Geländer an einer Seite der Maschine zu packen. Aber Clive wurde auf der Stelle klar, daß Neville sich ohne Hilfe nicht in den Führerstand der Maschine ziehen konnte. Ohne fremde Hilfe müßte er irgendwann loslassen und fiele zurück auf die Ebene.
Die Maschine hob sich und beschleunigte immer rascher. Nevilles Füße hatten keine Berührung mehr mit dem Boden, und er klammerte sich verzweifelt an die Seite des Wagens. Immer höher stieg die Maschine, immer schneller bewegte sie sich.
Clive spähte auf das Grau herab und schätzte ab, wie hoch die Maschine gestiegen war. Wenn Neville jetzt herabfiele, würde das mit Sicherheit seinen Tod bedeuten.
Hunderte verschiedener Gefühle vermischten sich in Clive Folliot, Tausende von Erinnerungen flackerten über den Bildschirm seines Bewußtseins wie die Bilder einer Laterna magica. Neville, wie er ihm als Kind übel mitspielte und ihn terrorisierte. Neville, wie er ihn auf eine wilde Jagd quer durch Ostafrika führte. Neville, wie er aus dem Sarg zu steigen schien und Clive das rätselhafte Tagebuch anbot, das Clive während seiner Fahrt durch das Dungeon einigen Kummer bereitet hatte. Neville, wie er Clives Vertrauen wieder und wieder mißbrauchte. Neville, wie er die Ehre der Folliots verkaufte.
Clive mußte nur zulassen, daß Neville hinabstürzte, um ihn für immer loszuwerden. Von anderen Vorteilen abgesehen, könnte dieser Vorfall dazu führen, daß Clive den Titel eines Barons Tewkesbury erhielte. Neville hatte geheiratet und einen Sohn gezeugt, und jener Sohn hatte geheiratet und eine Tochter gezeugt, Anna Maria Folliot. Lebte Anna Marias Vater noch immer? Wenn ja, dann ginge der Titel der Tewkesburys nach Nevilles Tod auf ihn über; andernfalls auf Anna Maria. Clive war in der Erbfolge auf den dritten Rang zurückgerutscht. Aber Titel oder nicht - er konnte einfach nicht kalten Blutes zulassen, daß sein Bruder starb.
»Das tu ich nicht dir zuliebe, Neville«, brummte Clive unterdrückt. »Sondern wegen der netten kleinen Miß Minnie.«
Er reichte seinem Bruder die Hand und zog ihn in den Führer stand. Er besaß alle Rechtfertigung der Welt, Neville seinem Schicksal zu überlassen. Aber er konnte es einfach nicht.
Die beiden Brüder standen einander dicht gegenüber. Jeder wartete darauf, daß der andere etwas sagte. Schließlich meinte Neville: »Danke sehr, Clive.«
Ebenso steif erwiderte Clive: »Gern geschehen, Bruder.«
Neville überblickte die Lage im Führerstand der Maschine. Er spähte zurück auf die graue Ebene, wo der
Rest des Zugs noch immer stand. Er nickte, als hätte er ein schwieriges Problem durchdacht und wäre schließlich zu einem Ergebnis gekommen. Er sah Horace Hamilton Smythe eindringlich an, nickte dem Mann höflich zu; dann tat er das gleiche mit Sidi Bombay, und er wiederholte die Geste, diesmal rascher und oberflächlicher. Frankensteins Ungeheuer blickte er lediglich an; es hatte ihm die Sprache verschlagen, und er konnte kein Glied rühren.
Das Ungeheuer, bislang unbeweglich wie eine Statue, öffnete weit die Augen und hob die Hand gegen Neville. »Insekt, staunst du über den Anblick, dem du dich gegenüber siehst? Kennst du nicht meine Herkunft und Natur? Wie deine erbärmliche Rasse zu
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