Blade 02 - Nachtklinge
mit mir geschlafen.
Atilo würde das nicht ignorieren können.
Wie ausgesprochen niederträchtig, dachte Alexa und löste sich von den hässlichen Gedanken des eifersüchtigen Iacopo. Sie hatte nur wissen wollen, wo er hinging und ob Alonzo den Zorn des jungen Mannes angefacht hatte. Seine abstoßenden Hasstiraden interessierten sie nicht.
Iacopo folgte Gräfin Desdaio durch die engen Gässchen um San Aponal. Ein mürrischer Fackelträger der
schiavoni,
der sich in diesem Teil der Stadt kaum auskannte, war ihr einziger Begleiter. Alexa hörte Iacopos selbstgerechtes Raunen.
Warum soll ich mich zurückhalten? Darf sich ein ungerecht behandelter Mann nicht rächen?
Banale Gedanken.
Iacopo hasste den Meister, dem er diente und der es ihm mit wenig Achtung vergalt. Er hasste den Fremdling, der ihm seinen Platz gestohlen hatte. Er hasste Desdaio, diese Dirne, die ihn kühl behandelte und den Blick abwandte, wenn er sie anlächelte. Er wollte sich rächen, und der Regent würde es ihm danken.
Alexa horchte auf, als sie Alonzo in Iacopos Gedanken vernahm.
Und jetzt?,
fragte sich Iacopo.
Keine schlechte Frage, denn Gräfin Desdaio hatte den Fackelträger angewiesen, ans Ende der Gasse vorauszugehen. Der
schiavoni
warf einen Blick auf das geschnitzte Zeichen, das sich hinter Desdaio am Eingang des Säulenganges befand. Das Zeichen besagte, dass dieser
sottoportego
der einzige Zugang zu einem Hof war. Da ihn seine Kundin offenbar nicht um seinen Lohn prellen wollte, trabte er gehorsam voraus.
Iacopo hingegen folgte Desdaio in den dunklen Hof.
Vermutlich wollte Atilos Diener einen Blick auf Desdaios bloßen Hintern erhaschen, wenn sie sich hinhockte und ihre Notdurft verrichtete. Stattdessen löste die junge Frau den Ausschnitt ihres Gewandes, steckte die Hand oben in den Ärmel und zog ein Taschentuch hervor.
Sie warf das Tüchlein aus feiner maltesischer Spitze in eine Ecke, wandte sich zum Gehen, blieb zögernd stehen und belohnte Iacopo schließlich doch mit dem Anblick, auf den er gehofft hatte. Sie ging in die Hocke und urinierte herzhaft.
Sie trug kein Unterkleid.
Dann griff sie erneut nach dem Taschentuch, suchte nach einer reinlichen Stelle und warf es anschließend wieder auf den Boden. Sie wandte sich zum Gehen und war plötzlich verschwunden.
Iacopo hätte ihr folgen müssen, damit er später vor Gericht schwören konnte, er habe sie kein einziges Mal aus den Augen verloren, aber das Taschentuch lockte ihn unwiderstehlich.
Alexa begab sich in seine Gedanken, als er es an seine Nase hob.
Es verströmte einen kräftigen Duft, roch nach Frauenkörper und Urin. Dann bemerkte Iacopo die klebrigen Flecken darauf. Im ersten Moment stiegen Ekel und Erregung in ihm auf – doch es war etwas anderes, als er gedacht hatte. Etwas Besseres.
Ein Samenfleck Tychos wäre lediglich der Beweis seiner Missetat gewesen.
Gräfin Desdaios Blut jedoch, nachdem sie mehrere Stunden in Tychos Gesellschaft verbracht und dabei irgendwie ihr Unterkleid verloren hatte … Zudem das gedämpfte Stöhnen, das Iacopo unter Eid beschwören konnte. So süß Rache auch war, die Gunst des Regenten war noch süßer.
Wohl wahr, dachte Alexa.
Jeder wusste, wie zuckersüß ihr Schwager sein konnte.
Sie klingelte und kurz darauf trat eine schüchterne Zofe an die Tür. Alexa befahl ihr einzutreten, verlangte mehr Wasser und Feuerkohle, um Tee aufzubrühen. Sie ließ außerdem wissen, dass sie nicht gestört werden wollte.
31
G nädiger Herr …«
Der Maure legte eine Hand an den Dolch. Wenn Alexa ihn mit Iacopos Augen betrachtete, erschien er ihr deutlich älter. Zuneigung und Vertrautheit hatten offenbar ihren Blick getrübt, sie musste in Zukunft vorsichtiger sein.
Atilo war gerade aus Alexas eigenem Boot gestiegen. Ihr Bediensteter half ihm auf den Landungssteg, verabschiedete sich ehrerbietig und ruderte in Richtung Dogenpalast davon.
Atilo hatte dem Wein in der Ratssitzung offenbar tüchtig zugesprochen, sonst hätte er Iacopo bemerkt. Er hatte sich im Laufe der Jahre viele Feinde gemacht und war sonst stets auf der Hut.
»Junge, es dämmert bald.«
Iacopo warf einen Blick nach Osten, wo bald der erste fahle Sonnenstreifen den Horizont durchschneiden würde, aber noch lag die Dunkelheit wie ein feuchtes Tuch über der Stadt. Ein neuer, heißer Tag stand bevor.
»In ein paar Stunden, Graf.«
Atilo runzelte die Stirn. Der Ton seines Dieners gefiel ihm nicht.
»Was machst du hier?«
»Ich habe auf Euch gewartet.«
Atilo
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