Black Rain: Thriller (German Edition)
Idee.
Sie trat hinter ihn, als der Barkeeper forteilte, um den bestellten Drink zu holen. »Darf ich den bezahlen?«, sagte sie. »Die Preise hier sind unverschämt, und der Dollar ist auch nicht mehr das, was er mal war.«
Er drehte sich zu ihr um und sah sie mit einem verschmitzten Lächeln an. »Ich sollte mich eigentlich schämen für die Frage«, sagte er, »aber was macht ein nettes Mädchen wie Sie an so einem Ort?«
Sie schmunzelte über das Klischee. Es hätte von Bogart stammen können. Es war etwas, das ihr Vater vielleicht für unübertroffen lässig gehalten hätte. »Wer sagt, dass ich ein nettes Mädchen bin?«
»Ein bösartiges Gerücht.«
»Ich verstehe«, sagte sie und dachte, wenn er sie nur besser kennen würde. »Ich werde etwas dagegen unternehmen müssen. Eigentlich bin auf einen kleinen Schlaftrunk hier. Manchmal kann ich sonst nicht einschlafen. Irgendetwas sagt mir, dass es Ihnen genauso geht.«
McCarter nickte. »Ich gewöhne mich gerade erst ans Alleinsein«, gab er zu.
Sie nickte. McCarters Überprüfung durch das NRI hatte viele Dinge zutage gefördert, wovon das wichtigste die Krise war, die er in den letzten fünf Jahren durchgemacht hatte. Seine Frau war im Kampf gegen den Krebs wiederholt behandelt worden, doch letzten Endes hatte sie den Kampf verloren. Sie bemerkte an ihm die Leere, die ein solcher Verlust mit sich brachte, die Zweifel. Nachdem sie davon erfahren hatten, hatte Moore vorgeschlagen, dass sie sich jemand anderen suchten, aber Danielle konnte nachvollziehen, was McCarter durchmachte. Sie war überzeugt, sobald er sich wieder auf das Leben einließ, würde er sich vielleicht engagierter als jeder andere Wissenschaftler in das Projekt stürzen. Sie dachte, es wäre zu seinem Vorteil und sicherlich zu ihrem. Und deshalb hatte sie Moore trotz McCarters anfänglicher Absage davon überzeugt, bei ihm nicht locker zu lassen. Und hier war er nun.
»Ich weiß Bescheid wegen Ihrer Frau«, sagte sie schließlich. »Und ich denke, ich weiß, wie Sie sich fühlen.«
Er sah sie mit einem Blick an, der ausdrückte, er habe diese Worte schon von sehr vielen Leuten gehört, und die meisten hätten keine Ahnung. »Ach ja?«, sagte er mit einer leichten Schärfe.
»Mein Vater starb, als ich zwanzig war«, erwiderte sie. »Lungenkrebs, weil er zwei Päckchen am Tag geraucht hat. Er war eineinhalb Jahre krank, ehe er starb, und meine Mutter kam nicht sehr gut damit zurecht, deshalb habe ich die Uni verlassen und bin nach Hause gekommen, um zu helfen.«
McCarters Züge wurden weicher. »Es tut mir leid«, sagte er. »Ich wollte nicht … Hatten Sie eine enge Beziehung?«
Das war die Frage, dachte sie. Sie hatte sie sich selbst tausendmal gestellt. »Ja und nein. Als ich jünger war, ja. Ich denke, er wollte Söhne haben, aber er musste mit mir vorlieb nehmen. Als ich zehn war, wusste ich, wie man eine Angelschnur auswirft und einen Fastball schlägt. An meinem zwölften Geburtstag machten wir einen Ölwechsel bei unserem Auto. Aber als ich fünfzehn wurde, konnte er die Illusion nicht mehr aufrechterhalten. Ich trug Make-up und färbte mir das Haar, ging mit Jungs aus. Wir unternahmen danach nicht mehr viel zusammen. Zumindest bis ich zurückkam und mich um ihn kümmerte.«
McCarter nickte. »Das wusste er sicherlich zu schätzen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Eigentlich betrachtete er mich als Drückebergerin, weil ich mich von seiner Krankheit beeinflussen ließ. Weil ich mein Stipendium sausen ließ und ein Jahr an der Uni verpasste. Es machte ihn wütend, vor allem, weil er zu schwach war, um mich zurückzuschicken.«
Sie spürte den Stachel immer noch. Für ihren Vater war Drückeberger das schlimmste Schimpfwort. Scheitern war eine Sache, sich drücken war eine Schande. Es war immer sein bitterster Vorwurf gewesen.
»Er hat wahrscheinlich nur …«
Sie legte ihm die Hand auf den Arm, um ihn zu stoppen. »Er war voller fehlgeleiteter Wut«, erklärte sie. »Aber er hatte ein Recht, wütend zu sein, auch wenn er sie in die falsche Richtung lenkte. Und Sie und ich, wir haben das Recht, traurig zu sein … und weiterzugehen.«
McCarter trank einen Schluck. »Wissen Sie, ein Psychologe hat mir geraten, es zu akzeptieren. Alter und Tod zu akzeptieren, es sogar willkommen zu heißen, sagte er. Für mich war das nur defätistischer Mist. Deshalb sagte ich ihm, er solle sich zum Teufel scheren damit, aber ich habe immer noch dieses Gefühl der Ziellosigkeit. Sie sind jung,
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