Black Dagger 16 - Mondschwur
Tohrments Gesicht spiegelten sich Respekt und Verehrung für seinen Mentor wider. Dieser Vertrauensbeweis freute und betrübte Darius zugleich. Hätte der Junge einen echten Vater gehabt anstelle eines brutalen Säufers, würde er einem praktisch Fremden gegenüber bestimmt nicht solche Gefühle hegen.
Und er würde sich auch nicht in dieser bescheidenen Hütte befinden.
Darius brachte es jedoch nicht übers Herz, seinen Gast darauf hinzuweisen. »Noch etwas Käse?«
»Ja, danke.«
Als sie ihr Mahl beendet hatten, wanderten Darius’ Augen zu seinen schwarzen Dolchen, die in einem Halfter steckten, das er über der Brust trug. Er war sich sicher, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis Tohrment einen eigenen Satz dieser Dolche erhielt. Denn der Junge war schlau und einfallsreich und verfügte über ausgeprägte Instinkte.
Gewiss, Darius hatte ihn noch nicht im Kampf beobachtet. Aber das würde schon noch kommen. Schließlich befanden sie sich im Krieg.
Tohrment zog die Stirn in Falten. »Wie alt soll die entführte Vampirin sein?«
Darius wischte sich mit einem Tuch den Mund ab und fühlte, wie sich sein Nacken verspannte. »Ich weiß es nicht.«
Die beiden verfielen in Schweigen, und Darius nahm an, dass Tohrment dieselben Gedanken durch den Kopf gingen wie ihm selbst. Das Letzte, was sie in dieser Situation brauchen konnten, war eine weitere verhängnisvolle Komplikation.
Wie dem auch sei, sie würden sich nach Norden in die Küstenregion begeben, die ihnen der Symphath genannt hatte. Dort würden sie auf den Klippen etwa eine Meile von einem kleinen Dorf entfernt das Versteck finden, das ihnen der Sündenfresser beschrieben hatte … und dann würden sie erfahren, ob man sie getäuscht hatte. Oder sie für ein Ziel eingesetzt hatte, das sie und dieses dürre Reptil gemeinsam hatten.
Darius machte sich deswegen jedoch nicht wirklich Sorgen. Sündenfresser waren zwar nicht sehr glaubwürdig, aber zwanghaft eigennützig … und rachsüchtig, selbst gegenüber ihren Kindern.
In diesem Fall siegte die Natur über den Charakter: Letzteres machte sie extrem unzuverlässig, Ersteres hingegen äußerst vorhersagbar.
Darius war sich ganz sicher, dass er und Tohrment die Vermisste oben im Norden finden würden.
Die Frage war nur, in welchem Zustand das arme Mädchen sein würde …
16
Als John und Xhex ihre intime Gymnastikstunde beendet hatten, machten sie zuerst in der Dusche des Umkleideraums halt. Da sie von all der körperlichen Betätigung großen Hunger bekommen und es daher eilig hatten, wechselten sie sich ab. Xhex ging zuerst unter die Dusche.
John wartete inzwischen draußen auf dem Flur. Seltsamerweise war er nicht erschöpft, wie erwartet, sondern voller Energie und fühlte sich äußerst lebendig – und so stark wie nie zuvor.
Xhex kam aus dem Umkleideraum. »Jetzt bist du dran.«
Oh Mann, sah sie scharf aus! Ihr kurzes Haar kringelte sich, während es an der Luft trocknete, ihr aufregender Körper steckte in OP-Klamotten und ihre Lippen leuchteten rot von den unzähligen Küssen. Als er daran dachte, was sie gerade miteinander getrieben hatten, beschleunigte sich sein Puls, und schließlich ging er rückwärts durch die Tür, damit er sie noch etwas länger betrachten konnte.
Und was sagte man dazu: Als sie ihn anlächelte, schmolz er dahin. Die Wärme und Zärtlichkeit in ihrem Blick ließ sie strahlend schön erscheinen.
Sie war sein. Für immer.
Als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, packte ihn die Panik, als ob sie plötzlich nicht nur aus seinem Blickfeld, sondern aus seinem Leben verschwunden war. Das war natürlich Blödsinn. Er unterdrückte seine Paranoia, duschte schnell und schlüpfte dann in Windeseile in OP-Klamotten.
Natürlich war sie immer noch da, als er wieder aus der Umkleide kam. Und obwohl er sie eigentlich nur bei der Hand nehmen und mit ihr zum Wohnhaus gehen wollte, zog er sie unvermittelt fest an sich und umarmte sie.
Das Problem war, dass alle sterblichen Wesen irgendwann einmal den Geliebten bzw. die Geliebte verlieren würden. So war es eben, das Leben. Die meiste Zeit verdrängte man diese Tatsache, schob sie in den hintersten Winkel des Gedächtnisses. Aber manchmal wurde man durch bestimmte Vorfälle wieder an die eigene Sterblichkeit erinnert, und das ließ einen innehalten und sein Herz erforschen. Zum Beispiel, wenn schlimme Kopfschmerzen sich nur als Migräne und nicht als Tumor herausstellten. Oder wenn bei einem Autounfall mit Totalschaden
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