BKA - Die Jaeger des Boesen
Lehrgängen und Vorträgen im Angebot, sie arbeiten mit den einzelnen Bundesländern zusammen, aber es gibt zu viele Spezialisten in der Organisierten Kriminalität, auf die sie sich einstellen müssen, die sie unter den Beamten nicht haben können, denn hier geht es vorrangig nach wie vor um polizeiliches Grundhandwerk, das man beherrschen muss.
Ermittler müssen Daten analysieren, Akten lesen, Zusammenhänge erkennen. Letztlich aber, trotz aller moderner Technik, hängen Erfolg und Misserfolg ab von einer alten, einer klassischen, einer seit jeher nutzbaren Software. Der in den Köpfen gespeicherten. Das gilt auch für die Beamten des Bundeskriminalamtes, die das Böse auf den Bildschirmen sehen und verfolgen, die Cyber Cops .
KAPITEL 5
Cyber Cops
V on den einstigen Bewohnern gibt es kaum noch Spuren. Außen wie innen haben die Kasernen der Lindsey Air Base, in denen einst in Deutschland stationierte amerikanische Soldaten lebten, die Uniform abgelegt. Die mehrstöckigen Gebäude, zu Kaiser Wilhelms Zeiten in Reih und Glied um einen rechteckigen Platz gebaut, auf dem dann nach dem Zweiten Weltkrieg fast fünfzig Jahre lang das Sternenbanner flatterte, gleichen heute nach vielen Renovierungen einer beliebigen Siedlung in einer beliebigen Stadt. Diese am Rande von Wiesbaden sieht, obwohl sauber verputzt, zwar nicht besonders einladend aus, aber in der soll ja auch niemand wohnen. Nach dem Abzug der GIs wurden die Quartiere, von denen manche trotz aller Neuerungen noch unter Denkmalschutz stehen, für ihren neuen Daseinszweck sorgfältig instand gesetzt – auch das Haus, in dem ich die Treppe zum Referat SO 43 des Bundeskriminalamtes hinaufsteige.
Die Beamten, die hier arbeiten, brauchen für ihre Schlachten weder Waffen noch Munition, sondern nur sichere Leitungen und leistungsstarke Computer. Möglicherweise noch vorhandene Reste vom einst herrschenden militärischen Geist haben Handwerker bei der Renovierung wohl aus den Wänden geklopft. Sichtbar gebliebene Abdrücke der Geschichte, die sich nicht entfernen ließen, wurden übermalt. Deshalb fallen Vertiefungen in Mauervorsprüngen auf den Fluren, in die jeweils der Kolben eines Gewehrs passen würde, allenfalls denen auf, die immer alles ergründen wollen, was aus einem gewohnten Rahmen fällt. Ja, richtig: Genau da wurden griffbereit einst Schusswaffen abgestellt,
wobei »einst« bedeutet: im Dritten Reich. Denn vor den amerikanischen Befreiern waren in den Kasernen Regimenter der deutschen Wehrmacht untergebracht.
Die Büros, in denen im Kalten Krieg Uniformierte Dienst schoben, einsatzbereit und allzeit wachsam, falls der Russe überraschend sonntags angreifen sollte, sind heute bevölkert von zivil gekleideten jungen Menschen. Sie sitzen vor Computern und surfen. Ihre Arbeit hat zwar wie die ihrer amerikanischen Vorgänger auch zu tun mit Überwachung – bei denen war es der Luftraum über dem NATO-geeinten Europa –, doch sie nennen ihre Kontrollen »Monitoring«, und sie behalten dabei die ganze Welt im Auge. Was oberflächlich betrachtet aussieht wie spielerisches Surfen in irgendeiner coolen Start-up-Firma, ist in Wirklichkeit kriminalistische Arbeit. Sie surfen nicht spielend, sondern surfen suchend nach verdächtigen Bewegungen und Transaktionen im Internet. Alle sind hoch motiviert bei der Sache, denn sie gehören zur »Cyber Crime Unit« der Firma Bundeskriminalamt.
Die Einheit heißt selbstverständlich offiziell ganz anders, unter »Cyber Crime Unit« würde ich im Organigramm des Amtes keinen Eintrag finden, aber aufgrund meiner Recherchen vor Ort weiß ich zumindest, dass sie zur Gruppe SO 4 bei der Schweren und Organisierten Kriminalität und da zum Referat SO 43 gehört. Mit diesem oberflächlichen Wissen gewappnet, nenne ich sie nichtamtlich so, wie es ihrer Tätigkeit am besten entspricht: CCU. Das klingt geheimnisvoll, eher nach den gesetzlos Guten aus der amerikanischen TV-Serie 24 als nach gesetzestreuen deutschen Beamten mit Pensionsberechtigung.
»Cyber Crime Unit« umschreibt jedoch gut, was sie tatsächlich tun: Sie jagen im Internet die Kriminellen des digitalen Zeitalters. Voraussetzung dafür ist ein spezielles kriminaltechnisches Wissen, weil es bei den CCU-Fahndern eher darauf ankommt, zu wissen, was Drops sind oder Bots oder Proxies oder Trojaner, statt wie ihre Kollegen ein paar Häuser weiter das Kaliber einer Mauser oder einer Glock einem bestimmten Täter oder einer Tat zuordnen zu können oder ein beschlagnahmtes
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