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Black Box BER: Vom Flughafen Berlin Brandenburg und anderen Großbaustellen. Wie Deutschland seine Zukunft verbaut (German Edition)

Black Box BER: Vom Flughafen Berlin Brandenburg und anderen Großbaustellen. Wie Deutschland seine Zukunft verbaut (German Edition)

Titel: Black Box BER: Vom Flughafen Berlin Brandenburg und anderen Großbaustellen. Wie Deutschland seine Zukunft verbaut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinhard von Gerkan
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unüberlegter »Vorstands«-Entscheidungen. Wenn erforderlich, hat Hubert Nienhoff als verantwortlicher gmp-Partner für dieses Projekt auch mal mit der Faust auf den Tisch geschlagen und mit aller gebotenen Dringlichkeit die Risiken des Projekts aufgezeigt. Als das nicht mehr ausreichte, haben Hans-Joachim Paap und Hubert Nienhoff sich schließlich gewissermaßen in Notwehr geweigert, die Fertigstellungsmeldung für BER zu unterschreiben, wodurch der jetzige Zustand eingetreten ist.
    Diese Haltung entspricht meiner bei allen Vorhaben immer wieder durchgeführten Praxis, im Falle von Streitigkeiten bis an die Grenze eines Vertragsbruches zu gehen, im vollen Bewusstsein, dass nur diese Unverrückbarkeit einer Meinung meine Glaubwürdigkeit als Architekt befestigt und deswegen auch ernst genommen wird. Die von anderen Projektbeteiligten außerhalb der Planungsgemeinschaft bevorzugte Variante, sich durch geheime oder verdeckte Bedenkenschreiben in Sicherheit zu bringen, anschließend zu schweigen und alle anderen ins Verderben laufen zu lassen, hätte uns und dem Projekt nicht geholfen. Von wem hätte man auch Unterschriften unter derartige konspirative Dokumente anfordern können? Weder die Bauherrschaft noch die Verantwortlichkeiten für die Anordnungen der »Instanz« waren geklärt. Meine Mitarbeiter im Stab haben im Übrigen erfahren, dass interne Beratungsergebnisse, Protokolle und Zeitpläne geschönt wurden. Die Berichterstattung gegenüber dem Aufsichtsrat, dem durch diese Informationen eine gewisse Rolle im Rahmen der Bauherrschaft zugewiesen wird, entsprach mithin nicht immer der Wahrheit, um es vorsichtig auszudrücken.
    Über die Verteilung der Verantwortlichkeiten zwischen »Vorstand« (Sprecher der Flughafengesellschaft und technischer Direktor) und Aufsichtsrat kann und will ich nicht urteilen, zumal der Aufsichtsrat rein politisch und überhaupt nicht fachlich besetzt ist. Bezüglich unseres Verhältnisses zum BER-»Vorstand« jedoch komme ich nicht umhin, auf frühere durchweg positive Erfahrungen im Dialog mit qualifizierten Vorständen zu verweisen. Hier ging es nie um Etikette oder um die Frage, wie viel Sterne der Offizier auf seiner Uniform trägt, sondern einzig und allein um die Bereitschaft der jeweils zuständigen Person, mit der Kompetenz eines Bauherrn zu entscheiden und die getroffenen gemeinsamen Entscheidungen auch zu vertreten, anstatt sie zu verleugnen, zu beschönigen, anderen Mitwirkenden als Versehen in die Schuhe zu schieben oder gar Täuschungsmanöver durchzuführen und Ergebnisse zu verändern.
    Für mich gibt es überhaupt keine Veranlassung, gmp irgendein Verschulden seitens des Unternehmens BER zuschreiben zu lassen. Ich kenne kein anderes Bauvorhaben unseresweltweit agierenden Büros, bei dem wir in Nibelungentreue die Anordnungen und kategorischen Anweisungen des Bauherrn exakt so erfüllt haben, wie sie von ihm gefordert wurden, auch dann, wenn sie gegen zuvor vom Bauherrn getroffene Beschlüsse verstießen, auch dann, wenn sie in jeder Hinsicht einem übergeordneten Verständnis von der Funktionalität eines Flughafens widersprachen, auch dann, wenn sie vermuten ließen, hier werde auf eine geradezu hinterhältige und infame Art ein intransparentes Spiel gespielt mit verschiedenen politischen und fachlichen Akteuren, sogar mit lokalen Genehmigungsbehörden.
    Der schwerwiegendste Schaden für das Projekt BER wurde durch die völlig unbegründete und über Nacht erfolgte Kündigung des gesamten Planungsteams verursacht. Seit dem Tag der Kündigung am 23. Mai 2012 ist die Baustelle verwaist   –   sämtliche Arbeiten ruhen, mittlerweile mehr als ein Jahr. Ich habe den Aufsichtsratsvorsitzenden wenige Tage nach der Kündigung brieflich auf die sehr kostspieligen Konsequenzen mit Nachdruck hingewiesen.

Einige biografische Angaben zum besseren Verständnis des dialogischen Entwerfens
    Ich habe mich im vorangegangenen Kapitel mehrfach über das Monologisieren des BER-»Vorstands« beschwert. Diese Beschwerden beruhen keineswegs auf persönlichen Vorlieben und Empfindlichkeiten, wie man annehmen könnte. Sie beruhen auf den empirischen Erfahrungen eines langen, von Anfang an auf den Dialog abgestellten Architektenlebens. Der Dialog mit dem Bauherrn hat mir beim Abenteuer meines ersten Auftrags über viele Klippen hinweggeholfen. Diese erste Erfahrung war so hilfreich, dass ich für mich das dialogische Entwerfen zum lebenslangen Prinzip gemacht habe. Von dieser ersten

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