BKA - Die Jaeger des Boesen
erworbenes Geld wird als Wetteinsatz bei Online-Kasinos platziert, die an keinen Ort gebunden sind. Betreiber solcher Kasinos gehören oft zum Kartell. Illegale und legale Einsätze werden so lange gemischt, bis die Herkunft der Überweisungen nicht mehr zu ermitteln ist. Das so gewaschene Geld wird am Ende den Hintermännern über Offshore-Firmen wieder überwiesen. Die Zentralstelle für Geldwäsche, insbesondere für die im virtuellen Raum des Internet, beim Bundeskriminalamt heißt »Financial Intelligence Unit« (FIU), analog zum internationalen Sprachgebrauch, doch das Gesetz, auf das sich die Ermittler in Sachen Geldwäsche stützen, hat nach wie vor einen geradezu exemplarischen amtsdeutschen Namen. Allein die Abkürzung stellt alles in den Schatten, was ich bisher kennenlernen durfte: GwBekErgG. Sie steht für das seit 2008 geltende Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz.
Was es unter Strafe stellt, ist selbst im Hellfeld beeindruckend finster: Der Jahresbericht 2009 verzeichnet 9046 sogenannte Verdachtsanzeigen. Vom Dunkelfeld, nach übereinstimmender Ansicht aller Experten ein besonders großes, ganz zu schweigen. Denn es wird nicht nur wie einst in den guten alten Zeiten Schwarzgeld, das aus Erpressungen oder illegalem Rauschgifthandel stammte, mal eben in der Karibik sauber gewaschen. Inzwischen nutzen auch die Spezialisten auf der anderen Seite die Chancen, die ihnen die Globalisierung bietet. Scheinbar ganz normale Handels- und Warengeschäfte, verteilt über die ganze Welt, sind geradezu ideal, um die wahren Absichten zu verschleiern – und Geld zu waschen. Die beim BKA beheimatete »Financial Intelligence Unit Deutschland« benennt in ihrer Bilanz 2009 Betrug und Geldwäsche mit jeweils 44 und 33 Prozent als
die hauptsächlichen Delikte. Steuerstraftaten machen laut Statistik nur lächerliche vier Prozent aller Verdachtsanzeigen aus, doch es dürfte der Schluss erlaubt sein, dass es gerade auf dem Gebiet noch viel zu entdecken geben würde. Die nächste CD aus Liechtenstein kommt bestimmt.
Was da unter der Headline »Herausragende Fälle« steht, könnten geübte Zeitungsleser sofort mit den passenden Namen von bekannten Steuerhinterziehern versehen: »Als herausragende Fälle werden die Verdachtsanzeigen eingestuft, die sich auf politisch, wirtschaftlich und sonst exponierte Personen beziehen oder die im Zusammenhang mit hohen Transaktionssummen (über drei Millionen Euro) bzw. einer Berichterstattung in den Medien stehen, bei denen aber keine neuen Typologien erkennbar sind.« Dass sich die bewährte Maxime, der Spur des Geldes zu folgen, bei der Aufklärung von »bisher unbekannten Terrorismusfinanzierungsmethoden« dagegen als wesentlich erwiesen hat, wird nur in einem Nebensatz erwähnt. Sobald es um internationalen Terrorismus geht, wird das Feld der polizeilichen Ermittlungsmethoden vom BKA bewusst im Dunkeln gelassen. Jörg Ziercke weiß, dass die »Modi operandi im Deliktsbereich der Geldwäsche« immer komplexer werden, weil das Waschen des schmutzigen Geldes über fiktive Handelsgeschäfte abgewickelt wird. Sitz der jeweiligen Gesellschaften ist das Ausland, denn auch die Kriminellen wissen, wie lange es dauert, bis ein Rechtshilfeersuchen in Taten mündet. Bis dahin haben sie ihre Spuren längst wieder verwischt und sich aus dem virtuellen Staub gemacht.
Ich flüchte wieder zum – im Vergleich dazu – hellen Dunkelfeld namens Skimming. Die Praktiken der Skimmer sind Banken und Polizei zwar längst bekannt, aber das bedeutet nicht, dass sie deshalb präventiv gestoppt werden könnten. Die digitalen Bankräuber vermeiden Gewalt. Sie sind mobil. Sie hinterlassen keine Fingerabdrücke am Tatort. Sie sind Verbrecher der neuen Zeit. Es ist ein typisches Phänomen der modernen Kriminalität, dass die Strafverfolgungsbehörden nicht mehr nur irgendwelche brutalen Gangster und Mörder jagen müssen – wobei die Aufklärungsquote
übrigens wie eh und je über neunzig Prozent beträgt –, sondern es mit bestens ausgebildeten intelligenten Kriminellen zu tun haben, die vertraut sind mit allen technischen Finessen der digitalen neuen Welt.
In den guten, also den alten Zeiten, sagt mir ein pensionierter Kriminaldirektor, hatten die Verbrecher ein Gesicht, das auch je nach Schwere ihrer Tat auf Fahndungsplakaten auftauchte. Das konnte sich ein Polizist einprägen. Oder es war so, dass ein Team von Polizisten die Gruppe observierte, zu der ein Verdächtiger gehörte, um Schwachpunkte zu
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