Black Dagger 14 - Blinder König
unterschiedlich waren – hoch und dünn oder niedrig und gedrungen, weiß, grau, schwarz, rosa, gold – lag doch eine Regelmäßigkeit darin. Die Reihen der Gräber waren angeordnet wie die Häuser einer Wohnanlage, mit baumbestandenen Flächen durchsetzt und von gewundenen Pfaden durchzogen.
Eine Grabstelle zog immer wieder ihre Aufmerksamkeit auf sich. Darauf befand sich die Statue einer Frau in fließenden Gewändern, den Blick in den Himmel gerichtet. Ihr Gesicht und ihre Haltung waren so ernst wie der bedeckte Himmel, zu dem sie aufsah. Der hellgraue Granit, aus dem sie gehauen war, hatte die gleiche Farbe wie die Wolken, die sich über ihr zusammenbrauten, und einen Moment lang ließ sich kaum unterscheiden, wo der Stein aufhörte und der Himmel begann.
Xhex riss sich von der Statue los und sah zu Trez hinüber. Er erwiderte ihren Blick und schüttelte unmerklich den Kopf. Das Gleiche bei iAm. Auch von ihnen hatte keiner Bobby gewittert.
Währenddessen schielte Detective de la Cruz zu Xhex. Sie wusste das nicht, weil sie seinen Blick erwiderte, sondern weil sich sein Gefühlsraster jedes Mal änderte, wenn sein Blick an ihr hängenblieb. Er verstand, was in ihr vorging. Das tat er wirklich. Und ein Teil von ihm akzeptierte ihre Rachelust. Aber das änderte nichts an seiner Entschlossenheit.
Als der Priester zurücktrat und unter den Besuchern Gemurmel einsetzte, bemerkte Xhex, dass die Beisetzung vorbei war. Sie sah zu, wie Marie-Terese als Erste aus der Reihe trat, auf den Geistlichen zuging und ihm die Hand schüttelte. Sie sah umwerfend aus in ihrem Trauerkleid, der schwarze Spitzenschleier auf dem Kopf sah aus wie ein Hochzeitsschleier. Mit den Perlen und dem Kreuz in den Händen wirkte sie fast so keusch wie eine Nonne.
Dem Priester gefiel das Kleid und das ernste, hübsche Gesicht und was immer sie zu ihm sagte, denn er verbeugte sich und hielt ihre Hand. Als sie sich berührten, wandelten sich seine Gefühle in Liebe, in reine, unverfälschte, sittsame Liebe.
Das war das Besondere an dieser Statue, bemerkte Xhex jetzt. Marie-Terese sah genauso aus wie die Frau in dem fließenden Gewand. Verrückt.
» Eine schöne Beerdigung, nicht wahr? «
Xhex drehte sich zu Detective de la Cruz um. » Schien mir ganz okay zu sein – aber ich habe keine Ahnung von so was. «
» Dann sind Sie keine Katholikin. «
» Nein. « Xhex winkte Trez und iAm, als sich die Besucher zerstreuten. Die Jungs hatten zum Essen eingeladen, bevor später alle zur Arbeit gingen, auch das zu Ehren von Chrissy.
» Grady ist nicht aufgetaucht « , bemerkte der Detective.
» Nein. «
De la Cruz lächelte. » Sie reden so, wie Sie sich einrichten. «
» Ich beschränke mich gerne auf das Wesentliche. «
» ›Bitte nur die Tatsachen, Ma’am‹? Ich dachte, das sei mein Text. « Sein Blick schweifte zu den Leuten, die sich zu den drei nebeneinanderstehenden Autos aufmachten. Einer nach dem anderen parkten Rehvs Bentley, ein Honda Minivan und Marie-Tereses fünf Jahre alter Toyota Camry aus.
» Wo ist Ihr Chef? « , erkundigte sich de la Cruz. » Ich hatte ihn hier erwartet. «
» Er ist ein Nachtschwärmer. «
» Verstehe. «
» Okay, Detective, ich verschwinde jetzt auch. «
» Wirklich? « Er machte eine ausladende Bewegung. » Womit? Oder laufen Sie gerne bei diesem Wetter? «
» Ich parke woanders. «
» Tatsächlich? Sie spielen nicht mit dem Gedanken, noch ein bisschen hierzubleiben? Sie wissen schon, nur falls noch ein Nachzügler kommt. «
» Nein, warum sollte ich? «
» Tja, warum? «
Es entstand eine lange, lange Pause, in der Xhexs Blicke wieder auf die Statue fielen, die sie an Marie-Terese erinnerte. » Wollen Sie mich in Ihrem Wagen mitnehmen, Detective? «
» Gerne. «
Der zivile Wagen des Detective war zweckmäßig wie seine Kleidung, doch dafür auch so warm wie sein schwerer Mantel. Und wie unter den Kleidern des Mannes steckte unter der Haube ein kraftvoller Motor: Er klang wie eine Corvette, als er ihn anließ.
De la Cruz sah sie fragend an: » Wo kann ich Sie hinfahren? «
» Zum Club, wenn es Ihnen nichts ausmacht. «
» Dort haben Sie Ihr Auto geparkt? «
» Ich bin bei jemandem mitgefahren. «
» Ach so. «
Während de la Cruz das kurvige Sträßchen hinunterfuhr, starrte Xhex auf die Grabsteine und dachte einen kurzen Moment an all die Leichen, die ihren Lebensweg pflasterten.
Inklusive John Matthew.
Sie hatte versucht zu verdrängen, was zwischen ihnen geschehen war, und wie sie
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