Black Rain: Thriller (German Edition)
Fluggesellschaften beschönigend Essen nennen, und insgesamt gut vierzehntausend Kilometer zurückgelegt. Jetzt, nur Minuten von seinem Zielort entfernt, begann er sich endlich zu fragen, ob alles vielleicht ein schrecklicher Fehler gewesen war.
McCarter saß im hinteren Teil von Hawkers Hubschrauber auf einem schmalen Streifen brauner Leinwand, der sich als Sitz ausgab. Über seinem Kopf jaulte der Motor schrill, während die Rotorblätter die Luft mit einem Geräusch knüppelten, das seinen Körper wie das dumpfe Pochen aus einem massiven Basslautsprecher vibrieren ließ. Tropenluft strömte durch die weit offene Ladeluke gegenüber von ihm, während draußen dunkelgrüne Formen, bei denen es sich vermutlich um Bäume handelte, schnell und verschwommen vorbeihuschten. In der Kabine bebte und ratterte alles in seiner jeweils eigenen Frequenz, was ohne Frage zu den unheilvollen Haarrissen beitrug, die man in der Nähe vieler Verbindungselemente und Nieten sah.
»Was um alles in der Welt tue ich hier?«, sagte er.
Fünfzehn Jahre lang war Michael McCarter der leitende Archäologieprofessor an einer angesehenen Universität in New York City gewesen. McCarter war eine hoch gewachsene und distinguierte Erscheinung, ein Afroamerikaner von Ende fünfzig mit leicht ergrauten Schläfen und einer Brille mit Drahtgestell auf der Nase. Zu Beginn seiner Karriere hatte er ausgiebig veröffentlicht. In letzter Zeit war er ein Medienliebling geworden und in verschiedenen Fernsehdokumentationen aufgetreten. Nicht zuletzt aufgrund seiner tiefen, volltönenden Stimme war er auch ein gefragter Gastredner auf Konferenzen und Symposien.
Das NRI war seit fast einem halben Jahr hinter ihm her. Er hatte ihnen zweimal höflich einen Korb gegeben und dann alle Briefe, E-Mails und Telegramme ignoriert, die gefolgt waren. Schließlich hatte er – in einem Moment der Schwäche, er konnte es nicht anders nennen – einen Anruf von Danielle Laidlaw entgegengenommen, und sie hatte ihn trotz seiner gegenteiligen Absichten davon überzeugt, dies sei eine Gelegenheit, die er nicht verpassen dürfe. Jetzt, da er aus der offenen Ladeluke auf Objekte starrte, die viel zu nahe waren und sich definitiv zu schnell bewegten, war er sich sicher, die falsche Entscheidung getroffen zu haben.
Er wandte sich dem Cockpit zu und drückte den Sprechknopf an seinem Kopfhörer. »Sollten wir nicht ein bisschen höher fliegen?«, sagte er.
Der Pilot drehte sich um und musterte McCarter aus Augen, die hinter einer dunklen Sonnenbrille verborgen waren. Seine Antwort war beunruhigend. »Tut mir leid, Doc. Diese Dinger plumpsen runter wie ein Stein, wenn der Motor ausfällt. Deshalb bin ich lieber näher am Boden, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«
Es war natürlich gelogen, Helikopter verfügen über eine eigene Gleitflugtechnik namens »Autorotation«, und zusätzliche Höhe ist dafür nur nützlich, aber das Einzige, was Piloten noch lieber tun, als sich gegenseitig anzulügen, ist, Nichtflieger anzulügen.
McCarter sah sich um. »Und wenn es mir etwas ausmacht?«
Diesmal lachte Hawker nur. Der Hubschrauber flog weiter knapp über den Baumwipfeln.
McCarter lehnte sich zurück und begann sich in der Kabine umzusehen, inspizierte die Einrichtung, stellte Blickkontakt mit den anderen Insassen her, sah überall hin, nur nicht zu dieser offenen Tür. Drei weitere Passagiere begleiteten ihn, zwei davon NRI-Mitarbeiter. Mark Polaski, ein Kommunikationstechniker, und William Devers, ein Linguist, der mehrere Eingeborenensprachen beherrschte. Der dritte Passagier war eine Studentin namens Susan Briggs, die er auf Drängen des Dekans der Universität mitgenommen hatte.
Susan war erst einundzwanzig und stand kurz davor, in die Archäologie-Meisterklasse aufgenommen zu werden. Zuvor hatte sie zwei Kurse bei McCarter belegt, und er hatte sie als brillante Studentin erlebt, wenn auch ein wenig introvertiert. Sie hatte etwas von einem Wildfang an sich, trug so gut wie kein Make-up und zog Jeans und T-Shirts modischeren Klamotten vor. Wenn sie einmal sprach, klang sie oft nervös und drückte sich trotz ihrer Intelligenz in Superlativen und anderen Worten aus, die für sie – wie für die übrige junge Generation – ganz andere Bedeutungen zu haben schienen als für McCarter.
Er wusste wenig über sie als Person, nur dass sie wohlhabende Eltern hatte, die dem Dekan sehr nahe standen. Dieser hatte deutlich gemacht, McCarter könne sich auf etwas gefasst machen, falls die
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