Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Black Dagger 07 - Menschenkind

Black Dagger 07 - Menschenkind

Titel: Black Dagger 07 - Menschenkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Ward
Vom Netzwerk:
herabtropfende dreiundzwanzig Millimeter messende Tahitiperle wieder direkt ihr Dekolleté betonte.
    Das taubengraue Abendkleid stammte von Balmain; sie hatte es in den 1940ern in Manhattan gekauft. Kette, Ohrringe und Armband waren von Tiffany, wie üblich: Als ihr
Vater Ende des neunzehnten Jahrhunderts den großen Louis Comfort entdeckt hatte, wurde seine Familie umgehend zu einer treuen Kundschaft und war es bis heute geblieben.
    Was doch auch das Markenzeichen der Aristokratie war, oder nicht? Beständigkeit und Niveau in allen Dingen; Veränderungen und Fehler waren unbedingt mit deutlicher Missbilligung zu quittieren.
    Sie stellte sich gerade hin und ging rückwärts, bis sie sich ganz im Spiegel sehen konnte. Das Bild, das sie sah, war paradox: Ihre Erscheinung war makellos, eine überirdische Schönheit, die mehr gestaltet denn geboren schien. Sie war groß und schlank, ihre Konturen grazil, ihr Gesicht einfach betörend, das Zusammenspiel von Lippen und Augen und Wangen und Nase vollkommen. Ihre Haut war wie Alabaster. Die Augen silberblau. Das Blut in ihren Venen gehörte zum reinsten der gesamten Spezies.
    Und doch stand sie nun hier. Die Verlassene. Die übrig Gebliebene. Die ungeliebte, schadhafte alte Jungfer, die nicht einmal ein reinrassiger Krieger wie Wrath sexuell hatte ertragen können, nicht ein einziges Mal, und sei es nur, um sie endlich aus ihrem Zustand als Novizin zu erlösen. Und dank seiner Zurückweisung war sie noch immer ungebunden, obwohl sie endlos lange mit Wrath zusammen gewesen war. Denn man musste genommen werden, um als jemandes Shellan zu gelten.
    Die Trennung war überraschend gekommen und gleichzeitig überhaupt keine Überraschung gewesen. Für niemanden. Trotz Wraths öffentlicher Erklärung, sie habe ihn verlassen, kannte die Glymera die Wahrheit. Jahrhundertelang war sie unberührt geblieben, hatte nie seinen Bindungsduft getragen, nie einen Tag allein mit ihm verbracht. Um es auf den Punkt zu bringen: Keine Frau hätte Wrath jemals freiwillig verlassen. Er war der Blinde König, der letzte reinrassige Vampir der Welt, ein großer Krieger und Mitglied der
Bruderschaft der Black Dagger. Es gab keinen Vampir, der über ihm stand.
    Und welche Schlussfolgerung zog die Aristokratie daraus? Mit ihr musste etwas nicht stimmen, etwas, das sehr wahrscheinlich unter ihren Kleidern verborgen war. Und der Defekt war vermutlich sexueller Natur. Warum sonst sollte ein Vollblutkrieger keinen erotischen Drang ihr gegenüber verspüren?
    Sie holte tief Luft. Dann noch einmal. Und noch einmal.
    Der Duft frischer Schnittblumen stieg ihr in die Nase, süß schwoll er an, wurde dichter, verdrängte die Luft … bis sie nur noch dieses Aroma in den Lungen hatte. Ihre Kehle schien zugeschnürt, als wollte sie die Attacke abwehren. Sie zerrte an ihrer Kette. Eng … sie war so eng an ihrem Hals. Und schwer … wie Hände, die sie würgten … Sie öffnete den Mund, um zu atmen, aber das half nicht. Ihre Lungen waren verstopft vom Blumengestank, ummantelt davon … sie erstickte, ertrank, obwohl sie nicht im Wasser war …
    Auf wackeligen Beinen schwankte sie zur Tür, doch sie konnte den tanzenden Paaren einfach nicht gegenübertreten, diesen Leuten, die sich selbst darüber definierten, dass sie Marissa geächtet hatten. Nein, sie durfte sich ihnen nicht zeigen … sie würden ihr ansehen, wie verstört sie war. Sie würden merken, wie schwer das für sie war. Und dann würden sie sie noch stärker verachten.
    Ihr Blick wanderte im Raum herum, schnellte über jeden Gegenstand, prallte von den Spiegeln ab. Panisch versuchte sie zu … was machte sie nur? Wohin konnte sie … gehen, Schlafzimmer, oben … Sie musste … o Gott … sie bekam keine Luft. Sie würde hier sterben, genau hier und jetzt, und zwar daran, dass ihre Kehle sich zusammenzog, als würde sie gewürgt.
    Havers … ihr Bruder … sie musste ihn rufen. Er war
Arzt … Er würde kommen und ihr helfen – doch dann wäre sein Geburtstag ruiniert. Ruiniert … ihretwegen. Alles ihretwegen ruiniert … Es war alles ihre Schuld … alles. Die ganze Schande war ihre Schuld. Der Jungfrau sei Dank waren ihre Eltern lange tot und hatten nicht miterlebt … was sie war …
    Übergeben. Sie müsste sich definitiv übergeben.
    Die Hände zitternd, die Knie weich wie Pudding stürzte sie in eine der Toiletten und schloss sich ein. Im Vorbeilaufen stellte sie das Wasser an, um ihr Keuchen zu übertönen, falls jemand hereinkommen sollte. Dann

Weitere Kostenlose Bücher