Black, Jenna - Die Exorzistin Bd. 1 - Dämonenkuss
etwas Saures gebissen. »Diese Sache tut mir wirklich leid, Morgan. Als ich beim letzten Mal auf der Ebene der Sterblichen gewandelt bin, hatte ich einen Mann mit einer sehr gewalttätigen Natur als Wirt, einen Krieger. Wir sind zwar in der Lage, die Persönlichkeit unseres Wirts zu unterdrücken, aber ein bisschen was kommt doch manchmal durch. Und wenn man ein ganzes Leben mit so jemandem verbracht hat, bleibt das nicht ohne Einfluss auf das eigene Verhalten. Sorry, dass ich das nicht besser unterdrückt habe … ist mir echt peinlich und wird nicht wieder vorkommen.«
Ich legte den Kopf schief. »Du willst mir also erzählen, dass du in Wirklichkeit gar nicht derjenige warst, der mich geschlagen hast? Ich habe demnach von irgendeinem Überbleibsel deines letzten Wirts eine verpasst bekommen?«
Als Exorzistin bin ich eigentlich eine Expertin auf dem Gebiet der Dämonologie. Auch in einer Familie aufgewachsen zu sein, die zur Spirituellen Gesellschaft gehört, war in dieser Hinsicht nützlich und hat mir zusätzliches Wissen mit auf den Weg gegeben. Aber selbst wir sogenannten Experten wissen nicht besonders viel darüber, wie das Leben der Dämonen funktioniert. Wir wissen nur das, was sie selbst uns darüber erzählen, und ich gehe jede Wette ein, dass das bei weitem nicht alles ist. Was mich nicht gerade beruhigt. Man muss sich schließlich fragen, was sie wohl nicht erzählen -und warum.
Andrew wertete meine Frage als Zeichen, dass ich mich doch mit ihm aussprechen wollte, und ging einfach an mir vorbei ins Wohnzimmer.
Mein Haus sieht kein bisschen nach mir aus. Ich wirke wie die Art von Frau, die in einem hypermodernen Apartment mit klaren, eleganten Linien und ungemütlichen Möbeln wohnt. Doch in Wirklichkeit wohne ich in einem kleinen Landhäuschen, das man aus einer englischen Grafschaft hierher verpflanzt haben könnte. Im Vorgarten wächst sogar eine Rosenhecke, an der ein kleiner gepflasterter Weg vorbeiführt. In meinem Wohnzimmer bestehen die Sitzmöglichkeiten aus einer aufgeplusterten alten Couch mit kitschigem Blumenbezug sowie aus einem nicht weniger gut gefütterten Zweiersofa in zartem Buttergelb, in dessen Polstern ein mittelgroßer Erwachsener komplett verschwinden kann, wenn er nicht aufpasst.
Andrew ist größer als mittelgroß. Er misst exakt 1,85 Meter und wiegt 90 Kilo, wovon jedes einzelne Gramm aus reiner Muskelmasse zu bestehen scheint. Wäre er nicht mein Bruder (oder zumindest so etwas Ähnliches), würde ihn wahrscheinlich für ziemlich attraktiv halten. Er ließ sich in das gelbe Sofa sinken, schaffte es aber irgendwie, nicht davon verschluckt zu werden.
Ich fügte mich dem Unvermeidlichen, setzte mich auf meine Couch und legte mir ein Kissen auf den Schoß. Der Alptraum, den ich in Topeka durchgemacht hatte, steckte mir immer noch in den Knochen. Ich hatte weder Lust auf ernste Themen noch auf klärende Gespräche.
Andrew verschränkte die Hände zwischen den Knien und betrachtete sie angelegentlich. »Ich übernehme die volle Verantwortung für mein Verhalten, Morgan. Ich bin kein Wikinger mehr und sollte mich besser unter Kontrolle haben. Einar hat zwar Einfluss auf meine Persönlichkeit genommen, aber ich bin seit zehn Jahren mit Andrew verbunden. Ich hätte es inzwischen schaffen sollen, die Vergangenheit hinter mir zu lassen.« Er sah zu mir auf und lächelte zaghaft. »Obwohl du selbst in einem Heiligen noch den Teufel zum Vorschein bringen könntest.«
Ich lachte, wenn auch widerwillig. Dann setzte ich wieder eine ernste Miene auf und blickte ihn eisig an. »Wie ich schon sagte, ich habe ein paar echt miese Tage hinter mir. Alles, was ich im Moment will, ist ein heißes Bad und dann schlafen gehen. Könntest du dich also bitte kurz fassen?«
Er hob die Brauen, und ich errötete. Er hatte mich mit Brian vorfahren sehen, und natürlich war ihm vollkommen klar, dass ich ursprünglich nicht vorgehabt hatte, den Abend nur mit Ausspannen zu verbringen. Zu unser beider Glück ging er darüber hinweg, ohne mich damit aufzuziehen.
»Ich will nur, dass die Dinge zwischen uns wieder in Ordnung kommen. Oder wenigstens so weit in Ordnung wie möglich. Was kann ich tun, um mich für mein furchtbares Verhalten zu entschuldigen?«
Mein erster Reflex war, ihm zu sagen, er solle sich seine Entschuldigung dorthin stecken, wo die Sonne nicht scheint. Aber mit zunehmendem Alter scheine selbst ich reifer zu werden, und ich verkniff mir diesen Kommentar. »In Ordnung« würden die Dinge
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