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BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät

BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät

Titel: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Elsberg
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vorbei.
    Manzano ließ sich von dem Mann den Standort des Krankenhauses auf einer Karte zeigen. Via Francesco Sforza. Das war in Gehweite zum Dom. In der Stunde, die er warten müsste, schaffte er es auch zu Fuß bis nach Hause in die Via della Francesca. Fit genug fühlte er sich. Vielleicht konnte er unterwegs eine U-Bahn oder Tram nehmen, der Strom kam sicher jeden Augenblick wieder. Er bedankte sich bei dem Mann, schlug den Mantelkragen hoch und stapfte los.
    In den Straßen verschwammen die Lichter der Autos zu einem Strom, der sich träge durch dunkle Häuserschluchten schob. Die Leute schienen sich anders zu bewegen als sonst, fand Manzano, hektischer, eckiger. Der eisige Wind fuhr durch seinen Mantel.
    Er lief durch die Gassen Richtung Dom, im Hintergrund begleitet von einem ununterbrochenen Hupkonzert. Er passierte die Kathedrale und schlug den Weg über die Via Dante zum Parco Sempione ein. Das Hupen wurde lauter. Die Straßenbahnen waren stehen geblieben und blockierten den Verkehr. Er wanderte weiter durch verstopfte Straßen, manchmal fand er in den schmalen Gassen kaum Platz zwischen den Fassaden und den Autos. Er spazierte zum Foro Buonaparte, hier ebenfalls Chaos. Immer wieder Einsatzhörner von irgendwoher. Er entdeckte ein beleuchtetes Bürohaus. Hier hatte wohl jemand einen Notstromgenerator. Zum ersten Mal dachte Manzano an seine Wohnung. In ihrem Haus gab es keine Einrichtungen für derartige Fälle. In seinem Kopf drängten sich Bilder des Unfalls. Manzano versuchte, sie zu verscheuchen, und überlegte, ob er die Feuerwehr wegen seines Wagens anrufen sollte. Doch das hatte Zeit bis morgen. Morgen, morgen Abend würde er mit Carla ausgehen. Danach zu ihr. Oder doch Julia? Mal sehen, ob die Ärztin recht hatte mit der Narbe.
    Die meisten Läden, an denen er vorbeikam, hatten bereits geschlossen, auch wenn die Schilder mit den Öffnungszeiten etwas anderes sagten.
    Fasziniert stellte er fest, dass er plötzlich Dinge entdeckte, die ihm verborgen geblieben waren, solange sie beleuchtet gewesen waren. Skurrile Schriftzüge über Läden etwa oder Gebäude, an deren hellen Fenstern er vorbeigegangen wäre, nun aber zum ersten Mal einen Blick auf die Fassade warf. In einem winzigen Alimentari kramte bei Kerzenlicht eine gebeugte Gestalt umher. In der Glastür hing ein Schild mit der Aufschrift » Chiuso «, Manzano klopfte trotzdem.
    Ein älterer Mann mit weißem Kittel kam an die Tür und beäugte ihn kritisch. Dann öffnete er. Über dem Eingang klingelte ein Glöckchen.
    »Was wollen Sie?«
    »Kann ich noch etwas einkaufen?«
    »Nur wenn Sie Bargeld haben. Elektronische Bezahlung funktioniert nicht.«
    Dass es derlei in diesem Geschäft überhaupt geben sollte, überraschte Manzano. In seine Nase stieg der Duft von Schinken und Käse, Antipasti und Brot. Er fingerte das Portemonnaie heraus und zählte nach.
    »Vierzig habe ich noch.«
    Der Mann musterte ihn von oben bis unten.
    »Frau? Kinder?«
    Verkaufte der nur an Familienväter?
    »Nein.«
    »Für Sie müsste das genügen. Sie sehen nicht aus wie ein starker Esser. Was ist mit Ihrem Kopf passiert?«
    Er ließ die Tür offen und verschwand hinter dem Tresen.
    »Kleiner Unfall wegen des Stromausfalls.«
    Im Laden war es warm. Manzanos Wangen begannen zu brennen.
    »Machen Sie sich einen gemütlichen Abend mit ein paar leckeren Sachen, bei Kerzenlicht, ohne Fernsehen. Vielleicht ein gutes Buch«, meinte der Alte.
    Manzano wählte Bresaola, Salami finocchietta, Taleggio, Ziegenkäse, eingelegte Pilze und Artischocken, dazu ein halbes Weißbrot. Der Mann packte alles in eine Tüte mit dem schlichten Schriftzug »Alimentari Pisano«.
    »Eine Flasche Rotwein dazu?«
    »Danke, bin versorgt.«
    Danach blieben ihm noch vierundzwanzig Euro. Er verabschiedete sich und verließ mit einem weiteren Bimmeln das Geschäft.
    Seit drei Jahren wohnte Manzano im dritten Stock des Altbaus in der Via Piero della Francesca. Kein Licht am Eingang, im Treppenhaus sah er kaum die Hand vor Augen. Aus der Dunkelheit hörte er Stimmen schimpfen, flehen, beruhigen.
    Den altersschwachen Fahrstuhl hätte er auch bei Beleuchtung nicht aufgesucht. Er tastete sich langsam voran, eine Hand an der Wand.
    Von oben schimmerte Licht. Die Treppe wand sich wie eine Spirale hoch, in deren Mitte der Liftschacht saß. Zwischen erster und zweiter Etage hatte sich die halbe Hausgemeinschaft mit Taschenlampen und Kerzen um die Kabine versammelt, diskutierte wild durcheinander und redete den

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