Black Dagger 03 - Ewige Liebe
verwandelte sich auch nicht in eine Fledermaus.
Jetzt hör aber auf, dachte sie. Sie konnte ihn ja wohl unmöglich ernst nehmen?
Nur, dass er tatsächlich anders war. Grundlegend anders als jeder Mann, den sie je getroffen hatte. Was wenn …
Er stöhnte leise. Im Schein des Fernsehers sah sie seinen Stiefel hinter der Couch hervorlugen.
Sie begriff zwar nicht, für was er sich hielt, aber sie verstand, dass er litt. Und sie würde ihn nicht einfach so auf dem Boden liegen lassen, wenn er Schmerzen hatte.
»Wie kann ich dir helfen?«, fragte sie.
Pause. Als hätte sie ihn überrascht.
»Könntest du mir etwas Eiskrem bringen? Ohne Nüsse oder Schokostückchen, wenn’s geht. Und ein Handtuch.«
Als sie mit einer Schüssel voll zurückkam, hörte sie, wie er sich mühsam aufsetzte.
»Lass mich zu dir kommen«, sagte sie.
Er hielt in der Bewegung inne. »Hast du denn keine Angst vor mir?«
In Anbetracht dessen, dass er entweder weggetreten oder ein Vampir war, hätte sie sich wohl eigentlich fürchten sollen. Was aber nicht der Fall war.
»Wäre eine Kerze zu hell?«, fragte sie, ohne auf die Frage zu reagieren. »Sonst kann ich da hinten überhaupt nichts sehen.
»Vermutlich nicht. Mary, ich werde dir nichts tun. Versprochen. «
Sie setzte die Schüssel ab, zündete eine ihrer größeren Votivkerzen an und stellte sie auf das Tischchen neben der Couch. Im flackernden Schein musterte sie seinen Körper. Und den Arm, der immer noch über den Augen lag. Und die Verbrennungen. Sein Gesicht war nicht mehr verzerrt, aber der Mund stand leicht offen.
Sie konnte gerade so die Spitzen seiner Fänge erkennen.
»Ich weiß, dass du mir nichts tun wirst«, murmelte sie und hob die Schüssel wieder auf. »Du hättest schon genug Gelegenheit dazu gehabt.«
Sie lehnte sich weit über die Sofalehne herunter und löffelte etwas Eiskrem heraus.
»Hier. Mund weit auf. Häagen-Dazs Vanille.«
»Das ist nicht zum Essen. Die Proteine in der Milch und die Kälte werden die Wundheilung beschleunigen.«
Es war unmöglich für sie, weit genug hinunterzureichen,
also zog sie die Couch weiter zurück und kauerte sich neben ihm auf den Boden. Sie rührte das Eis zu einem zähen Brei, dann strich sie es mit den Fingern sanft auf seine entzündete, mit Blasen überzogene Haut. Er zuckte zurück, fletschte kurz die Reißzähne, und sie wartete einen Moment ab.
Er war kein Vampir. Das konnte nicht sein.
»Doch, ich bin wirklich einer«, murmelte er.
Sie hielt die Luft an. »Kannst du Gedanken lesen?«
»Nein, aber ich weiß, dass du mich anstarrst, und ich kann mir ungefähr vorstellen, wie es mir an deiner Stelle ginge. Hör mal, wir gehören unterschiedlichen Spezies an, das ist alles. Nichts Abartiges, nur … anders.«
Also gut, dachte sie und strich mehr Eiskrem auf die Verbrennungen. Nur mal aus Spaß: angenommen, dass es stimmt.
Sie saß hier bei einem Vampir. Einer Horrorikone. Einer zwei Meter großen, hundertdreißig Kilo schweren Horrorikone mit einem Gebiss wie ein Dobermann.
Konnte das denn wahr sein? Und warum hatte sie ihm geglaubt, als er sagte, er würde ihr nichts tun? Sie musste den Verstand verloren haben.
Rhage ächzte erleichtert. »Es funktioniert. Gott sei Dank.«
Zum einen, weil er viel zu sehr mit seinen Schmerzen beschäftig war, um eine Bedrohung darzustellen. Es würde Wochen dauern, bis er sich von diesen Verbrennungen wieder erholt hatte.
Sie tauchte die Finger in die Schüssel und trug mehr Eis auf seinen Arm auf. Beim dritten Durchgang musste sie schon ganz genau hinsehen, um die Wunde zu finden. Seine Haut schien das Eis zu absorbieren wie eine Salbe, und die Verbrennungen heilten mit unglaublicher Geschwindigkeit ab. Direkt vor ihren Augen.
»Das tut so gut«, sagte er leise. »Danke.«
Er nahm den Arm von der Stirn. Das halbe Gesicht und der Hals waren leuchtend rot.
»Soll ich da auch Eis draufpacken?« Sie deutete auf die verbrannten Partien.
Seine unheimlichen stahlblauen Augen öffneten sich. Etwas zweifelnd sah er zu ihr auf. »Bitte. Wenn es dir nichts ausmacht.«
Er sah ihr zu, wie sie die Finger in die Schüssel steckte und dann den Arm ausstreckte. Ihre Hand zitterte ein ganz kleines bisschen, als sie die Paste zunächst auf seine Wange auftrug.
Gott, seine Wimpern waren so dicht. Dicht und dunkelblond. Und seine Haut war weich, obwohl über Nacht die Bartstoppeln gewachsen waren. Er hatte eine tolle Nase. Kerzengerade. Und seine Lippen waren vollkommen. Genau die
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