Black Dagger 16 - Mondschwur
Schlaf finden. Also habe ich eines Tages nach Feierabend die Klinik angezündet. Allerdings könnte es sein, dass es ein Opfer gab, das ein ziemlich grausiges Ende fand. Aber der Hurensohn hatte es einfach verdient. Ich lebe nunmal nach dem Motto: Auge um Auge, Zahn um Zahn.«
John hob wieder die Hände, um zu gestikulieren: Das ist ziemlich offensichtlich – und gar keine schlechte Sache.
Vorausgesetzt, es war nicht Lash, dachte sie bei sich.
»Darf ich dich etwas fragen?« Als er mit den Schultern zuckte, flüsterte sie: »Die Nacht, in der du mit mir den
Ausflug durch die Stadt gemacht hast … bist du davor noch einmal an einem dieser Orte gewesen?«
Eigentlich nicht. John schüttelte den Kopf. Ich habe mit der Vergangenheit abgeschlossen und blicke nur nach vorne.
»Darum beneide ich dich. Mir scheint, ich kann die Vergangenheit einfach nicht hinter mir lassen.«
Und damit bezog sie sich nicht nur auf den ganzen Scheiß damals in der Klinik oder den Alptraum in Lashs kleinem Liebesnest. Aus irgendeinem Grund war die Tatsache, dass sie nirgendwo richtig hineinpasste – weder in die Familie, in der sie aufgewachsen war, noch in die große Gesellschaft der Vampire oder jene der Symphathen – für sie bestimmend, obwohl sie nicht ständig darüber nachdachte. Die wenigen Momente, in denen sie sich wirklich wohlgefühlt hatte, waren selten und ließen lange auf sich warten – und schienen tragischerweise immer mit einem Auftrag als Killer in Verbindung zu stehen.
Nur die Zeit mit John passte nicht in dieses Schema … und verschob das Ergebnis dieser deprimierenden Arithmetik etwas in die positive Richtung. Wenn sie mit ihm zusammen war und ihre Körper sich berührten, stimmte alles. Aber auch das war, wie ihre Arbeit als Auftragskiller, am Ende nicht für alle Beteiligten eine gesunde Sache. Was gerade geschehen war, war wohl der beste Beweis dafür: Sie wachte schreiend auf, und John war derjenige, der mit der Waffe in der Hand dem vermeintlichen Angreifer entgegentrat … während sie das verängstigte Mäuschen spielte und sich unter der Bettdecke verkroch.
Das entsprach so gar nicht ihrem Naturell. Überhaupt nicht.
Oh Gott! Es war so leicht, in die Rolle der Beschützten zu schlüpfen … und das ängstigte sie fast noch mehr als die Träume, die sie schreiend erwachen ließen. Wenn ihr
das Leben eines beigebracht hatte, dann das: Kümmere dich selbst um deine Angelegenheiten. Sie wollte sich auf nichts und niemanden verlassen müssen – nicht mal auf einen so ehrenvollen, würdigen und netten Kerl wie John.
Aber dafür war der Sex großartig. Das klang vielleicht ein bisschen vulgär, aber es entsprach einfach der Wahrheit.
Als sie nach ihrem kurzen Tête-à-tête im Tunnel hier angekommen waren, hatten sie vor lauter Eile nicht einmal das Licht eingeschaltet, sondern sich nur hastig die Klamotten vom Leib gerissen, und waren dann auf dem Bett sofort zur Sache gekommen. Am Ende musste sie einfach weggedriftet sein, und einige Zeit später war John wohl kurz im Bad gewesen und hatte das Licht eingeschaltet gelassen. Wahrscheinlich, damit sie sich nicht verloren fühlte, wenn sie erwachte.
Das war typisch für ihn.
Mit einem Klicken begannen sich die automatischen Stahljalousien für die Nacht zu öffnen, gaben die Sicht auf den dunklen Himmel frei und bereiteten dem Rotieren ihrer Gedanken gnädigerweise ein Ende.
Sie hasste es, immer wieder über ein – und dasselbe Problem nachzudenken. Es führte nämlich nie zu einer Lösung und bewirkte nur, dass man sich noch schlechter fühlte.
»Ab unter die Dusche«, meinte sie, und zwang sich dazu, sich aufzusetzen. Die leichten Verspannungen in ihren Muskeln und Knochen ließen sie wünschen, sie und John könnten tagelang in diesem großen Bett bleiben. Oder Wochen. Aber das war ihnen vom Schicksal nicht vorherbestimmt.
Sie beugte sich zu ihm hinüber und blickte in sein im Schatten liegendes Gesicht. Nachdem sie seine attraktiven
Gesichtszüge betrachtet hatte, musste sie einfach die Hand heben und ihm über die Wange streichen.
Ich liebe dich, formten ihre Lippen im Dunkeln.
»Raus aus dem Bett«, meinte sie laut.
Der Kuss, den sie ihm gab, war eine Art Abschied – schließlich konnte es ja sein, dass sie Lash in dieser Nacht fanden, und das würde für Momente wie diesen das Ende bedeuten.
Abrupt hielt John sie an den Oberarmen fest, aber dann gab er sie stirnrunzelnd wieder frei, als ob er ihre Gedanken gelesen hatte und das Ergebnis
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