BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät
van Kaalden.
Angström schloss sich den beiden an, Terbanten blieb im Wagen.
In ihre Anoraks verpackt stapften sie zwischen den anderen Autos Richtung Shop. Viele Wagen waren leer. Bei einigen lief der Motor. In anderen hatten sich die Passagiere in warme Kleidung gewickelt, manche schliefen hinter Scheiben mit Eisblumen. Aus einem winkte ihnen ein Kind zu.
»Unheimlich«, meinte Bondoni.
Die Tankstelle war tatsächlich zugesperrt. Sie umrundeten das Gebäude und fanden die Toiletten auf der Rückseite. Kaum hatten sie die Tür geöffnet, schlug ihnen Gestank entgegen. Angström konnte gerade noch das Waschbecken erkennen. Weiter drinnen war es zu dunkel, um irgendetwas zu sehen.
»Hier gehe ich auf keine Toilette«, erklärte sie.
Sie wanderten weiter zur Raststätte. Hinter den Fenstern entdeckte Angström einen kaum wahrnehmbaren Schein flackern. Die Tür stand offen. Von drinnen erklangen Stimmen.
»Da ist wer«, stellte Bondoni fest.
Schwaches Licht schien durch das geriffelte Glas einer großen Doppeltür. Als sie den Gastraum betraten, erfasste Angström ein Gefühl von Abenteuer, kein gefährliches Abenteuer, mehr so eines von der Sorte, wie früher bei einem Gewittersturm im Ferienlager. Alle Tische waren besetzt. Auf einigen flackerten Kerzen. Die Gäste unterhielten sich, aßen, schwiegen, schliefen. Hier war es deutlich wärmer als draußen. In ihre Nase kroch ein muffiger Geruch. Ein Mann mit Daunenjacke kam ihnen entgegen, um den Hals eine schwarze Fliege.
»Wir sind voll«, erklärte er. »Aber wenn Sie noch ein Plätzchen finden, können Sie gern bleiben.«
»Haben Sie etwas zu essen?«, fragte Angström.
»Vieles ist aus. Am besten gehen Sie in die Küche. Die geben Ihnen von dem, was noch da und genießbar ist. Bezahlen müssen Sie in bar. Den regulären Restaurantbetrieb mussten wir vorübergehend aufgeben. Licht, Wasser, sanitäre Anlagen, Herde, Kühlschränke, Heizung, Buchungs- und Zahlungssysteme – nichts davon funktioniert. Ich habe eigentlich seit drei Stunden Feierabend. Aber wir können die Leute ja nicht einfach aussperren.«
»Also keine Toiletten.«
»Nein, tut mir leid.«
»Wohin gehen die Leute hier dann, wenn sie müssen?«
Ybbs-Persenbeug
Regungslos starrten die neun Männer auf die Monitore des Leitstands.
»Und los!«
Oberstätter drückte die Taste. Drei Stunden lang hatten sie telefoniert, diskutiert, simuliert. Sie wussten noch immer nicht, was den Stromausfall ausgelöst hatte.
Sie wussten nur eins: Fast ganz Europa war ohne Energie. Laufkraftwerke wie Ybbs-Persenbeug an der Donau zählten zu den wichtigsten, um die Versorgung wieder aufzubauen, da sie ohne Hilfe jederzeit neu starten konnten. Sie wussten auch, wie es zur Notabschaltung ihres Kraftwerks gekommen war. Durch den großflächigen Ausfall war es in den Netzen zu einem schlagartigen Frequenzanstieg gekommen, der nicht mehr korrigiert werden konnte. Daraufhin hatte die Software zahlreicher Kraftwerke diese in Sekundenschnelle automatisch deaktiviert, um die Generatoren vor der Zerstörung zu schützen. Oberstätter hatte mit seinem Eindruck der stampfenden Generatoren recht gehabt. Noch immer verstand er nicht, warum die Kollegen auf den Anzeigen im Leitstand das Gegenteil gesehen haben wollten. Er hoffte, dass die Anlage nicht beschädigt worden war.
Nun versuchten sie, das Kraftwerk neu zu starten. Im Gegensatz zu einer Kaffeemaschine konnte man dazu nicht einfach nur einen Knopf drücken. Schritt für Schritt mussten sie das Wasser durch die Turbinen leiten, die Generatoren zuschalten, Druckventile und viele andere Komponenten wollten berücksichtigt werden, um schließlich Strom ins Netz zu speisen.
»Und stopp«, erklärte einer seiner Kollegen. Er zeigte mit dem Finger auf einen Bildschirm. »Hier, Kurzschlussgefahr bei XCL 1362. Gleich zu Beginn. Großartig. Armin, Emil, ihr geht hinunter, überprüfen.«
»Das bedeutet wieder mindestens eine Stunde Verzögerung«, stöhnte einer der Angesprochenen.
»Wir haben keine andere Wahl«, antwortete Oberstätter. »Solange nicht alles in Ordnung ist, können wir nicht wieder hochfahren.«
Er griff zum Telefon und wählte die Nummer des Krisenmanagements in der Zentrale.
Berlin
Michelsen brachte ihre Stimme unter Kontrolle, bevor sie in den Hörer sprach: »Wenden Sie sich bitte an unsere Presseabteilung. Außerdem gibt es in wenigen Minuten eine Pressekonferenz und eine Sendung des Ministeriums.«
Sie warf den Hörer zurück. »Woher hat
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