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Blau unter Schwarzen - Gesammelte Prosa I

Blau unter Schwarzen - Gesammelte Prosa I

Titel: Blau unter Schwarzen - Gesammelte Prosa I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gsella
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schlecht verdutzt, sein Becken zweimal kreiseln.
    »Ich hab zehn Stück, geteilt durch zwei macht vier. Capito, eh?«
    »Sie wollen doch damit nicht bezahlen«, nuschelte, während ihr Blick leicht dösig zwischen Radtkes hochgerecktem Hunderter und Radtke selber pendelte, die Pommesdiva. Dankbar döste Radtke mit; und räumte aber instinktiv bald ein, dass Lolitas Haarpracht weniger blauschwarz als vielmehr kötergraubraunblond daherkam und verfranst herumhing. Immerhin, freute er sich aber, spricht sie fließend Deutsch, diese Neapelo … Neopali … diese Neapelerin! Und wie gut, dass sie nicht weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiß, sang und pfiff er nun inwendig.
    Und gluckerte erneut vor Glück. Vor all seinem unwahrscheinlichen Bankräuber- und inzwischen Fluchtglück. Hier am Arsch der Welt. Hier in – Sardellien? Silizien! Wo ihn keine Sau kannte und schon gar verhaftete! Ihn, den legendären one and only Silvesterbankräuber aus Minden/Westfalen.
    Die Pommes brutzelten, Radtke sah es selig. Rekapitulierte selig seinen gestrigen Coup, seinen Coup vom 31. Dezember des Jahres 2003, als er, Sekunden vor Jahresschluss, in die Mindener Kreissparkasse gepoltert war mit dieser täuschend echten Handgranate Marke Toys’R’Us. »Tausend Mark her, aber dalli«, hörte er sich abermals herumschreien, »sonst geht das Ding hier hoch!«
    »Tausend?«, hörte er nun abermals die Kassendame. »Mark? Wo sollen wir die denn jetzt noch herkriegen?«
    Rückblickend schnaufte Radtke stolz. Sein vollprofessioneller Bankräuberauftritt hatte diese Dame halt aus den Schuhen gehauen. Wie auch den Bankdirektor! Diesen grinsenden und alle seine Radtke-evozierte Todesangst in diesem eselsblöden Grinsen ersäufenden Sparkassendirektor, der ganz ungefragt aus seinem panzerdicken Bossbüro herausstolziert war und eigenhändig noch den letzten Hunderter aus Kellerkisten zerrte, gar sein eigenes fettes Direxportemonnaie durchwühlte: »Hier, Sie, ähem, Ronnie Biggs – noch zwei waschechte Deutschmark« – sah dann abermals, wie die Kassendame panisch prustend auf die Straße lief und um ihr Leben gackerte:
    »Haa-lloo! Wir haben hier einen Bankraub! Er will tausend! Tausend Mark! Wer hat noch, hihihi, Groschen?« Wobei dann gar passantenseits noch zwanzig harte Pfennige zusammenkamen …
    Das alles war, zum Glück, gewaltlos, war alles spiegelglatt gelaufen.
    Okay, einen Fehler hatte er gemacht. Im Reisebüro, als er, am selbigen Silvestermorgen, in der allein noch offenen Bahnhofs- TUI -Dependance die Silizienreise buchte. Hatte wohl vermutlich doch mit Olaf Radtke unterschrieben statt wie geplant mit Oliver. Oliver Radtke. In der Aufregung schlicht vergessen – aber na und! Hier war Silizien! Hier kannte ihn kein Sauschwein und kein Arsch –
    »Achtung, eine Durchsage: Herr Bankräuber Radtke, ich wiederhole, Herr Bankräuber Radtke wird zum Infopoint gebeten.«
    »Ach du Sch … – !?«, japste Radtke.
    Und dann rannte er. Rannte und wirbelte herum auf diesem Gleis, stieb nach vorn und ruderte zurück, duckte sich hinter eine Fahrplanwand, sprang wieder auf und sprintete, er wusste nicht wohin, er lief und lief, schlug Haken, drehte sich im Kreis, schwarz wurde ihm vor Augen, und als er wieder sehen konnte, sah er neben sich ein Schild: »Infopoint.« Dann sah er eine hässliche und dicke und steinalte Frau. Es waren drei, und alle zwinkerten ihm bübisch zu.
    »Aha! Das ist also unser ›Bankräuber‹ Radtke, nicht wahr?«
    »Na, dann wird ihm die Meditation ja guttun.«
    »Darf ich bitten? Das Kloster ist grad fünf Minuten von hier.«
    Lächelnd schlängelte die Dicke ihren Arm in seinen. »Sie sehen ja aus wie Albert Schweitzer! Haben Sie denn keinen Schal dabei?«
    Meditation. Kloster. Bankräuber Radtke. Während er die Worte tonlos rezitierte, ging er einfach mit, es war egal. Alles war schiefgelaufen in seinem Leben, seinem sogenannten Gerüstbauerleben, und mit Bankräuber Radtke hatte er, jetzt fiel’s ihm ein, im Reisecenter allzu ehrlich unterschrieben, was machte das noch. Auf die rosa-weiß gestreifte Bommelmütze der Signora, die ihn führte, ihn, den Überführten, abführte in ein Kloster, hatte jemand den Schriftzug »Buddhistischer Schweigekreis Niedersachsen« gestickt.
    Später durchschritt man den Ausgang. Wie einer auf dem Weg zum Galgen sah sich Radtke um. Über einer schmutzig grauen Bahnhofsuhr, in die durchs zerschlagene Glas der Schnee geweht war, stand »Bahnhof Uelzen«.
    Dass er’s für

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