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Blackbirds

Blackbirds

Titel: Blackbirds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Wendig
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neues Ich. Sei die Quelle, nicht der Abfluss, sage ich immer. Sei das Blatt, das mit dem Strom schwimmt, nicht der Damm, der sich ihm entgegenstemmt. Hab ich recht?«
    Miriam hat nur wenig Geduld. Sie schenkt der Halluzination nur einen kurzen Blick und ein knappes Knurren.
    »Keine schlagfertige Antwort?«, will Louis wissen. Eine Wespe gräbt sich unter dem Isolierband auf seinen Augen hervor, umkreist seinen Kopf und fliegt dann zwischen den Bäumen davon.
    »Ich brauch eine Zigarette.«
    »Das ist nicht gerade schlagfertig. Ich bin enttäuscht.«
    »Ich hätte gern einen Drink.«
    »Ich bin immer noch nicht beeindruckt. Das ist wirklich ein neues Ich, das du da hast.«
    »Erstick doch an einem Scheißhaufen.«
    »Auf der anderen Seite ...«, sagt Louis, »... so neu auch wieder nicht.«
SIEBENUNDDREISSIG
    Die zweite Stunde
    Sie hört die Hauptstraße, bevor sie sie sieht.
    Dieser vertraute Dopplerklang der vorbeirasenden Autos. Das Röhren eines Motorrads, das die Straße entlangflitzt.
    Miriam kommt am Rand des scheinbar endlosen Kieswegs an – allein. (Louis’ zukünftiges Geister-Ich hat sie bereits lange hinter sich gelassen, obwohl sie ihn hin und wieder zwischen den Baumstämmen hindurch erkennen kann, während sie weiterstolpert.)
    Die Straße vor ihr ist zweispurig. Grauer Makadam. Eine krustige und rissige Straßenmarkierung in der Mitte wie ein dahingespritzter goldener Streifen Pisse.
    Sie blinzelt und steckt die Pistole in den hinteren Hosenbund.
    Sie war schon einmal hier. Zahllose Male. Sie stand am Rand des Highways, den Daumen ausgestreckt und in der Hoffnung, dass sie eine Mitfahrgelegenheit kriegt wie ein Schiffshalter-Barsch, der sich fest an einen schnell dahingleitenden Hai andockt (einen, der sich schnell auf Futter zubewegt, denn der Schiffshalter-Barsch ist wie ein Geier, der wie die Krähe ist, die damit wie Miriam selbst ist: ein Aasfresser, ein Parasit und rundherum faul).
    Wieder einmal sucht sie eine Mitfahrgelegenheit zu jemandes Tod.
    Diesmal wird der Daumenhalter-Trick nicht ausreichen. Zu langsam. Die meisten Leute wissen, was sie kriegen, wenn sie einen Anhalter mitnehmen: einen Süchtigen, einen Verrückten, einen Serienkiller, ein großes, riesiges Fragezeichen, das keine Antwort wert ist.
    Miriam hat einfach keine Zeit mehr.
    Sie sieht ein Auto heranfahren. Ein Subaru Outback Station Wagon, schon ein paar Jahre über seine beste Zeit hinaus.
    Miriam tritt hinaus, direkt vor dieses Riesending japanischer Herstellung. Spät, zu spät, verschwindet der graue Glanz auf der Windschutzscheibe, und Miriam kann sehen, dass die Frau hinter dem Steuer mit dem Handy telefoniert und wahrscheinlich nicht auf unwichtige Dinge – wie, sagen wir mal, die Straße – achtet.
    Dennoch rührt Miriam sich nicht vom Fleck.
    Das Auto rast heran und hält nicht an.
    Dann, im letzten Moment, quietschen die Bremsen. Das Hinterteil des Wagens beginnt zu hüpfen wie die Hüften eines alten Hundes, aber es ist nicht genug und zu spät.
    Das Auto prallt auf Miriam.
    Glücklicherweise hat es in dem Moment, in dem es das tut, nur noch ein paar Stundenkilometer drauf.
    Es tut zwar weh (in diesem Augenblick tut selbst die leichte Brise auf ihrer Haut weh, selbst ihr Haar scheint wehzutun), aber es ist eher lästig als sonst was. Dennoch, es gibt Miriam nochmal einen Kick, einen ordentlichen Schub Adrenalin.
    Die Frau im Auto sitzt da wie vom Donner gerührt. Sie ist schon älter, vielleicht Mitte Fünfzig mit einer weißblonden Frisur wie ein Soldat, was vermuten lässt, dass sie entweder eine Lesbe oder eine von den Frauen ist, die einen Scheiß drauf geben, wie sie aussehen, und morgens im Bad keine Zeit verschwenden wollen.
    Das Handy gleitet ihr aus der Hand, aber die Hand bleibt am Ohr. Miriam fände es komisch, wenn sie noch Sinn für Humor hätte.
    Dann scheint die Frau ihre sieben Sinne wieder beisammenzuhaben und langt nach dem Lenkrad, und Miriam sieht diesen Panisches-Kaninchen-Blick.
    Seufzend zieht sie die Pistole und richtet sie auf die Windschutzscheibe.
    Die Hände der Frau gehen nach oben.
    »Gute Lesbe«, murmelt Miriam, dann geht sie auf die Beifahrer-Seite und hievt ihre Protest kreischenden Knochen in den Sitz.
    »Barnegat-Leuchtturm«, sagt Miriam.
    Die Lippen der Frau bewegen sich, aber kein Wort kommt heraus.
    »Tut mir leid«, sagt Miriam. »Das sollte eine Frage werden. Barnegat-Leuchtturm?«
    »W-was ist damit?« Die Stimme der Frau ist rau, als spreche sie durch eine

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