Black, Jenna - Die Exorzistin Bd. 1 - Dämonenkuss
das sollte ich tun. Ich wollte nicht schon wieder mit einer meiner unbewussten Ängste konfrontiert werden. Doch statt meinem Rat zu folgen, knipste ich die Schreibtischlampe an. Geblendet schloss ich einen Moment lang die Augen.
Dann atmete ich tief durch und öffnete die Augen, um zu lesen, was ich im Schlaf geschrieben hatte.
Morgan, dies ist keine Nachricht deines Unterbewusstseins. Du bist wirklich von einem Dämon besessen. Aber deine Persönlichkeit ist so stark, dass ich keinen Fuß in die Tür kriege, außer wenn deine Wachsamkeit beeinträchtigt ist – wie zum Beispiel während deines Schlafes. Ich will dir nichts Böses. Mir widerstrebt es genauso, in deinem Körper zu stecken, wie es dir widerstrebt, mich in dir zu haben, aber …
Das war alles. Alles, was der Dämon geschrieben hatte. Nein, alles was ich geschrieben hatte, denn dass ich besessen war, war absolut unmöglich. Absolut!
Zitternd schlang ich die Arme um mich.
»Beruhige dich, Morgan«, sagte ich mir. »Du bist nicht besessen. Val wäre die Veränderung deiner Aura aufgefallen, als sie dich in Topeka untersucht hat.«
Doch das vertrieb meine Angst nicht.
Einmal mehr riss ich meine eigene Notiz von einem Block und knüllte sie zusammen. Diesmal würde es mir jedoch nicht reichen, sie einfach nur in den Papierkorb zu werfen. Ich wollte die Existenz dieser Worte auslöschen.
Ich ging hinüber ins Wohnzimmer, warf das Papier in den Kamin und verbrannte es. Doch obwohl ich danach sofort wieder ins Bett stieg und mich in meine warme Decke einmummelte, machte ich die restliche Nacht lang kein Auge zu.
Am nächsten Abend kam Brian um sieben zum Essen und Vögeln vorbei, wenn er auch nicht unbedingt diese Reihenfolge im Kopf hatte. Dank der perfiden Kombination aus Schlafmangel und ständiger Sorge war es mir den ganzen Tag über mies gegangen. Brian sah auf einen Blick, dass heute zuerst das Essen dran sein würde, und kochte für mich. Wie Val schon gesagt hatte, war er einer fürs Leben.
Dieser Gedanke ließ jedoch meine Laune noch weiter sinken. Brian mochte die Art von Mann sein, die man halten sollte, ich konnte mir nur nicht vorstellen, wie er es fertigbringen wollte, mich zu halten. Er redete zwar die ganze Zeit davon, dass wir zusammenziehen sollten und so weiter – aber jetzt mal ehrlich. Er war ein wirklich netter Typ, der Traum jeder Schwiegermutter. Aber was wollte er ausgerechnet mit mir? Passte nicht irgendein braves Mädchen von nebenan viel besser zu ihm? Tausendmal besser jedenfalls als eine launische Exorzisten-Tante mit großer Klappe und Scheiß-Einstellung?
Ja, so miese Laune hatte ich. Und ich gebe offen zu, dass ich mich in meinem Selbstmitleid suhlte. Noch eine meiner eher unsympathischen Eigenschaften. Im Stillen bin ich manchmal auf Brian und sein normales Leben neidisch. In seiner Familie gibt es keine Fanatiker. Bei ihm verstehen sich alle so, wie es sein sollte, wenn man zu ein und derselben Familie gehört. Was nicht bedeutet, dass es in seiner Familie nicht auch manchmal Auseinandersetzungen gibt. Aber das sind immer gesunde Auseinandersetzungen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Er geht jeden Tag zur Arbeit und hat einen sicheren, gutbezahlten Job – er ist Anwalt, aber nicht von der halbseidenen, sondern von der langweiligen Sorte. Außerdem glaubt er daran, dass die meisten Menschen im Grunde ein gutes Herz haben. Was er in mir sieht, ist mir ein völliges Rätsel.
Ich glaube, selbst jeder noch so unaufmerksame Machotyp hätte an diesem Abend meine schlechte Laune bemerkt.
Deswegen überraschte es mich nicht, als mich Brian an sich zog und zärtlich in die Arme nahm, nachdem wir den Tisch abgeräumt hatten.
»Was ist los?«, fragte er.
Ich seufzte und schmiegte mich an ihn.
»Nichts. Ich hab nur nicht gut geschlafen.«
Er hielt mich ein wenig von sich weg und hob mit dem Finger mein Kinn, damit er mir besser ins Gesicht sehen konnte. Seine whiskybraunen Augen drückten Besorgnis aus. »Hast du wieder geschlafwandelt?«
Ich schluckte und unterdrückte den Anflug von Panik, als ich daran dachte, wie ich aufgewacht war und dieses verdammte Stück Papier vor meiner Nase gelegen hatte. Ich beschränkte meine Antwort auf ein Nicken, weil ich Angst hatte, dass meine Stimme zu sehr zittern würde, wenn ich etwas sagte.
Brian streichelte mir übers Haar. »Du solltest zum Arzt gehen.«
Ich wusste nicht, ob er damit einen normalen Arzt oder einen Seelenklempner meinte, war aber so oder so nicht für den
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