Black Rabbit Summer
scheiß
Kette
findet, ehe die Bullen kommen und rumschnüffeln, ist alles cool, stimmt’s?«
»Cool wirkst du nicht gerade«, sagte ich.
»Was redest du?«
Ich sah ihn starr an. »Wovor hast du Angst, Wes?«
»Was?«
»Ich meine, wenn alles so abgelaufen ist, wie du gesagt hast, wieso machst du dir dann Sorgen? Stella hat Eric erpresst. Die Entführung war ihre Idee. Und du hast sie doch sowieso nicht umgebracht. Das war Pauly.«
»Sorgen?«
, sagte Campbell. »Wir waren schließlich dabei, als sie gestorben ist, klar? Wir haben es nicht gemeldet. Wir haben sie nackt im Fluss versenkt, wir haben versucht, es dem Typen im Wohnwagen anzuhängen –«
»Wieso?«
»Wieso was?«
»Wieso habt ihr euch die ganze Mühe gemacht? Warum habt ihr nicht alles Pauly zugeschoben?« Ich sah Eric an. »Hattet ihr Angst, was er über euch rumtratschen würde?«
Eric sah Campbell nervös an.
»Hör nicht auf ihn«, sagte Campbell. »Er will dich nur provozieren.«
»Ich kapier das einfach nicht«, sagte ich und schüttelte meinen Kopf.
Eric wandte sich wieder zu mir um. »Du verstehst was nicht?«
»Du und Wes... ich mein, schämst du dich
wirklich
so sehr für ihn?«
Eric starrte mich nur an, seine Augen leuchteten kalt und weiß in der Dunkelheit.
Ich starrte zurück, mein Herz wummerte. »Was, glaubst |482| du, wird denn passieren, wenn die Leute rausfinden, dass du Campbell liebst? Meinst du, es kommt in die Zeitung oder was? Schwuler Junge aus gutbürgerlichen Kreisen liebt Schlägertyp aus Sozialsiedlung? Ich meine, überleg doch mal – glaubst du wirklich, das
interessiert
irgendwen?«
»Das verstehst du nicht«, sagte Eric leise.
»Nein?«
»Es hat nichts mit
schämen
zu tun.«
»Du warst doch immer so stolz«, sagte ich, ihm das Wort abschneidend. »Denk doch mal dran, als du dich geoutet hast und du ständig dieses
Proud to be gay
- T-Shirt getragen hast...« Ich sah ihn an. »Wo ist dieser Stolz jetzt?«
»Du weißt nicht, wovon du redest.«
»Und du«, sagte ich, an Campbell gewandt. »Du hast doch bloß Schiss, dass keiner mehr Angst vor dir hat, wenn sie rausfinden, du bist schwul.« Ich lächelte gemein und verspottete ihn. »Schwere Jungs dürfen nicht schwul sein, stimmt’s? Schwere Jungs dürfen sich nicht in Schwuchteln wie Eric verlieben – sie müssen solchen Typen die Kacke aus dem Leib prügeln. Sie müssen solche Typen
hassen
. Ich mein, die sind doch zum Kotzen, oder? Tuntenärsche, so was ist doch widernatürlich, stimmt’s?«
Campbell schlug mich – ein brutaler Schlag auf den Mund, der mich rücklings gegen die Wand taumeln ließ. Ich wischte mir Blut von den Lippen und sah ihn an... und fand, was ich zu finden hoffte. Puren Hass. Trotz des heftigen Schmerzes in meinem Mund und der bohrenden Angst im Herzen lächelte ich in mich hinein. Ich hatte erreicht, was ich wollte. Er drehte durch. Ich spuckte Blut auf den Boden und grinste ihn an.
»Schwerer Junge«, sagte ich.
|483| Sein Blick war leer, als er das Messer aus seiner Tasche zog und sich auf mich zubewegte. Ich wusste, er hatte jetzt kein Gewissen mehr. Es gab nichts mehr für ihn – keine Gefühle, keine Regungen, keine Angst. Er hasste mich nicht einmal mehr. Ich war einfach etwas, das er zum Schweigen bringen musste. Wo er zustechen musste. Ganz einfach. Es gab keine Chance für mich, ihn noch aufzuhalten.
Dafür baute ich auf Eric.
Doch als Campbell immer näher kam und Eric nur dastand und nichts unternahm, dämmerte mir plötzlich, dass ich einen großen Fehler machte. Einen
wirklich
großen Fehler. Eric würde nichts unternehmen, um Campbell aufzuhalten. Warum sollte er? Er liebte ihn.
Ganz einfach.
Campbell kam jetzt auf mich zu, die rechte Hand umklammerte das Messer, die linke hielt noch immer die Taschenlampe... und ich wusste, es war zu spät, etwas zu tun. Ich konnte mich nicht rühren. Es gab keinen Ausweg. Er war zu nah, zu groß, zu entschlossen.
Er greift mich mit dem Messer an
, wurde mir klar.
Es passiert wirklich. Er macht mich fertig mit dieser Klinge.
Und ich konnte nichts weiter tun, als ihn anstarren und in sprachloser Fassungslosigkeit zusehen, wie er das Messer in seiner Hand hob...
Und dann plötzlich war Eric da, stieß in ihn hinein, schlang seine Arme um ihn, zog ihn von mir weg... und Campbell wehrte sich wie besessen – sich drehend und windend, ächzend und fluchend, und während er sich aus Erics Griff zu befreien versuchte, ließ er plötzlich die Taschenlampe fallen. Der Strahl
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