Blade 02 - Nachtklinge
eingeschlossen.« Seine Stimme war so kühl wie ihre und leise Bitterkeit schwang darin, als er fortfuhr: »Zwei Prinzen wollen dich heiraten, einer davon wird enttäuscht sein. Oder glaubst du, sie würden teilen wollen?«
Das Klatschen der Ohrfeige brachte Leo zum Weinen.
Nachdem sie ihren Sohn beruhigt hatte, trat Tycho an sie heran. »Es schmerzt, und du weißt das. Zwei Männer, die dich nicht lieben, können dich haben, und alle geben ihren Segen dazu. Und derjenige, der dich liebt, hat keine Chance.«
Sie protestierte nicht, als er ihr Leo aus den Armen nahm. Statt das Kind in die Wiege zu legen, entfernte er die strammen Wickel, die die Glieder des Kleinen streckten. »Weißt du, was diese Narbe zu bedeuten hat?«
»Er ist ein Kriegshund.«
»Genau. Leopolds Erbe in jeder Hinsicht.«
Sie nickte, als Tycho die Worte wiederholte, die Prinz Leopold damals bei der Trauung in Zypern gesprochen hatte. Plötzlich fiel ihm ein, wie der Prinz ihn kurz vor der Seeschlacht gefragt hatte, ob Leo sein Sohn sei. Offenbar hatte sich Giulietta auch ihrem Mann nicht anvertraut.
»Gibt es einen Zauber, der verhindert, dass du den Namen des Vaters preisgibst?«
Giulietta nickte.
»Hightown Crow?«
»Er war bei der Empfängnis dabei und hat dafür gesorgt, dass das Kind ein Junge wird. Sie sagten, ich müsse Janus einen Sohn gebären.«
»Sie?«
»Ja«, sagte sie. »Es waren mehrere beteiligt.«
Auf dem italienischen Festland vollzogen Adlige den Geschlechtsakt noch öffentlich, um die Gültigkeit der Ehe zu belegen, aber in Venedig war dieser Brauch schon seit Jahren aus der Mode gekommen. Tycho fielen plötzlich die Worte des Abts ein:
Ich spüre das Blut der Millioni.
Ohne den Anblick der verzweifelten Giulietta hätten diese Worte jedoch niemals sein Misstrauen erregt. »Hat Marco dich beschlafen?«
»Marco hätte ich noch ertragen. Außerdem hat mich niemand
beschlafen.«
Tycho fegte Krüge von einem Tisch, und das laute Geschepper ließ die Unterhaltung draußen auf dem Flur verstummen. Er zückte seinen Dolch und bohrte ihn in die Tischplatte. »Wenn du es nicht sagen kannst, schreib es auf.«
Sie umfasste den Griff mit zitternden Händen und ihre Fingerknöchel wurden weiß, als sie den Dolch herauszog. Sie ritzte
Alonzo
in das Holz. Rasch, wie um Tycho zuvorzukommen, sagte sie dann: »Ich heirate keinen der beiden, das habe ich Tante Alexa gesagt.«
»Natürlich.«
»Das ist mein Ernst.«
»Das weiß ich.«
»Ausgezeichnet«, stellte sie fest. »Stattdessen habe ich nämlich die Absicht, dich zu heiraten.«
54
T ja,
dachte Giulietta und sank atemlos auf die Kissen.
Das war
… Sie suchte nach dem passenden Wort.
Unerwartet?
Im Halbdunkel über ihr zeichneten Kerzenlicht und Schatten Tychos Gesicht nach. Sie fand, dass sie sich ungeschickt angestellt hatte, während Tycho überraschend zärtlich gewesen war. Die von Minnesängern besungene Ekstase oder die abgrundtiefe Scheußlichkeit, vor der ihre Amme sie am Tag der ersten Blutung gewarnt hatte – beides war ausgeblieben.
Aber es war passiert, so viel wusste sie.
Ihr Unterleib schmerzte dumpf, als müsse ihr Körper sich an eine veränderte Besitzerin gewöhnen. Sie war nicht dorthin gelangt, wo sie hinwollte. Als hätte sie versucht, Wasser in einem Sieb zu transportieren.
Das zweite Mal war ungestümer und das dritte besonders zärtlich, ein sanftes Wiegen, das die Erlösung brachte. Sie würde es nicht gerade als Ekstase bezeichnen, aber es war ein warmes, beglückendes Gefühl, und sie mochte es, als Tycho erschöpft neben ihr lag, den Kopf an ihrer Brust.
»Danke«, raunte er mit schläfriger Stimme.
»Dafür?«, fragte Giulietta. War das nicht schon fast beleidigend?
»Für den Abend in der Basilika … dafür, dass du dich nicht umgebracht hast und wir wieder Freunde sind.«
»Tycho.«
»Lass es mich aussprechen …«
Erst nach einer Weile begriff sie, dass er es bereits getan hatte. Im Gegenzug erzählte sie nun von sich selbst. Während sie von ihrer Kindheit berichtete, der Reise in die Berge mit Atilo und ihrer Jugend im Palazzo Ducale schlug die Glocke auf der Piazza die vierte Stunde. Erst als die Glocke fünfmal schlug, kam sie auf ihre wahren Sorgen zu sprechen.
Sie erzählte ihm, wie sich Leos Zeugung abgespielt hatte.
»Sie haben einen
Gänsekiel
benutzt?«
»Die Seldschuken wenden die Methode in der Pferdezucht an. Sie bringen die Kiele auf zerstoßenem Eis zu den Stuten, wenn der Hengst zu kostbar für einen
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