BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät
gerade wieder erhärtet.
Mehr als drei Dutzend Porträts hingen über die Wand verteilt. Besonders um ein Foto hatten sich während der vergangenen vierundzwanzig Stunden die Notizen gehäuft. Es zeigte das Gesicht eines schlanken Mittdreißigers. Er trug einen Dreitagebart und eine modische, eckige Brille, die halblangen Haare mit sorgfältig gezogenem Linksscheitel. Oberhalb hatte jemand mit Blockbuchstaben »Balduin von Ansen« geschrieben, so wie auf allen anderen Porträts ebenfalls Namen notiert waren. Darunter hingen sechs DIN-A4-Blätter über- und nebeneinander, darauf eine umständliche Grafik. Dutzende Linien verbanden ebenso viele Kästchen, in denen Namen, Buchstaben- und Zahlenkombinationen notiert waren.
»Wir hatten bereits die Bestätigung«, erklärte Bollard den Umstehenden, »dass die zwei Millionen vom Konto der Karyon Ltd. auf Guernsey mittels sieben Tranchen innerhalb von sechs Monaten auf ein Konto der Utopia Enterprises auf den Caymans sowie der Hundsrock Company in der Schweiz flossen. Von dort gingen sie weiter auf ein Konto der Bugfix in Liechtenstein und ein Nummernkonto in der Schweiz. Teilhaber der Bugfix, laut Handelsregister eine Software-Beratungsfirma mit Sitz in Tallahassee, USA , ist Siti Jusuf. Ein weiterer ist John Bannock, einer der beiden US -Amerikaner, die Kontakt mit Jorge Pucao hatten und der seit Herbst 2011 verschwunden ist.«
Auf der Grafik mit den zahlreichen Kästchen und Linien fügte er die entsprechenden Einträge hinzu.
»Von diesen Konten ging das Geld aber unmittelbar weiter auf andere, in die wir Einsicht beantragt haben. Mit den Informationen dazu dürfen wir in den nächsten Stunden rechnen. Die Geldinstitute sind alle sehr kooperativ. Auch für weitere vierzehn Millionen von Ansens kommen wir gut voran. So schnell geht das, wenn es den Herrschaften ans Eingemachte geht«, bemerkte er. »Sogar trotz Stromausfall in einigen Ländern. Oder deshalb.«
Die Unterlagen hatte er sich über eine gesicherte Leitung senden lassen. Die Angreifer mussten nicht wissen, dass Europol und einige andere ihnen auf der Spur waren.
»Und soeben erhalte ich von den Londoner Analysten die Information, dass die Angreifer ihrer Meinung nach in zwei Quartieren arbeiten, eines davon in Mexiko, das andere am östlichen Mittelmeer oder im Nahen Osten. Das heißt, wir werden bevorzugt Geldtransfers in diese Gegenden analysieren.«
Follow the money . Bei den Söldnern waren sie damit nicht weit gekommen. Bei diesem deutschen Erben sah es deutlich besser aus. Offensichtlich hatte er von seinem Vater, dem Bankier, nicht zu viel gelernt, wenn es darum ging, Geldflüsse diskret zu halten.
»Das war doch …«, hörte er Manzano murmeln. Der Italiener stützte sich neben einem der Analysten auf den Tisch.
»Suchen Sie nach … nein, es war nicht … Stanbul! Geben Sie Stanbul ein. Und … welche Namen waren es? Ich glaube b.tuck. Versuchen Sie es einmal!«
Der Mann tippte, mehrere Dutzend Unterhaltungen erschienen.
»Sie war alt«, dachte Manzano laut. »Das war uns aufgefallen … mindestens drei Jahre. Geben Sie noch 1.20 als Suchbegriff ein.«
Auf dem Bildschirm erschien eine einzelne Meldung.
date: thu, -1.203, 14:35 GMT
» Kensaro: B.tuck hat Stanbul unterschrieben«, las Manzano die Unterhaltung vor, die er bereits in Brüssel gesehen hatte. »Transaktion sollte bis Monatsende erledigt sein. Simon: ok. Schicke per Costa Ltd. und Esmeralda halbe halbe.«
»Stanbul«, sagte Manzano. »Kann das Istanbul sein? Östliches Mittelmeer. Würde passen.«
»Costa Ltd. und Esmeralda«, sagte Bollard, der sich dazugestellt hatte. »Das sind Firmennamen.« Er überflog die Ausdrucke an der Wand.
»Da«, sagte er schließlich. »Esmeralda haben wir schon. Liechtenstein. Transaktionen sind angefordert. Dann werden wir da doch gleich noch einmal Druck machen.«
»Okay, und wir hier prüfen alle Unterhaltungen, die mit Stanbul, Istanbul und der Türkei zu tun haben.«
Durch die düsteren Flure wanderten Shannon und Manzano zu dem Zimmer mit ihren Betten.
»Glaubst du, dass sie die Kerle kriegen?«, fragte Shannon.
»Früher oder später«, antwortete er müde. Sie erreichten das Zimmer. Außer ihnen war niemand da. Sie traten ans Fenster. Über der Stadt lag ein rötlicher Schein, an manchen Stellen stärker, an anderen schwächer. »Hauptsache, sie stoppen das da draußen.«
Sie schwiegen. Hingen ihren Gedanken nach, den Ereignissen der letzten Tage. Shannon hatte neue Grenzen bei
Weitere Kostenlose Bücher